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Finsternis

Finsternis

Titel: Finsternis
Autoren: Asher Reed
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Schritte zu überdenken. Das machen Schriftsteller recht oft. Sie tauchen so tief in die Figuren ihrer Fantasien ein, dass sie schier ihr eigenes Leben vergessen und wenn sie dann wieder aus ihrer Fantasiewelt auftau chen, überdenken sie ihr eigenes Leben. Sozusagen als Hilfestellung, ob sich während des Fernbleibens etwas Wesentliches verändert hatte. Da ich mich wie eine Figur aus einer meiner Geschichten fühlte, tauchte ich nicht wieder auf … sondern lebte eigenständig in einer meiner Geschichten weiter. Ein seltsames Gefühl in einer Welt, die nicht real ist, gefangen zu sein, aus der jeder Versuch aufzuwachen fehlschlug.
      Vor Damien war ich auch in einer Beziehung gewesen, der Mann hieß Willi, wie es ihm wohl in diesem Augenblick erging? Was er wohl in diesem Augenblick gerade tat? Ich hatte mit D amien einen besonderen Lebensabschnitt begonnen, für ihn war es ebenso ein gewaltiger Einschnitt, mit einem jüngeren Mann etwas anzufangen. Aber wir hatten beide Mut, ein Füreinander-da-zu-sein aufzubauen (es war nicht bloß der Sex, der passte) und wurden mit Zuneigung und inniger Liebe belohnt. Mut war doch etwas Wunderbares, stellte ich fest, während wir liefen, der Sonne entgegen starrten und den Wald hinter uns ließen.
      Grillen zirpten, leise hörten wir wieder Vögel zwitschern, deren Geräusche uns im Wald ferngeblieben waren.
      Ich dachte an die Zeit und an den Schmerz, den wir erlebt hatten und ich erkannte, dass jede Zeit, jede Epoche ihre Höhen und ihre Tiefen hatte. Und der Schmerz, der in jedem Lebensa bschnitt Wunden hinterließ, hatte – wenn man den Schmerz überwunden hatte – etwas Besonderes und sogar etwas Belächelndes. So auch die Einsamkeit, die ich einmal für sehr lange Zeit empfunden hatte. Diese Einsamkeit trieb mich letztlich aus dem Haus, und ich traf mich mit Männern, meist waren es verzweifelte Männer. Sie wollten nachts meinen Körper spüren, weil sie in der Dunkelheit dieselben Sehnsüchte und Ängste wie ich hatten. Viele versuchten sich von ihrer coolen Seite zu zeigen. Sie redeten eingebildet daher, fuhren teure Autos, hatte lange Schwänze und verstellten sich. Andere zeigten ihre Sensibilität wie klaffende Wunden, aus denen der Weltschmerz hervorzudringen drohte – Jammerlappen der übelsten Sorte Mann, die um Aufmerksamkeit bettelten. Nur selten traf ich auf normale Kerle, die Selbstvertrauen ausstrahlten und auch welches besaßen und die ich näher kennenlernen konnte, weil sie in keiner Beziehung bzw. nicht verheiratet waren.
      Und dann lernte ich Damien kennen, ein wenig schüchtern, also kein großer Redner und doch selbstsicher und geistig eloquent konnte er Geschichten erzählen, wie sie nur das Leben schrieb. Er war tüchtig, hatte noch viel vor und suchte – ganz nebenbei – die Liebe seines Lebens und diese hatte er jetzt gefunden. Ganz sicher hatte er das. Damien war nicht nur liebenswert, so ndern auch treu … na gut, gerade vorhin hatte er mit einem anderen Typen geschlafen, aber das hatte ich auch … also konnte es verziehen werden und er musste auch mir verzeihen. (Memo an mich: Mit Damien über den Vorfall sprechen.)
      Damien unterschied sich sehr von den anderen Männern – er vermittelte Beständigkeit. Jemand, auf den man sich verlassen konnte. Damie n war anders … einer der wenigen, um die es sich zu kämpfen lohnte, doch der Kampf fand nie statt … wir sahen, fühlten und liebten uns.
      Damien drehte sich zu mir . Er sah mir in die Augen, lächelte warmherzig und drückte seinen Mund auf den meinigen. Ich wünschte mir, dass dieser Augenblick nie ein Ende findet.
     
    *
     
    Abby und Martin hatten sich auf den Weg gemacht und es dauerte nicht lange und sie hatten den Waldweg erreicht, der direkt zu dem Dörfchen Söllnerwald führte. Die Rufe und die Schreie, die sie gehört hatten, waren im Wald verklungen. Das Wesen konnte noch in der Nähe lauern, da sie aber nichts mehr gehört hatten, glaubten sie in Sicherheit zu sein. Soweit so gut. Ihre Blicke wandten sich von einem Eck zum nächsten, ihre Augen und Ohren waren angespannt. Voll. Angst schwappte über den Rand der Verzweiflung hinaus. Adrenalingepumpt. In einem Anfall von plötzlicher Angst wurde Abby klar, dass die Nacht auch Schutz geboten hatte, jetzt waren Verstecke rar. Sie gingen weiter und erreichten die Lichtung und sie sahen ein paar kleine Häuschen. Martin erinnerte sich die Aufschrift Gästezimmer gelesen zu haben. Langsam kehrte wieder das Gefühl
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