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Film ab im Internat

Film ab im Internat

Titel: Film ab im Internat
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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Prinzessin“, grinst Jonas. Er ist der Sohn des Internatshausmeisters, ein Jahr älter als Carlotta, und geht auf das Bieneburg-Gymnasium in der nahe gelegenen Kreisstadt. Seit Carlotta ihn kennt, hat er ihr schon aus mancher Patsche geholfen. Er schaut ihr so lange hinterher, bis sie hinter der Abzweigung verschwunden ist, an der der Weg sich gabelt. Erst dann schwingt er sich wieder auf sein Rad und fährt fröhlich pfeifend davon.
    Carlotta schlägt unterdessen einen schmalen Pfad ein, der am Ufer des Sees entlang direkt bis zu der alten Gärtnerei führt.
    Der größte Teil der Gewächshäuser wurde bereits abgerissen; die übrigen sind schon lange nicht mehr in Betrieb. Ihre Glasscheiben sind blind und voller Moos, die Wege und Beete zwischen den Häusern verwildert und fast zugewachsen. Zwar gibt es einen uralten, stocktauben Gärtner auf Prinzensee, der nach Manus Einschätzung zudem noch blind wie eine Steckrübe ist, aber der kümmert sich nur noch um die wertvollen Zuchtrosen, die an den Mauern des Schlosses emporranken. Für die Pflege des Parks und der weitläufigen Grünanlagen ist längst ein Gartenbaubetrieb zuständig.
    Carlotta hört die Stimmen und das Lachen ihrer Mitschüler schon von weitem und ahnt, dass ihr Wunsch, ihr Zuspätkommen möge niemandem auffallen, sich leider nicht erfüllen wird. Peinlich, peinlich …
    Sie bleibt stehen, holt tief Luft, zählt bis zehn und biegt um die Ecke.
    „Guten Tag, Fräulein Prinz“, begrüßt Herr Frankenberg sie fröhlich. „Schön, dass du auch noch kommst. Wir hätten dich sonst sehr vermisst.“
    „Ich … ähm, Entschuldigung, aber irgendwie …“, setzt sie an.
    Der AG-Lehrer unterbricht sie. „Schon okay. Ich schlage vor, du bleibst nachher eine Viertelstunde länger und hilfst den anderen beim Aufräumen. Dann gleicht sich das wieder aus. Einverstanden?“
    „Äh, ja, klar“, stammelt Carlotta. Sie spürt, dass sie rot wird.
    „Prima.“ Herr Frankenberg nickt. „Dann mach dich an die Arbeit. Nikolas hat freundlicherweise deine Mappe mitgenommen. Die Auswahl deiner Bilder, die in die Ausstellung sollen, möchtest du sicher selbst treffen, nehme ich an?“
    „Ähm, ja“, sagt Carlotta und schluckt.
    „Rahmen in unterschiedlichen Größen findest du hier.“ Der Lehrer zeigt auf verschiedene Kisten und Kartons, die auf einem langen Tapeziertisch aufgereiht sind. „Jedem Schüler steht eine eigene Fläche für die Bilder zur Verfügung. Deine ist dort hinten.“
    „Danke“, murmelt Carlotta. Sie könnte sich in den Hintern beißen. Nur weil sie vergessen hat, den heutigen Termin in ihrem Kalender einzutragen, bekommt sie die abgelegenste Ausstellungsfläche des ganzen Gewächshauses zugeteilt! Da sieht man ihre Fotos ja gar nicht!
    „So ein Mist!“, grummelt sie.
    „Bitte?“, fragt Herr Frankenberg.
    „Nichts“, versichert Carlotta und wendet sich ab, um ihre Fotomappe zu suchen.
    Wenig später steht sie an dem Tapeziertisch und schiebt ihre Fotos, die sie für die Vernissage ausgewählt hat, in die passenden Wechselrahmen. Sie hat sich für eine Fotoserie entschieden, die ein rotes und ein weißes Gummibärchen in unterschiedlichen Umgebungen und Posen zeigt. Die Aufnahmen sind stark vergrößert, wodurch das Gummibärchenpaar überdimensional und künstlich wirkt, besonders vor dem Hintergrund grobkörniger Mauern, vertrockneter Blätter, der Rinde eines Baumes, der Wellen eines Sees.
    Carlotta betrachtet die Fotos und ist sehr zufrieden mit sich.
    „Schade, dass du keine Videoinstallation machst.“ Nikolas schaut ihr über die Schulter. „Du machst doch jetzt Stop-Motion-Filme, oder?“
    Carlotta dreht sich um und nickt dem Jungen mit den auffälligen Dreadlocks zu. Er geht in die Neunte, heißt mit vollem Namen Nikolas von Falkenstein, wird von seinen Freunden aber nur Niko gerufen und interessiert sich wie sie für Fotografie. Viel mehr weiß sie nicht über ihn.
    „Stimmt. Aber die Videos eignen sich nicht so gut für eine Ausstellung, finde ich“, erwidert sie. „Dazu müsste ich einen Computer aufbauen. Und ich bräuchte einen Beamer und eine Leinwand. Das wäre viel zu umständlich. Außerdem bin ich noch lange nicht so weit, meine Filme in der Öffentlichkeit zu zeigen.“
    „Falls du Tipps brauchst, kannst du mich gerne fragen. Ich hab früher mal Brick-Motion-Filme gedreht. Du weißt schon, mit Legos und so.“ Niko lacht leise.
    Carlotta fällt auf, dass er für einen Jungen ungewöhnlich lange, dichte
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