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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
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trinken wollten. Der Besitzer setzte sich auf einen hohen Hocker in der Nähe des Tanzbodens und fing an, auf einer Ziehharmonika zu spielen. Um eines seiner Fußgelenke hatte er eine Kette mit Glocken gebunden und schlug, während er spielte, mit dem Fuß den Takt. Alle tanzten.
    Es war heiß, und wir schwitzten, als wir aufhörten.
    «Mein Gott», sagte Georgette, «was für ein Dampfbad.»
    «Es ist sehr heiß.»
    «Heiß, mein Gott.»
    «Nimm doch deinen Hut ab.»
    «Das ist ‘ne gute Idee.»
    Jemand forderte Georgette zum Tanzen auf, und ich ging hinüber an die Bar. Es war wirklich heiß, und die Harmonikamusik war angenehm in der heißen Nacht. Ich trank ein Glas Bier an der Tür und spürte den kühlen Windhauch von der Straße. Zwei Taxis kamen die steile Straße herunter. Sie hielten beide vor dem bat. Ein Haufen junger Leute, einige in Jerseys, andere in Hemdsärmeln, sprang heraus. Ich konnte ihre Hände und ihr frischgewaschenes, welliges Haar im Licht der Tür sehen. Der Polizist an der Tür sah mich an und lächelte. Sie gingen hinein. Und bei ihnen war Brett. Sie sah wunderschön aus und war ganz bei der Sache.
    Einer von ihnen sah Georgette und sagte: «Wahrhaftigen Gottes, eine richtige Nutte. Mit der werd ich tanzen. Lett, sieh mal her.»
    Der große Dunkle, der Lett hieß, sagte: «Sei man nur nicht voreilig.»
    Der blonde Wellige antwortete: «Mach dir keine Sorgen, mein Lieber.» Und bei ihnen war Brett.
    Ich war wütend. Irgendwie ärgerte ich mich immer über diese Bengels. Ich weiß, daß man sie amüsant findet und daß man tolerant sein soll, aber ich hatte Lust, mich auf einen von ihnen zu stürzen, irgendeinen, nur um diesem überlegenen, gezierten Posieren ein Ende zu machen. Statt dessen ging ich die Straße entlang und trank in der nächsten Bar ein Glas Bier. Das Bier war nicht gut, und ich trank einen noch schlechteren Cognac, um den Geschmack loszuwerden. Als ich zum bat zurückkam, war der Tanzboden überfüllt, und Georgette tanzte mit dem großen blonden Jüngling, der breithüftig tanzte, den Kopf auf eine Seite legte und seine Augen beim Tanzen zur Decke erhob. Sobald die Musik aus war, forderte ein anderer sie auf. Nun wußte ich, daß sie alle mit ihr tanzen würden. So sind sie.
    Ich setzte mich an einen Tisch. Cohn saß da, Frances tanzte. Mrs. Braddocks schleppte jemand an und stellte ihn als Robert Prentiss vor. Er kam aus New York mit dem kleinen Umweg über Chicago und war ein hoffnungsvoller junger Schriftsteller. Er sprach mit einem etwas englischen Akzent. Ich bot ihm was zu trinken an.
    «Danke tausendmal», sagte er. «Ich hab gerade einen Drink gehabt.»
    «Nehmen Sie noch einen.»
    «Danke, also gern.»
    Wir riefen die Tochter des Hauses und tranken beide einen fine á l’eau.
    «Man sagt mir, daß Sie aus Kansas City sind», begann er.
    «Ja.»
    «Finden Sie Paris amüsant?»
    «Ja.»
    «Wirklich?»
    Ich war ein klein bißchen betrunken. Nicht in irgendeinem positiven Sinn betrunken, gerade nur genug, um leichtfertig zu sein.
    «Um Gottes willen, ja», sagte ich also. «Sie nicht?»
    «Ach, wie reizend Sie sich ärgern», sagte er. «Ich wünschte, ich hätte diese Gabe.»
    Ich stand auf und ging über den Tanzboden. Mrs. Braddocks kam mir nach. «Seien Sie doch mit Robert nicht so streng», sagte sie. «Er ist eigentlich noch das reine Kind.»
    «War ich ja gar nicht», sagte ich. «Ich dachte nur, ich würde kotzen.»
    «Ihre Braut hat großen Erfolg.» Mrs. Braddocks’ Augen folgten Georgette, wie sie in den Armen des großen Dunklen, der Lett hieß, vorbeitanzte.
    «Nicht wahr?» sagte ich.
    «Und wie», sagte Mrs. Braddocks.
    Cohn kam auf uns zu. «Na komm, Jake, trink was.» Wir gingen hinüber an die Bar. «Was ist denn mit dir los? Du scheinst dich über irgendwas zu ärgern.»
    «Nein, aber das ganze Theater hier ist zum Kotzen.»
    Brett kam an die Bar. «Hallo, ihr Knaben.»
    «Guten Abend, Brett», sagte ich, «wieso bist du nicht beschwipst?»
    «Werde nie wieder einen Schwips haben. Los, gib ‘nem anständigen Kerl einen Whiskey-Soda.»
    Sie stand da und hielt ihr Glas, und ich beobachtete, wie Robert Cohn sie ansah. So mußte sein Landsmann ausgesehen haben, als er das Heilige Land erblickte. Natürlich war Cohn viel jünger. Aber auch er hatte diese brennende, heischende Erwartung im Blick.
    Brett sah verdammt gut aus. Sie trug einen Jerseypullover und einen wollenen Rock. Ihr Haar war wie das eines Jungen glatt zurückgebürstet. Sie hatte
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