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Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
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unfertigen Kirche am Rand der Klippe hinauf, bis wir oben in der heißen, modernen Stadt anlangten. Das Taxi fuhr eine glatte Straße zu der Puerta del Sol hinunter, dann durch den Verkehr und hinaus auf die Carrera San Jeronimo. Alle Geschäfte hatten die Markisen gegen die Hitze heruntergelassen. Vor den Fenstern auf der Sonnenseite der Straße waren Läden angebracht. Das Taxi hielt an der Bordschwelle. Ich sah das Schild Hotel Montana in der zweiten Etage. Der Chauffeur trug meine Taschen hinein und stellte sie neben den Lift. Ich konnte den Fahrstuhl nicht in Gang bringen und ging zu Fuß. In der zweiten Etage war auf einer Kupferplatte Hotel Montana eingraviert. Ich klingelte, und niemand erschien. Ich klingelte noch einmal, und ein Mädchen mit unfreundlichem Gesicht öffnete mir die Tür.
    «Ist Lady Ashley hier?» fragte ich.
    Sie sah mich dumm an.
    «Wohnt hier eine Engländerin?»
    Sie drehte sich um und rief jemand. Eine sehr dicke Frau erschien an der Tür. Sie hatte graue Haare, die, steif geölt, in Zacken um ihr Gesicht herumstanden. Sie war kurz angebunden und befehlshaberisch.
    «Muy buenos», sagte ich. «Wohnt hier eine Engländerin? Ich möchte gern diese englische Dame sprechen.»
    «Muy buenos. Ja, hier wohnt eine englische Frau. Natürlich können Sie sie sprechen, wenn sie Sie zu sprechen wünscht.»
    «Sie will mich sprechen.»
    «Die chica wird sie fragen.»
    «Es ist sehr heiß.»
    «Es ist im Sommer immer sehr heiß in Madrid.»
    «Und wie kalt es im Winter ist.»
    Ob ich persönlich auch im Hotel bleiben wollte?
    Das könnte ich noch nicht sagen, aber ich würde hocherfreut sein, wenn man mein Gepäck von unten heraufbrächte, damit es nicht gestohlen würde. Nichts würde je im Hotel Montana gestohlen. In anderen fondas ja. Hier nicht. Nein! Das Personal dieses Etablissements sei sorgfältig ausgewählt! Ich freute mich, dies zu hören. Nichtsdestotrotz würde ich das Herauf bringen meiner Sachen begrüßen.
    Das Mädchen kam und sagte, daß die englische Frau den englischen Mann sofort zu sprechen wünsche.
    «Schön», sagte ich. «Sie sehen, es ist, wie ich sagte.»
    «Anscheinend.»
    Ich folgte dem Rücken des Mädchens einen langen dunklen Korridor entlang. Am Ende klopfte sie an eine Tür.
    «Hallo», sagte Brett. «Jake, bist du es?»
    «Ich bin’s.»
    «Herein, herein.»
    Ich öffnete die Tür. Das Mädchen schloß sie hinter mir. Brett lag zu Bett. Sie war gerade beim Haare bürsten und hielt die Bürste in der Hand. Das Zimmer war in einer Unordnung, wie sie nur Menschen hervorbringen, die ihr Leben lang immer Dienstboten gehabt haben.
    «Lieber», sagte Brett.
    Ich ging auf ihr Bett zu und nahm sie in die Arme. Sie küßte mich, und während sie mich küßte, fühlte ich, wie sie an etwas ganz anderes dachte. Sie zitterte in meinen Armen. Sie fühlte sich sehr klein.
    «Lieber, es war so schrecklich.»
    «Was war denn?»
    «Eigentlich gar nichts. Er ist seit gestern fort. Ich hab ihn weggeschickt.»
    «Warum hast du ihn nicht dabehalten?»
    «Ich weiß nicht. Aber das tut man einfach nicht. Ich glaub aber, ich habe ihm nicht weh getan.»
    «Vielleicht warst du ihm verdammt heilsam.»
    «Er darf mit niemandem zusammen leben. Das wußte ich gleich.»
    «Nein?»
    «Zum Teufel noch mal», sagte sie. «Wir wollen nicht mehr darüber reden. Niemals mehr darüber reden.»
    «Schön.»
    «Weißt du, es war ein Schlag für mich, daß er sich meinetwegen genierte. Weißt du, er hat sich eine ganze Weile meinetwegen geniert.»
    «Nein.»
    «O doch. Wahrscheinlich haben sie ihn mit mir im Café aufgezogen. Er wollte, daß ich meine Haare wieder wachsen ließe. Ich mit langen Haaren! Ich würde ja entsetzlich aussehen.»
    «Komisch.»
    «Er sagte, es würde mich weiblicher machen. Aber ich würde wie eine Vogelscheuche aussehen.»
    «Und was ist passiert?»
    «Ach, darüber hat er sich hinweggesetzt. Er hat sich nicht lange meinetwegen geniert.»
    «Und was gab es für Schwierigkeiten?»
    «Ich wußte nicht, ob ich ihn zum Gehen überreden konnte, und ich hatte keinen Sou, um fortzureisen und ihn zu verlassen. Weißt du, er wollte mir eine Menge Geld geben. Ich habe ihm aber gesagt, ich hätte es selbst haufenweise. Er wußte, daß es nicht wahr war, weißt du, aber ich konnte doch nicht Geld von ihm annehmen.»
    «Nein.»
    «Ach, wir wollen nicht mehr darüber reden. Manches war auch komisch, weißt du. Gib mir doch, bitte, eine Zigarette.»
    Ich zündete eine Zigarette an.
    «Sein
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