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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
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der Bar spielte eine gute Jazzkapelle. Es war eine hübsche Bar. Wir würfelten wieder. Ich schied gleich mit vier Königen aus. Bill und Mike würfelten. Mike gewann mit vier Buben den ersten Schlag, Bill den zweiten. Beim Endschlag hatte Mike drei Könige und ließ sie stehen. Er reichte Bill den Würfelbecher. Bill schüttelte und ließ die Würfel rollen. Er warf drei Könige, ein As und eine Dame.
    «Du hast verloren, Mike», sagte Bill. «Mike, alter Spieler.»
    «Tut mir leid», sagte Mike. «Ich schaff’s nicht.»
    «Was ist denn los?»
    «Ich hab kein Geld», sagte Mike. «Ich bin blank. Hab gerade noch 20 Francs. Hier nimm die 20 Francs.»
    Bills Gesicht schien sich zu verändern.
    «Ich hatte gerade genug, um Montoya zu bezahlen. Großes Glück, daß ich das konnte.»
    «Ich werde dir auf einen Scheck Bargeld geben», sagte Bill.
    «Das ist wahnsinnig nett von dir, aber ich kann keinen Scheck ausschreiben.»
    «Woher willst du das Geld bekommen?»
    «Ach, ich werde schon etwas bekommen. Ich habe noch Geld von zwei Wochen gut. In Saint-Jean in der Kneipe kann ich auf Pump leben.»
    «Was machen wir mit dem Auto?» fragte Bill. «Willst du es behalten?»
    «Es ist ganz egal. Es scheint mir alles ein bißchen idiotisch.»
    «Kommt, trinken wir noch einen», sagte Mike.
    «Glänzend. Diesen bezahle ich», sagte Bill. «Hat Brett eigentlich Geld?» wandte er sich an Mike.
    «Kann ich mir kaum vorstellen. Das meiste, was Montoya von mir gesehen hat, hat sie aufgebracht.»
    «Hat sie denn kein Geld bei sich?» fragte ich.
    «Ich glaube nicht. Sie hat nie Geld. Sie kriegt jährlich fünfhundert Pfund und zahlt dreihundertfünfzig davon Zinsen an die Juden.»
    «Ich nehme an, sie kriegen es an der Quelle», sagte Bill.
    «Ja, es sind in Wirklichkeit keine Juden. Wir nennen sie nur so. Ich glaube, es sind Schotten.»
    «Hat sie denn überhaupt nichts bei sich?» fragte ich.
    «Ich glaube kaum. Sie gab mir alles, als sie wegfuhr.»
    «Na», sagte Bill, «wir könnten genausogut noch einen trinken.»
    «Glänzende Idee», sagte Mike. «Hat gar keinen Sinn, über Gelddinge zu sprechen.»
    «Nein», sagte Bill. Bill und ich würfelten für die nächsten zwei Runden. Bill verlor und bezahlte. Wir gingen zum Auto.
    «Willst du irgendwohin fahren, Mike?» fragte Bill.
    «Wollen wir eine kleine Tour machen? Es könnte meinen Kredit heben. Wir wollen ein bißchen rumfahren.»
    «Fein. Ich möchte gern die Küste sehen. Wir wollen in der Richtung nach Hendaye fahren.»
    «An der Küste habe ich keinen Kredit.»
    «Das kann man nie vorher wissen», sagte Bill.
    Wir fuhren die Küstenchaussee entlang. Man sah das Grün der bergigen Landzunge, die weißen, rotgedeckten Villen, Waldflecken, den sehr blauen Ozean bei Flut und das sich weit den Strand entlangkräuselnde Wasser. Wir fuhren durch Saint-Jean de Luz und durch Dörfer weiter strandabwärts. Hinter dem vorbeirollenden Land, durch das wir kamen, lagen die Berge, die wir, von Pamplona kommend, überquert hatten. Die Chaussee dehnte sich vor uns. Bill sah nach der Uhr. Es war Zeit für uns, umzukehren. Er klopfte an die Scheibe und sagte dem Chauffeur, er solle wenden. Der Chauffeur fuhr rückwärts ins Gras, um zu drehen. Hinter uns lagen die Wälder, darunter ein Stück Wiese und dann das Meer.
    Vor dem Hotel in Saint-Jean, in dem Mike bleiben wollte, ließen wir anhalten, und er stieg aus. Der Chauffeur trug ihm sein Gepäck hinein. Mike stand neben dem Auto.
    «Auf Wiedersehen, Jungens», sagte Mike. «Es war eine herrliche Fiesta.»
    «Auf bald, Mike», sagte Bill.
    «Ich seh dich bald.»
    «Mach dir keine Sorgen um das Geld», sagte Mike. «Nicht wahr, Jake, du bezahlst das Auto? Ich schick dir dann meinen Teil.»
    «Auf bald, Mike.»
    «Auf bald, Jungens. Ihr wart verdammt nett.»
    Wir schüttelten einander die Hände. Wir winkten Mike aus dem Auto zu. Er stand an der Straße und sah uns nach. Wir kamen gerade vor Abgang des Zuges nach Bayonne. Ein Träger holte Bills Koffer aus der Gepäckaufbewahrung. Ich ging bis zur Sperre mit ihm.
    «Auf Wiedersehen, alter Kerl», sagte Bill.
    «Auf Wiedersehen, mein Junge.»
    «Es war großartig. Ich hab mich wunderbar amüsiert.»
    «Sieht man dich in Paris?»
    «Nein. Mein Schiff geht am siebzehnten. Auf Wiedersehen, alter Kerl.»
    «Auf Wiedersehen, mein Junge.»
    Er ging durch die Sperre an den Zug. Der Träger ging mit dem Gepäck voraus. Ich sah noch, wie der Zug sich in Bewegung setzte. Bill stand an einem der Fenster.
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