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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
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zurück und ließ mich von einer großen Welle mit nach unten gekehrtem Gesicht an Land tragen, dann drehte ich mich um und versuchte in der Brandung zu bleiben, ohne daß die Wellen sich über mir brachen. Es war ermüdend, in der Brandung zu schwimmen, und ich drehte wieder und schwamm hinaus zum Floß. Das Wasser war bewegt und kalt. Man hatte das Gefühl, daß man nicht untergehen konnte. Ich schwamm langsam, es kam mir durch die hohe Flut sehr lange vor, dann zog ich mich auf das Floß hinauf und saß tropfend auf den Brettern, die bereits anfingen in der Sonne zu glühen. Ich sah mich nach der Bucht, der alten Stadt, dem Casino, den Bäumen auf der Promenade und den großen Hotels mit ihren weißen Toren und ihren mit goldenen Lettern geschriebenen Namen um. Ganz rechts, beinah am Abschluß des Hafens, lag ein grüner Berg mit einem Schloß. Das Floß schaukelte mit der Bewegung des Wassers auf und ab. Auf der anderen Seite der Landenge, die bis ans offene Meer führte, lag eine zweite bergige Landzunge. Ich dachte, es müsse schön sein, über die Bucht zu schwimmen, aber ich hatte Angst, einen Krampf zu bekommen.
    Ich saß in der Sonne und beobachtete die Badenden am Strand. Sie sahen winzig aus. Nach einer Weile stand ich auf, umklammerte mit meinen Zehen den Rand des Floßes, daß es durch mein Gewicht vornüber kippte, und tauchte gerade und tief, um durch das heller werdende Wasser wieder emporzutauchen, blies das Salzwasser aus und schwamm langsam und in gleichmäßigen Stößen zum Strand.
    Nachdem ich mich angezogen und meine Badekabine bezahlt hatte, ging ich ins Hotel zurück. Die Radfahrer hatten mehrere Nummern von L’Auto dagelassen; ich sammelte sie im Lesezimmer auf, nahm sie mit und setzte mich in einen Liegestuhl in der Sonne, um über das französische Sportleben nachzulesen und auf dem laufenden zu bleiben. Als ich so dasaß, kam der Portier mit einem blauen Umschlag in der Hand heraus.
    «Ein Telegramm für Sie, mein Herr.»
    Ich stocherte mit meinem Finger unter den Kniff, um es zu öffnen, strich es glatt und las. Man hatte es mir von Paris nachgeschickt:

    KANNST DU HOTEL MONTANA MADRID KOMMEN BIN IN SCHWIERIGKEITEN
    BRETT

    Ich gab dem Portier ein Trinkgeld und las es noch mal. Ein Postbote kam auf dem Fußgängersteg entlang. Er ging ins Hotel. Er hatte einen großen Schnurrbart und sah sehr militärisch aus. Er kam wieder aus dem Hotel heraus. Der Portier direkt hinter ihm.
    «Hier ist noch ein Telegramm für Sie, mein Herr.»
    «Danke», sagte ich.
    Ich öffnete es, man hatte es von Pamplona nachgeschickt.

    KANNST DU HOTEL MONTANA MADRID KOMMEN BIN IN SCHWIERIGKEITEN
    BRETT
    Der Portier stand da und wartete wahrscheinlich auf ein zweites Trinkgeld.
    «Um wieviel Uhr geht ein Zug nach Madrid?»
    «Um neun Uhr frühmorgens. Um elf geht ein langsamer Zug und der Südexpreß heute abend um zehn.»
    «Besorgen Sie mir einen Schlafwagen im Südexpreß. Soll ich Ihnen gleich das Geld geben?»
    «Ganz wie Sie wünschen», sagte er. «Ich lasse es auf die Rechnung setzen.»
    «Sehr schön.»
    Nun, das hieß, daß mir San Sebastian durch die Lappen ging. Ich nehme an, daß ich eigentlich so etwas erwartet hatte. Ich sah den Portier in der Tür stehen.
    «Bitte bringen Sie mir ein Telegrammformular.»
    Er brachte es. Ich nahm meine Füllfeder und druckte:

    LADY ASHLEY HOTEL MONTANA MADRID ANKOMME SÜDEXPRESS MORGEN
    LIEBEVOLLST JAKE

    Das schien die passende Antwort. So machte man’s also. Erst ein Mädchen mit einem Mann auf die Reise schicken. Ihr dann einen zweiten vorstellen, damit sie dann mit dem wegfährt. Jetzt hinfahren und sie zurückholen. Und das Telegramm mit liebevollst unterzeichnen. Stimmt alles. Ich ging zum Lunch.
    In der Nacht im Südexpreß schlief ich nicht viel. Am Morgen aß ich im Speisewagen mein Frühstück und sah das felsige Fichtenland zwischen Avila und dem Escorial. Durchs Fenster sah ich den Escorial grau, kalt und lang in der Sonne liegen; und es war mir verdammt einerlei. Ich sah Madrid über der Ebene heraufkommen, eine kompakte weiße Silhouette auf einer kleinen Felsenklippe, weit weg jenseits des von der Sonne ausgedörrten Landes abgesondert.
    Der Nordbahnhof ist das Ende der Strecke. Alle Züge haben dort Endstation. Sie fahren nirgends weiter hin. Draußen standen in einer langen Reihe Wagen und Taxis und Hotelportiers. Das Ganze machte den Eindruck einer Landstadt. Ich nahm ein Taxi, und wir kletterten durch die Gärten an dem leeren Palast und der
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