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Finsternis über Gan (German Edition)

Finsternis über Gan (German Edition)

Titel: Finsternis über Gan (German Edition)
Autoren: Uwe Buß
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Kleidungsstücke besaßen die wunderbare Eigenschaft, sich farblich ihrem Umfeldanzupassen, sobald man sich die Kapuze überzog. Derjenige, der sie trug, war damit nahezu unsichtbar. Aber das waren noch nicht alle Eigenschaften dieser Kleidung, die von Lichtalben hergestellt worden war. Wer sie trug, musste niemals frieren oder schwitzen, sie strahlte immer die passende Temperatur aus, und aus der Tasche konnten sie fast alles hervorzaubern, was sie so brauchten, wie Essen, Trinken, Kerzen und vieles mehr. Finn freute sich riesig, diese Dinge vorzufinden, denn sie erleichterten das Leben in Gan sehr, wo es nicht an jeder Ecke einen Supermarkt gab, sondern nichts als Natur. Zwei Dinge aber waren anders als bei seinem Abschied vor einem Jahr. Die seidene Tapete, mit der die runde Wand des Raumes bespannt war, erschien diesmal nicht in leuchtendem Blau und Rot und war auch nicht mit silbernen Federn bestickt, die an die Feder des Pelikans Äbrah erinnern sollten. Stattdessen hatte sie einfach nur eine goldene Farbe, kein Bild und keine Bordüre war darauf zu sehen. Außerdem fehlte das goldene Etui, in dem sich die Feder Äbrahs befand. Vor seiner Abreise damals hatte er es auf den Stuhl gelegt, jetzt war es aber nirgends zu sehen. Nebijah wird es wohl an einem sicheren Ort verwahrt haben.
    Eilig zog er sich seine Tarnkleidung an, die erstaunlicherweise genau die richtige Größe für ihn hatte. Dabei war er doch gewachsen! Entweder hatte sie sich seiner Körpergröße angepasst oder aber die Hüterin der Lebensströme hatte sie ausgetauscht. Finn zog sich schnell die Kapuze über den Kopf, um auszuprobieren, ob die Tarnung funktionierte. Augenblicklich nahmen die Kleidungsstücke die goldene Farbe des Raumes an. Faszinierend! Finn warf einen kurzen Blick zurück in das Zimmer, kontrollierte, ob er nichts vergessen hatte, und hastete durch einen langen Gang in den großen Raum in der Mitte des Gebäudes, aus dem schon Stimmen drangen.
    Wie beim ersten Mal beeindruckte ihn die Schönheit dieses Raumes. Alles in ihm war aus Gold und Silber. In seiner Mitte war ein wunderschöner Tisch mit vier Stühlen und direkt daneben standen Chika aus Japan und Joe, der Hopi aus den USA. Chikahatte sich seit ihrer letzten Begegnung kaum verändert. Lediglich ihre Haare trug sie etwas kürzer und ihr Gesichtsausdruck schien ein wenig besorgt zu sein. Sie machte sich immer viele Sorgen, und es kostete sie Überwindung, etwas Gefährliches zu wagen. Wenn sie es aber tat, zog sie es auch durch. Mutig und mit geschlossenen Augen hatte sie ihre Gefährten durch die finsteren Stollen der Schwarzalben geführt. Blind vertrauend auf den Spiegel Marah, der ihr den Weg gezeigt hatte. Finn mochte ihre ruhige und besonnene Art, die sie schon vor manchem Fehler bewahrt hatte.
    Chochuschuvio, der Einfachheit halber Joe genannt, war im vergangenen Jahr mindestens um zwei Köpfe gewachsen und machte einen noch energischeren Eindruck. Er preschte gerne vor und freute sich auf jedes Abenteuer. Mit ihm hatte Finn sich schon öfters gestritten. Eigentlich konnte er Joe gut leiden, aber dass er immer vornewegrennen musste und sich ohne nachzudenken in jedes Abenteuer stürzte, nervte ihn.
    Pendo aus Südafrika betrat kurz nach Finn den Raum. Sie wirkte gar nicht mehr wie ein Kind. Sie war nicht nur ein ganzes Stück gewachsen, sondern hatte ihre unzähligen geflochtenen Zöpfe streng nach hinten gebunden. Die Freundschaft zu Pendo würde für Finn immer etwas Besonderes sein. Als der dunkle Harah, der Anführer der Schwarzalben, seine Lanze auf Finn geworfen hatte, war Pendo einfach dazwischengesprungen und von der Lanze tödlich verletzt worden. Das war der schrecklichste Augenblick in Finns Leben. Wenn der silberne Pelikan Äbrah nicht gekommen wäre und mit seinem eigenen Blut Pendo wieder lebendig gemacht hätte, wäre dies das Ende der Geschichte gewesen, ja das Ende von Gan und vermutlich der ganzen Welt. Glücklich lächelte Finn die Freundin an.
    Finn selber hatte sich, ähnlich wie Chika, nur wenig verändert. Er war für sein Alter eher klein und schmal und trug seine blonden Haare am liebsten möglichst wuschelig. Alle drei trugen genau wie er bereits ihre Tarnkleidung.
    Ein ganzes Jahr hatten sie sich nur Briefe oder E-Mails schreibenkönnen oder miteinander gechattet. Das war gar nicht so einfach, da sie sich an den vier Enden der Erde, wie man in Gan sagte, nur auf Englisch miteinander unterhalten konnten. Chika und Finn hatten sich deshalb
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