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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum
Autoren: George R.R. Martin
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etwas langsam, aber Abner Marsh vergaß nie etwas. Das Getränk, dachte er. Er sah, wie es gewesen war. Er hatte Joshua den letzten Rest eingeflößt, als er in der Sonne ohnmächtig geworden war. Der letzte Tropfen war auf seinen Stiefel gefallen, und er hatte die Flasche in den Fluß geworfen. Joshua war Stunden später aufgebrochen, und er hatte . . . wie lange? . . . Tage gebraucht, um zur . . . Fiebertraum zurückzukehren. Er war gerannt, wollte an seine verdammten Flaschen heran, floh vor dem roten Durst. Dann hatte er den Dampfer gefunden und alle die Toten und hatte angefangen, die Bretter loszureißen, und Julian war gekommen . . . Marsh erinnerte sich an Joshuas Worte . . . Ich habe ihn angeschrien. Ich wollte Rache. Ich wollte ihn töten, wie ich noch nie jemanden hatte töten wollen, ich wollte ihm die Kehle aufreißen, wollte sein verdammtes Blut schmecken! Meine Wut . . . Nein, dachte Marsh, nicht nur Wut. Durst. Joshua hatte es nicht erkannt, aber er hatte die ersten Stadien des roten Durstes durchlebt! Er mußte ein Glas von seinem Elixier getrunken haben, sobald Julian sich zurückgezogen hatte, daher hatte er gar nicht begriffen, was es gewesen war.
    Marsh fröstelte und fragte sich, ob Joshua den wahren Grund kannte, weshalb er die Bretter losgerissen hatte. Was wäre geschehen, wenn Julian ihn nicht gestört hätte? Damals hatte Joshua gewonnen, und danach nicht mehr. Seine Verbrennungen, seine Angst, das Blutvergießen um ihn herum, tagelang kein Elixier . . .
    Es mußte der rote Durst gewesen sein. In jener Nacht war sein Tier erwacht, und es war stärker als das Julians.
    Abner Marsh spürte eine kurze Erregung. Dann dämmerte ihm, daß seine wilden Hoffnungen vergeblich und fehl am Platze waren. Joshua hatte bei seiner letzten Flucht einen beträchtlichen Vorrat von seinem Getränk mitgenommen. Er hatte noch in New Orleans eine halbe Flasche geleert, ehe sie sich auf den Weg zu Julians Plantage gemacht hatten. Marsh sah keine Möglichkeit, das Fieber in Joshua zu wecken, dabei war das Fieber die einzige Chance . . . Seine Augen richteten sich wieder auf das Gewehr. »Verdammt«, murmelte er. Vergiß die Flinte, sagte er sich, es hat keinen Sinn, darüber nachzudenken. Es war wie bei einem Dampfschiffrennen. Man konnte ein schnelleres Boot nur mit List besiegen, wenn man zum Beispiel alle Abkürzungen und deren Beschaffenheit kannte, oder wenn man alles Buchenholz für sich reservierte, damit das andere Schiff nur mit Cottonwood heizen konnte, oder wenn man noch etwas Talg in Reserve hatte. Tricks!
    Marsh verzog finster das Gesicht. Er wußte, daß er nichts tun konnte. Es kam allein auf Joshua an. Nur Joshua verbrannte von Minute zu Minute und wurde immer schwächer. Und er würde sich nicht rühren, solange Marshs Leben in Gefahr war. Wenn er Joshua doch nur aufrütteln könnte . . . seinen Durst wecken könnte . . . irgendwie. Der Durst meldete sich, wenn man nicht von dem Elixier trank. Aber wie ließ er sich außerdem noch wecken? Vielleicht hatte es etwas mit Wut zu tun, aber reichte das aus? Schönheit? Schöne Dinge verführten, lockten ihn, sogar wenn er sein Elixier getrunken hatte. Wahrscheinlich hat er mich als Partner ausgesucht, weil man ihm erzählt hatte, ich sei der häßlichste Mann auf dem gottverdammten Fluß, dachte Marsh. Aber auch das war nicht genug. Verdammt, Damon Julian war schön genug, und er hatte Joshua furchtbar in Wut gebracht, aber Joshua hatte verloren, verlor immer, sein Getränk sorgte dafür, es mußte . . . Marsh erinnerte sich an alle Geschichten, die Joshua ihm erzählt hatte, von den Morden. Den dunklen Nächten. Den furchtbaren Zeiten, als der rote Durst seinen Leib und seine Seele beherrscht hatte.
    . . . hatte mich voll im Magen erwischt , sagte Joshua, und ich habe furchtbar geblutet . . . Ich stand auf. Es muß ein furchtbarer Anblick gewesen sein, mit bleichem Gesicht und blutbesudelt. Und ein seltsames Gefühl breitete sich in mir aus . . . Julian trank von seinem Wein, lächelte und sagte: Hast du tatsächlich Angst gehabt, ich täte dir in jener Augustnacht etwas an? Vielleicht hätte ich es getan, in meinem Schmerz und meiner Wut. Aber nicht vorher . . . Marsh sah sein Gesicht, verzerrt und raubtierhaft, als er Jeffers Stockdegen aus dem Körper zog . . . Er erinnerte sich an Valerie, an das Brennen, an ihren Tod unter dem Boot, erinnerte sich daran, wie sie geschrien hatte und sich auf Karl Framms Kehle stürzte . . . Er hörte Joshua
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