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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
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werden. Außerdem war er überzeugt davon, daß er sie liebte. Als diese Dame bemerkte, daß die Zeitschrift nicht so recht gehen wollte, war sie von Cohn ein bißchen enttäuscht, und sie beschloß, jetzt zu handeln, wo noch etwas zu holen war; so drang sie darauf, nach Europa zu fahren, wo Cohn sich schriftstellerisch betätigen konnte. Sie kamen nach Europa, wo die Dame erzogen worden war, und blieben drei Jahre dort. Während dieser drei Jahre, von denen sie das erste auf Reisen, die beiden letzten in Paris verbrachten, hatte Cohn zwei Freunde, Braddocks und mich. Braddocks war sein literarischer Freund, und ich war sein Tennisfreund.
    Die Dame, die ihn fest in der Hand hatte, hieß Frances und fand am Ende des zweiten Jahres, daß sich ihr Äußeres verschlechterte, darum wandelte sich ihre Haltung gegen Robert von gleichgültigem Besitzerrecht und einfacher Ausbeuterei in die feste Forderung um, von ihm geheiratet zu werden. Um diese Zeit hatte Roberts Mutter ihm eine Rente von ungefähr dreihundert Dollar monatlich ausgesetzt. Ich glaube, daß Robert Cohn in diesen zweieinhalb Jahren überhaupt keine andere Frau angesehen hatte. Er fühlte sich relativ glücklich, nur daß er, wie viele Leute, die in Europa leben, lieber in Amerika gewesen wäre; außerdem hatte er seine schriftstellerische Begabung entdeckt. Er schrieb einen Roman, und er war gar nicht so schlecht, wie die Kritiker nachher behaupteten, obschon es ein schwacher Roman war. Er las viel, spielte Bridge, spielte Tennis und boxte.
    Mir wurde die Haltung seiner Freundin gegen ihn zum erstenmal eines Abends klar, als wir drei zusammen gegessen hatten. Wir hatten im Restaurant de l‘Avenue gegessen und gingen nachher zum Mokka ins Café de Versailles. Nach dem Kaffee tranken wir mehrere fines, und ich sagte schließlich, daß ich gehen müßte. Cohn hatte davon gesprochen, daß wir beide irgendwohin einen Wochenendausflug machen wollten. Er wollte aus der Stadt raus und sich ordentlich auslaufen. Ich schlug vor, nach Straßburg zu fliegen und bis nach St. Odile oder irgendwohin sonst im Elsaß zu laufen. «In Straßburg kenne ich ein Mädchen, das kann uns die Stadt zeigen», sagte ich.
    Jemand stieß mich unterm Tisch an. Ich hielt es für Zufall und fuhr fort: «Sie ist schon zwei Jahre dort und kennt die Stadt in-und auswendig. Sie ist eine famose Person.»
    Nochmals stieß mich jemand unterm Tisch an, und als ich aufsah, bemerkte ich, wie Frances, Roberts Freundin, ihr Kinn mißbilligend reckte und ihr Gesicht verzog.
    «Teufel noch mal», sagte ich, «warum gerade nach Straßburg? Wir könnten zum Beispiel nach Brügge oder in die Ardennen.»
    Cohn sah erleichtert aus. Es trat mich auch niemand mehr. Ich sagte gute Nacht und ging. Cohn sagte, er wolle sich noch eine Zeitung kaufen und mit mir bis zur Ecke gehen.
    «Warum um alles in der Welt», sagte er, «mußtest du ausgerechnet von dem Mädchen in Straßburg anfangen? Hast du denn Frances’ Gesicht nicht gesehen?»
    «Nein, woher sollte ich denn? Wenn ich in Straßburg eine Amerikanerin kenne, was zum Teufel geht das Frances an?»
    «Das ist ganz egal. So ist es mit jedem Mädchen. Ich kann dann einfach nicht mit.»
    «Sei doch nicht so dumm.»
    «Du kennst Frances nicht. Ganz gleich, was für ein Mädchen es ist. Hast du nicht gesehen, was für ein Gesicht sie zog?»
    «Na schön», sagte ich, «wir können auch nach Senlis gehen.»
    «Sei doch nicht so.»
    «Ich bin gar nicht so. Senlis ist ein sehr hübscher Ort, und wir können im Grand Cerf übernachten, einen Marsch durch die Wälder machen und dann zurückfahren.»
    «Gut, das ist fein.»
    «Schön, wir sehen uns morgen beim Tennis.»
    «Gute Nacht, Jake», sagte er und wollte zum Café zurück.
    «Du hast deine Zeitung vergessen», sagte ich.
    «Richtig.» Er ging mit mir bis zum Kiosk an der Ecke. «Jake, nicht wahr, du bist nicht böse?» Er drehte mit der Zeitung in der Hand um.
    «Nein, warum denn?»
    «Also morgen beim Tennis», sagte er. Ich beobachtete, wie er mit seiner Zeitung ins Café zurückging. Ich hatte ihn gern, und sie schien ihm die Hölle heiß zu machen.

2
    In demselben Winter fuhr Robert Cohn mit seinem Roman, für den er einen ganz guten Verleger fand, nach Amerika. Bei seiner Abreise gab es einen Riesenkrach, und ich glaube, Frances verlor ihn dadurch; außerdem waren in New York ein paar Frauen nett zu ihm, und als er dann zurückkam, war er ganz verändert. Von Amerika war er mehr denn je begeistert, und er
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