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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben
Autoren: Petra Reategui
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Brot und Brühe und, wenn die Fastenzeit vorbei ist, wieder jeden Sonntag ein Stück Fleisch. Katharina von Roermond hat eine Anstellung als Magd gefunden, aber das Geld, das sie von der Herrschaft bekommt, reiche nicht für sie und ihre kleinen Geschwister. Sie bittet, dass man sie noch so lange unterstütze, bis es ihr besser geht, und verspricht, jeden Morgen ein Gebet für die Stifter zu beten. Anna Gruser aus der Holzgasse bräuchte Schuhe, Gisbert Kebel fragt, ob wir ihm bei der Reparatur seines Daches helfen können. Seit letztem Winter regnet es durch, und mit seinen zwei lahmen Beinen schafft er die Reparatur nicht mehr selbst.«
    Adriaan ter Steen, ein gebürtige Rotterdamer und Eigner mehrerer Schiffe, unterbrach den Ratsherrn.
    Â»Wir sollten auch ein Auge auf die Kinder von Hermine Gehlen haben. Den einen habe ich neulich beim Stehlen erwischt.«
    Dalmonte merkte auf. Ter Steen wiederholte sich.
    Â»Ja, doch. Seit ihr Mann nicht mehr aus Amsterdam zurückgekommen ist …«
    Er sprach nicht weiter, die anderen wussten ohnehin, wie es um Hermine stand. Pfarrer Forsbach würde ihr einmal ernsthaft ins Gewissen reden müssen.
    Es dämmerte schon, als die Herren sich verabschiedeten. Man war mit sich zufrieden. Für das Armenbrettessen der nächsten Woche war gesorgt, der Kaffee hatte geschmeckt und auch der Wein, den Forsbach zum Abschluss noch aus dem Keller geholt hatte. Dalmonte bat Merckenich, ihn noch ein Stück zu begleiten.
    Â»Du sprichst von Mord. Weißt du, was du da sagst?«, fragte der Ratsherr, nachdem sie ein paar Schritte gegangen waren und Dalmonte ihm von seinen Befürchtungen erzählt hatte. Der Spediteur nickte. Er war sich der Schwere des Vorwurfs bewusst.
    Â»Da ist noch etwas«, sagte er. »Ende Dezember, also nur einen Monat nach Feminis’ Tod, soll Farina einem Kunden erzählt haben, dass mein Freund ihm kurz vor seinem Ableben seine Wasserrezeptur übergeben habe. Und nicht nur das, er soll ihm auch gezeigt haben, wie er sein Aqua mirabilis herstellt. Inzwischen aber leugnet Farina das. Aufs Heftigste. Nie habe er so etwas behauptet. Er ganz allein habe das Rezept für sein eigenes Wunderwasser entwickelt. Es sei einmalig, einzigartig, und überhaupt sei er der Erste gewesen, der in Köln Aqua mirabilis hergestellt habe. Aber, frage ich dich, was ist mit den Flaschen, die ich für Feminis und danach noch immer für seine Tochter verschickt habe?«
    Dalmonte hatte sich immer mehr in Rage geredet. »Man weiß gar nicht mehr, was man denken soll. Es kursieren die wildesten Gerüchte.«
    Â»Mit anderen Worten: Johanna Catharina hätte Farina auf Dauer sehr unbequem werden können?«
    Â»Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber genau das meine ich.«
    Die beiden waren vor dem Haus »Zum roten Schiff« angekommen.
    Â»Unvorstellbar!« Merckenich wiegte ungläubig seinen Kopf hin und her. »Ein Kölner Kaufmann unter Mordverdacht! Die Spatzen werden es bald von den Dächern pfeifen. Was werden die Düsseldorfer sich freuen, wenn sie davon erfahren!«
    Er seufzte. Die anderen Städte entlang des Rheins warteten doch nur darauf, sich eine Schwäche der freien Reichsstadt zunutze zu machen und Teile des lukrativen Handels an sich zu reißen.
    Â»Vielleicht sollten wir den Rat benachrichtigen. Aber lass uns zuerst mit Bianco sprechen. Am Mittwoch, nach der nächsten Ratssitzung.«
    Dalmonte war einverstanden. Der langjährige Ratsherr und gebürtige Genuese, der seine italienischen Pappenheimer kannte, war sicher die richtige Person für diese heikle Angelegenheit. Er selbst, das musste er zugeben, spürte, wie befangen er war. Als Feminis’ alten Freund hatte ihn Johanna Catharinas Tod viel zu sehr mitgenommen, und sein Misstrauen gegenüber Farina wuchs. Obwohl der doch auch sein Landsmann war.

SECHS
    Sie hatten ihn in der letzten Nacht in einen gemauerten Verschlag im Hof gebracht und die Tür hinter ihm verriegelt. Er holte sich blaue Flecken, als er vergeblich versuchte, sie aufzubrechen. Zwischen leeren Fässern und einem halb zersplitterten Tisch ertastete er ein paar dreckige Lumpen, aus denen er sich einen Schlafplatz herrichtete. Es war wärmer als unter der Kirchenmauer. Dafür war der Gestank in diesem Gefängnis bestialischer als die fäkaliengeschwängerte Luft der Gasse. Bis vor Kurzem musste der Spelunkenwirt hier Hühner
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