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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
Autoren: Fabio Genovesi
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entdeckt hat?
    Und warum schaut mich dieses Bürschchen jetzt an und ist drauf und dran, laut loszulachen?
    »Hey, du Mistkerl, was gibt’s da zu lachen?«
    Er schüttelt den Kopf, die Augen weit aufgerissen, die Lippen zusammengepresst.
    »Was zum Teufel gibt’s da zu lachen, du Trottel. Ich werf dich in den Kanal, hörst du?«
    »Entschuldigung, Signore, ich lache doch gar nicht.«
    »Klar lachst du.«
    »Nein, ich schwör’s bei meiner Familie.«
    »Das kannst du dir sparen, du bist deiner Familie so was von egal!«
    »Ja, aber sie mir nicht, also gilt der Schwur. Ich gebe zu, dass mir zum Lachen war, aber ich habe nicht gelacht.«
    »Aber was zum Teufel gibt’s da zu lachen? Ich habe dir erzählt, dass meine Mutter gestorben ist und dass ich daran vielleicht auch mit schuld bin, und du lachst?«
    »Ja, Entschuldigung, aber ich hatte am Anfang gedacht, dass es um was Ernstes geht. Dass Ihre Mutter sich gebückt hat und das Glas aufheben wollte und sich den Kopf angestoßen hat und daran gestorben ist. Oder dass sie gedacht hat, in dem Glas ist ein Schluck Milch, und davon getrunken und sich vergiftet hat. Oder dass Sie sie getötet haben, weil sie Ihre Methode mit dem Glas entdeckt hatte …«
    »Wie bitte? Du hast sie doch nicht alle, du bist wirklich nicht ganz dicht, Mann, was zum Teufel spinnst du dir da eigentlich zusammen? Ist dir klar, was für einen Schwachsinn du da erzählst?«
    Der Junge macht ein komisches Gesicht. Nicht mehr wie ein Vögelchen, das aus dem Nest gefallen ist. Er ist ernst und schaut mir so fest in die Augen, dass ich fast Angst bekomme.
    »Ja, Signore«, sagt er mit veränderter Stimme. Er zittert nicht mehr. Wir haben die Rollen getauscht, jetzt zittere ich. »Machen wir’s doch so, Signore: Ich werde mir darüber klar, was ich für einen Schwachsinn rede, und Sie werden sich darüber klar, was Sie für einen Schwachsinn reden.«
    »Ich? Ich rede keinen Schwachsinn.«
    »Gut. Aber dann lache ich.«
    »Nein, du …«
    »Doch, dann lache ich, Signore. Mir reicht’s, dass ich nie was darf. Ich darf nicht rennen, ich darf nicht Rad fahren, ich darf nicht mal normal gehen mit diesem Bein. Sie dagegen können machen, was Sie wollen, Sie können sogar behaupten, dass Sie schuld am Tod Ihrer Mutter sind, weil sie ein Glas gefunden hat, in das Sie reingewichst haben. Wenn ich über einen solchen Schwachsinn nicht mal lachen darf, was darf ich denn dann …«
    Nichts, dieser kleine Teufel darf gar nichts! Obwohl er sich ganz schön viel rausnimmt und mich wie einen Trottel, wie einen durchgeknallten Vollidioten dastehen lässt, dümmer, als ich mich in meinem ganzen Leben jemals gefühlt habe. Und in letzter Zeit hatte ich wirklich oft Gelegenheit, als Vollidiot zu glänzen.
    Aber jetzt ist es anders. Jetzt bin ich beinahe froh, mich so zu fühlen. Meinetwegen könnte Mirko sogar lachen, laut lachen, mit dem Finger auf mich zeigen und sich bepissen vor Lachen. Lachen, bis ihm die Tränen kommen, wie manchmal meine Mutter, wenn sie eine wirklich absurde Geschichte hörte. Wie sie jetzt vielleicht lachen würde, wenn ich ihr diese Geschichte erzählen könnte.
    Ich fühle mich wie ein Vollidiot, wie ein richtiger Knallkopf: völlig durcheinander und vielleicht auch ein bisschen erleichtert. Eher erleichtert, ja, ein wenig schon. Ich schaue Mirko an, fast möchte ich mich bei ihm bedanken, aber das werde ich nicht. Niemals.
    Und plötzlich verändert sich seine Miene erneut. Er verkneift sich nicht mehr das Lachen, er verzieht den Mund und fängt an zu husten und auszuspucken.
    »Was zum Teufel machst du denn da.«
    »Entschuldigung, Signore, ich weiß, so was tut man nicht, aber es ist so eklig!« Und er spuckt wieder aus.
    »Was ist eklig?«
    »So ein Mist, ich hab so oft aus diesem Glas getrunken. Bleaaah!«
    Und jetzt muss ich lachen. Unglaublich, aber ich lache. »Und darüber beklagst du dich? Du solltest stolz darauf sein, dass du aus einem Glas trinken darfst, in das ich reingewichst habe! Das kannst du überall rumerzählen: Es ist eine Ehre, dass …«
    Plötzlich reißen wir beide die Köpfe herum in Richtung Wasser, und es bleibt keine Zeit mehr für Worte. Der Schwimmer wird ruckartig nach unten gezogen, dermaßen schnell und mit einem Geräusch, als hätte jemand einen Stein ins Wasser geworfen. Ich sehe ihn gerade noch wie einen Pfeil davonschießen, die Frösche retten sich mit einem Sprung auf die Böschung.
    Ich greife nach der Angelrute, mache den Freilauf zu und
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