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Finger, Hut und Teufelsbrut

Finger, Hut und Teufelsbrut

Titel: Finger, Hut und Teufelsbrut
Autoren: Tatjana Kruse
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unmöglich Liebe sein.
    »Sorry, wir müssen sauber aus der Sache raus. Deshalb brauchen wir auch keine Mitwisser. Ich fürchte, wir werden Sie alle erschießen müssen«, erklärte Rani, etwas zittrig, aber fest entschlossen.
    »Wie bitte?«, ereiferte sich Irmgard. »Wieso das denn?«
    Sie nahm die ganze Angelegenheit sehr persönlich. Und wohl nicht zu Unrecht.
    »Für Sie heißt es jetzt ›arrivederci‹. Schade, dass Sie nicht an die Wiedergeburt glauben. Das wäre jetzt ganz bestimmt tröstlich für Sie.« Rani presste die Lippen aufeinander. »Erschieße sie«, sagte sie zu ihrem Partner.
    »Das müssen Sie nicht tun, Herr Johar!«, rief MaC rasch dazwischen. »Also gut, Sie haben eine Entführung vorgetäuscht, aber Ihre Familie hat doch Einfluss, die paukt Sie da raus!«
    »Rani und ich haben in Las Vegas geheiratet. Aber meine Familie wird uns niemals ihren Segen geben. Nur deshalb haben wir doch in einem Akt der Verzweiflung versucht, Geld für einen Neuanfang aus dem Familienvermögen zu erpressen. Wir können ohne einander nicht sein. Eher sterben wir.« Er hob die Hand mit der Waffe.
    »Herr Johar, tun Sie das nicht. Vier Tote würden ewig auf Ihrem Gewissen lasten. Es gibt immer einen Weg. Sie haben eine Frau, die Sie liebt, das ist doch eine schöne Basis, auf der sich etwas aufbauen lässt.«
    »O ja, gnädige Frau, sich etwas aufzubauen ist gut, aber es ist doch so viel besser, wenn einem das Gute einfach so in den Schoß fällt.« Mohandra sammelte sich. Man spürte, wie Entschlossenheit in ihm keimte. »Sobald man meine Leiche findet …« Er sah Kumar an. »… werden fünf Millionen US -Dollar an meine Witwe ausbezahlt. Rani wird erklären, dass sie ihren Entführern entkommen konnte, und das Geld einsacken. Und dann werden wir beide in dem Komfort, den wir gewöhnt sind, ein herrliches Eheleben führen können. Wir dachten da an Tahiti.«
    »Wie jetzt?«, sagte Kumar erneut. Er klang sehr nach einem Schauspieler ohne Text, der versehentlich im falschen Stück gelandet war.
    Mohandra schnipste seine Fluppe quer durch die Küche.
    »Ich muss doch sehr bitten!«, sagte Irmgard streng. Wenn schon sterben, dann doch bitte in einer sauberen Küche.
    »Erschieß die Alte zuerst«, sagte Rani zu ihrem Mohandra und wandte den Blick ab, weil sie kein Blut sehen konnte.
    Mohandra Johar zögerte noch kurz. Schwerkrimineller zu sein ist ja irgendwo auch Übungssache, und ihm fehlte noch die Routine.
    »Onis, fass!«, rief Seifferheld geistesgegenwärtig in Mohandras Zögern hinein, obwohl er nicht daran glaubte, dass sein bester Freund auch nur den Kopf heben würde.
    Doch da hatte er sich geirrt: Als er seinen Namen hörte, hob Onis durchaus den Kopf.
    Mehr allerdings auch nicht.
    Aber dieser Bruchteil einer Sekunde, in dem Rani und Mohandra auf den Hovawart schauten, unsicher, ob sich der Schmusehund nicht doch urplötzlich in eine Kampfmaschine verwandeln würde, reichte Seifferheld, um seine Gehhilfe hochzureißen, durch die Luft zu schwingen und Johar damit die Waffe aus der Hand zu schlagen. Noch im Fallen löste sich ein Schuss, aber wegen des Schalldämpfers hörte man kaum etwas, sondern sah nur, wie die Glasscheibe des Backofens in tausend Teile zersprang.
    »MaC, Irmi, Kumar, duckt euch!«, rief Seifferheld und katapultierte sich mit aller Kraft todesmutig nach vorn.
    Die Gesetze der Physik und der Wahrscheinlichkeit besagten, dass er nicht schnell genug sein würde, um zu Rani zu gelangen, bevor sie abdrücken konnte.
    Und weil dies ein geordnetes Universum mit wenig Luft für Spielraum war, sollten die Gesetze der Physik und der Wahrscheinlichkeit recht behalten: Noch während er sich nach vorn auf die Inderin warf, hörte er den schalldämpferlosen Schuss, spürte den Einschlag und wurde nach hinten gerissen.
    Auf den Knall hin brach an der Haustür zum Seifferheldgebäude ein Tumult aus.
    »Polizei, aufmachen!«, brüllte jemand.
    » HILFE !«, gellte Irmgard.
    Onis sprang auf und bellte wie verrückt. In diesem Moment wurde die Haustür auch schon aufgebrochen, und man hörte schwere Schritte im Flur.
    Rani wollte erneut schießen, aber da hatte MaC schon die
Samtrot
-Flasche gepackt. Bis ans Ende ihres Lebens – und dieses Ende war Gott sei Dank an diesem Tag noch nicht gekommen – würde es ihr peinlich sein, dass sie die Inderin mit der Flasche nicht kurzerhand erschlug, sondern die Flasche einfach wie ein Mädchen auf sie zuwarf.
    Ein angeborener, ununterdrückbarer Reflex in Rani
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