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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
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Das Fenster verschwand, der Rest des Zuges verschwand – das Gleis war leer.
    Ich ging zum Auto zurück. «Wieviel bekommen Sie?» fragte ich den Chauffeur.
    Die Fahrt nach Bayonne sollte 150 Peseten kosten.
    «200 Peseten.»
    «Wieviel mehr macht es, wenn Sie mich auf dem Rückweg nach San Sebastian mitnehmen?»
    «50 Peseten.»
    «Das ist lächerlich.»
    «Fünfunddreißig also.»
    «Das lohnt sich nicht», sagte ich. «Fahren Sie mich nach dem Hotel Panier Fleuri. »
    Im Hotel bezahlte ich den Chauffeur und gab ihm ein Trinkgeld. Der Wagen war mit Staub gepudert. Ich betastete den Angelkasten durch den Staub hindurch. Es schien, als ob dies das letzte sei, was mich mit Spanien und der Fiesta verband. Der Chauffeur setzte den Wagen in Gang und fuhr die Straße hinunter. Ich beobachtete ihn, wie er auf die Chaussee nach Spanien einbog. Ich ging ins Hotel, und man gab mir ein Zimmer. Es war dasselbe Zimmer, in dem ich damals geschlafen hatte, als ich mit Cohn und Bill hier in Bayonne gewesen war. Es schien eine Ewigkeit her zu sein. Ich wusch mich, zog ein frisches Hemd an und ging in die Stadt.
    An einem Zeitungskiosk kaufte ich mir den New York Herald und setzte mich in ein Café, um ihn zu lesen. Es war seltsam, wieder in Frankreich zu sein. Man hatte so ein geruhsames Vorortsgefühl. Ich wünschte, ich wäre mit Bill nach Paris gefahren, nur daß Paris noch weiteres Fiesta feiern bedeutet hätte. Ich hatte eine Weile genug von Fiestas. In San Sebastian würde ich Ruhe haben. Die Saison beginnt ja dort erst im August. Ich konnte ein gutes Hotelzimmer bekommen und lesen und schwimmen. Es hatte einen herrlichen Strand. Auf der Strandpromenade standen wunderbare Bäume, und viele Kinder kamen mit ihren Kinderfrauen hin, bevor die Saison anfing. Am Abend, unter den Bäumen, hörte man die Militärmusik vom Café Marinas. Ich konnte im Marinas sitzen und zuhören.
    «Wie ißt man drinnen?» fragte ich den Kellner. In dem Café war ein Restaurant.
    «Gut, sehr gut. Das Essen ist ausgezeichnet.»
    «Schön.»
    Ich ging hinein und aß zu Abend. Für Frankreich war es eine große Mahlzeit, aber nach Spanien schien es ziemlich karg bemessen. Zur Gesellschaft trank ich eine Flasche Wein. Ein Château Margaux. Es war erfreulich, den Wein langsam zu trinken und ihn zu schmecken und allein zu trinken. Eine Flasche Wein war eine gute Gesellschaft. Danach trank ich Kaffee. Der Kellner empfahl mir einen baskischen Schnaps, der Izzarra hieß. Er brachte die Flasche und schenkte mir ein Likörglas voll ein. Er sagte, Izzarra sei aus Pyrenäenblumen gemacht. Den echten Pyrenäenblumen. Er sah wie Haaröl aus und roch wie italienischer Strega. Ich hieß ihn die Blumen der Pyrenäen entfernen und mir einen Vieux Marc bringen. Der Marc war gut. Ich trank nach dem Kaffee noch einen zweiten.
    Der Kellner schien wegen der Blumen aus den Pyrenäen etwas eingeschnappt zu sein, darum gab ich ihm ein fürstliches Trinkgeld. Das machte ihn glücklich. Ich war froh, wieder in einem Land zu sein, wo es so leicht ist, Leute glücklich zu machen. Man weiß nie, ob ein spanischer Kellner «Danke!» sagen wird. Aber in Frankreich steht alles auf einer klaren finanziellen Grundlage. Es ist das Land, in dem sich am bequemsten leben läßt. Niemand kompliziert die Dinge dadurch, daß er aus irgendeinem dunklen Grund dein Freund war. Wenn man will, daß die Leute einen gern haben, muß man nur ein bißchen Geld ausgeben. Ich gab ein bißchen Geld aus, und der Kellner mochte mich gern. Er würdigte meine wertvollen Eigenschaften. Er würde mich gern wiedersehen. Ich würde bald mal wieder dort essen, und er würde sich freuen, mich wieder an einem seiner Tische zu haben. Es war ein aufrichtiges Gernhaben, denn es stand auf einer gesunden Basis. Ich war wieder zurück in Frankreich.
    Am nächsten Morgen gab ich allen im Hotel wieder ein bißchen zu große Trinkgelder, um mir noch mehr Freunde zu erwerben, und nahm den Morgenzug nach San Sebastian. Auf der Bahn gab ich dem Träger nur so viel, wie ich für richtig hielt, denn ich glaubte nicht, daß ich ihn je wiedersehen würde. Ich wollte nur ein paar gute französische Freunde in Bayonne zurücklassen, die mich willkommen heißen würden, falls ich wieder zurückkommen sollte. Ich wußte: wenn sie sich meiner erinnerten, würden sie aufrichtige Freundschaft für mich empfinden.
    In Irun mußte man umsteigen und die Pässe zeigen. Ich verließ Frankreich furchtbar ungern. Das Leben war so einfach in
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