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Finale auf Föhr

Finale auf Föhr

Titel: Finale auf Föhr
Autoren: Martin dodenhoeft
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Richtung Strandhalle. Für den mitteldeutschen Festländer gab es auf der Insel eine Menge lustig klingender Namen zu entdecken.
    Er machte sich gedanklich eine Notiz: »Mord im Watt«, »Die Leiche im Watt«, »Ein Toter im Watt« oder so ähnlich. »Die Ebbe bringt es an den Tag«, ginge auch. Brauchbarer Titel – oder jede n falls erstmal ein Arbeitstitel – für einen kleinen Kriminalroman. Leichte Kost, strandkorbkompatibel. Auf jeden Fall mit viel Liebe zur wunderbaren Landschaft, zur Insel und ihren Menschen geschrieben. Mit interessanten Charakteren; mit ein wenig Sex – ach nein, besser nicht. Ihm graute davor, den Liebesakt beschreiben zu müssen: »Er riss sie an sich, hob sie hoch und warf sie aufs Bett. Sie kamen sofort zur Sache. Wollüstig stöhnend umschlang sie ihn mit ihren langen Beinen, konnte gar nicht genug von ihm bekommen. Mit einem schneidenden Schrei ...« Nein, das war absolut nicht sein Ding. Obwohl so etwas anscheinend inzwischen Pflicht bei dieser Art Unterhaltungslektüre geworden war. Besser eine dramatische erotische Spannung zwischen zwei »Königskindern« aufbauen, die sich nicht kriegen können, dachte er.
    Renata und er hatten sich vor Kurzem vorgenommen, im Urlaub nicht nur zu faulenzen, sondern endlich selbst einen Roman zu schreiben. Keine große Literatur, etwas Unterhaltsames, nebenbei geschrieben, als Hobby. Dieser Föhr-Urlaub sollte auch der Ideenfindung und der Recherche für dieses Vorhaben gewidmet sein. Carl hatte bereits einige Hundert Aufnahmen von Land, Ortschaften und Meer aus allen möglichen Perspektiven gemacht. Das würde für die notwendigen Beschreibungen wichtig werden, wie zum Beispiel »Sein Blick fiel auf eine flache, mit Sträuchern und Kiefern bestandene Dünenkette« oder »Auf dem Parkplatz gegenüber der wunderschön restaurierten, jetzt gelegentlich für Ausstellungen optimistischer Landschaftsmaler genutzten Borgsumer Mühle stand ein silbergraues, altes Mercedescabrio mit Kasseler Kennzeichen.« Ah nein, zu lang, der Satz. Aber man schreibt erstmal alles runter. In Form gebracht wird das im zweiten Arbeitsgang.

Darf’s noch Franzbranntwein sein?
    An der großen Strandhalle vorbei ging er auf das Kurmittelhäuschen zu. Am Eingang des kleinen reetgedeckten Hauses erwartete ihn bereits der Pächter und Chef der Massiertruppe, Franz Branntwein, will sagen: Jan Harksen, persönlich. Der große Blonde, Typ Wikinger, Frauenschwarm, muskulös, aber nicht unästhetisch, mit großen, wie für das Massieren und Einrenken gemachten Pranken, lachte freundlich. »Na, wie sieht’s aus? Frauke hat mich vorgewarnt. Schulter kaputt? Not am Mann? Franz Branntwein wird’s richten!«
    Franz Branntwein: Sein Markenzeichen, vor Jahren aus Zufall entstanden, seitdem liebevoll kultiviert. »Darf’s noch was Franzbranntwein sein?«, war Harksens obligatorische Frage nach jeder Rückenmassage und manch anderer Anwendung. Auf Franzbranntwein – den echten! – schwor er. Den hatten bereits Vater und Großvater Harksen erfolgreich eingesetzt. Ja, man massierte bereits in der dritten Generation! »Millionen entzückter Rücken«, übertrieb er schamlos, »haben es uns bereits gedankt.«
    Er hatte weder studiert noch Abitur. Aber das tat seinem Ansehen keinen Abbruch. Er hatte nicht nur begnadete Hände und sah gut aus – wichtig für die Damen, aber zum Verdruss der jeweiligen Ehemänner oder Freunde. Er hatte auch einen gesunden Geschäftssinn. Für die Abrechnungen, die Buchhaltung, die Steuerfragen und den Rest der Verwaltung, abgesehen von der Terminvergabe, war allerdings früher seine Mutter zuständig gewesen. Seit zwei Jahren erledigte das seine Freundin Mareike. Franz Branntwein, das stand auch für »Allzeit bereit!«, wenn es um die Organisation der Feste auf der Insel ging, überhaupt um Nachbarschaftsangelegenheiten. Er war immer zur Stelle, wo es anzupacken galt. Mareike hingegen hatte nahezu übersinnliche Kräfte entwickelt, um ihren Jan vor den ständigen Liebesattacken der Urlauberinnen aller Altersklassen beschützen zu können.
    Das alles und noch viel mehr hatte er Carl in den vergangenen Jahren bei zahlreichen Massagesitzungen erzählt. Das Kurmittelhäuschen diente nämlich nicht nur der Förderung der Gesundheit, es war auch einer der Umschlagplätze für die Neuigkeiten auf der Insel. Was Franz Branntwein nicht wusste, hatte nicht stattgefunden. So einfach war das! Vor zwei Jahren hatte er die Erlaubnis erhalten, Kaffee, Tee und
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