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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
Autoren: Fabio Genovesi
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ihr wart im Nu pitschnass und mit stinkendem Fett verschmiert. Und als ihr eure ganze Munition verschossen hattet, habt ihr auch noch die leeren Tüten eingesetzt. Dann habt ihr dagestanden und euch angeschaut, außer Atem und mit einem schiefen Grinsen. Der Regen ließ nach, das Gewitter verzog sich Richtung Pisa.
    Die Leute wagten sich aus ihren schützenden Unterständen, bevölkerten wieder die Straße zum Hafen und warfen euch im Vorbeigehen Blicke zu, als wärt ihr zwei Geisteskranke. Vor allem dir, Tiziana, denn du bist ja schließlich kein Kind mehr.
    »Tiziana, darf ich dir was sagen?«
    »Sag schon.«
    »Du siehst voll hässlich aus. Wirklich, so was von hässlich.« Fiorenzo deutete mit dem Finger auf dich und prustete los, und du hast auch gelacht und versucht, dir die klebrigen Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen, aber deine Finger waren fettig, und alles wurde nur noch schlimmer.
    Du musst jetzt noch grinsen, wenn du daran denkst, auf der Rückbank im Taxi. Du betrachtest dich im Rückspiegel und kommst dir albern vor. Du greifst nach den Zeitungen auf deinem Schoß und versuchst, dir das Grinsen zu verkneifen.
    Wieder überholt ein Roller euer Taxi, aber diesmal schaust du nicht mal hin. Fiorenzo weiß nicht, dass du heute abreist. Und selbst wenn er es wüsste, würde er nicht kommen. Er ist bestimmt angeln oder macht Musik oder versucht, es sich sonst irgendwie gut gehen zu lassen, was ja völlig richtig ist. Du hast kein Recht, etwas anderes zu hoffen.
    Dann bist du am Flughafen. Es stehen jede Menge Leute herum, die zu den Anzeigetafeln hochschauen, unschlüssig, wo sie hingehen sollen. Für einen Augenblick fühlst du dich wie zu Hause.
    Du denkst an Muglione, und etwas würgt dich in der Kehle, du bist nur eine halbe Autostunde weit entfernt, fühlst dich aber wie auf einem anderen Kontinent. Du holst dein Handy raus und schickst Raffaella eine SMS. Du schreibst ihr, sie soll dich so bald wie möglich besuchen kommen, und wenn sie Angst vorm Fliegen hat, könne sie ja auch mit dem Zug fahren oder mit dem Auto, egal, du würdest jedenfalls auf sie warten und dich über ihren Besuch freuen.
    Du liest dir den Text noch mal durch, schickst ihn ab, und als du vor dem Flugschalter das Handy wieder einstecken willst, kommt eine SMS. Die Frau am Schalter weist dich streng darauf hin, dass im Flugzeug das Handy ausgeschaltet werden muss. Du nickst, das weißt du, du bist schließlich nicht die typische Italienerin. Du gibst deine Koffer auf und liest Raffaellas Antwort.
    Aber es ist nicht Raffaella, auf dem Display steht FIORENZO. Aus dem Knoten von vorhin ist ein Kloß geworden, der immer größer wird, du kannst nicht mal mehr schlucken.
     
    Wenn du das liest, bist du wahrscheinlich schon bei den Teutonen. Ich wollte dir nur sagen (und es ist das Gegenteil von dem, was ich sagen möchte), wenn du zufällig feststellst, dass es dir dort nicht gut geht und es dir hier gar nicht soooo schlecht ging, bin ich für dich da, und du kannst zu mir zurück. Es wird kein Triumphgeschrei geben, keine Sorge, aber wenn du wiederkommst, bin ich für dich da. Ich bin ein Idiot, ich weiß, aber so ist es nun mal. Ciao, F. (19:01)
    Woher weiß er, dass heute der Tag ist? Sogar mit der Uhrzeit liegt er fast richtig … Ist das Telepathie, Computerspionage oder nur Raffaella, die sich wieder mal um Dinge kümmert, die sie nichts angehen?
    Du weißt es nicht, aber du liest die Nachricht ein zweites Mal, ein drittes Mal …
    Beim vierten Mal wirst du unterbrochen, als dir jemand von hinten mit dem Finger auf die Schulter tippt.
    »Sorry, aber ich bin in Eile«, sagt eine Stimme. Ein Mädchen mit Rastalocken, zwanzig Jahre alt, einen Riesenrucksack auf den Schultern. Genau wie du vor fünfzehn Jahren, als du zum ersten Mal verreist bist. Und sie hat es eilig? Die hat es eilig? Du wirfst ihr einen vernichtenden Blick zu, eine Zimtzicke in Militärhose und Stiefeln. Du machst einen Schritt zur Seite und lässt sie vorbei.
    Du bringst tausend weitere Kontrollen hinter dich, und jetzt stehst du am Panoramafenster, schaust auf die Flugzeuge draußen auf dem Rollfeld, es riecht nach Desinfektionsmittel. Es wird immer internationaler.
    Du wolltest einen Platz am Gang, jetzt sitzt du am Fenster. Neben dir ein Geistlicher, die zwanzigjährige Studentin ist ein paar Reihen weiter hinten, die Triebwerke dröhnen, das Flugzeug ist startklar.
    Du holst die Zeitungen raus, zuerst den »Corriere«, doch dann entscheidest du dich
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