Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
erfahren. »Lesen Sie selbst.« Damit ging er zur Tür und sagte zu dem Wachtposten: »Benachrichtigen Sie den Midshipman der Wache, ich wünsche alle Offiziere unverzüglich zu sprechen.« Er merkte, daß Herrick ihn beobachtete, und sagte nüchtern: »Ich weiß, Thomas, ich weiß, was Sie denken. Aber das liegt fünf Jahre zurück. Eine lange Zeit für Erinnerungen.«
    Herrick sah ihn grimmig an. »Jawohl, Sir – wenn Sie meinen? Ich sammle die Offiziere draußen und bringe sie zusammen herein.« Damit verließ er die Kabine.
    Bolitho setzte sich und zog nach kurzem Zögern seine Uhr aus der Tasche. Sie hatte ein sehr gutes Werk von Mudge and Dutton und ein festes, luftdichtes Gehäuse. Geistesabwesend klappte er den Deckel auf, um die Widmung auf der Innenseite zu lesen:
    Conquered , o n a couc h allon e I lie,
Onc e i n dream s decei t yo u cam e t o me,
Al l dream s outstripped , i f onl y tho u wer e nigh! [1]
    Er schloß den Deckel und steckte die Uhr wieder in die Tasche. Sein Kopf war jetzt ganz klar, und als seine Offiziere eintraten, fiel ihnen keine Veränderung an ihm auf. Außer Herrick, und der konnte nichts dagegen unternehmen.

Isolation
    Bolitho hielt im Niedergang inne und ließ seinen Augen Zeit, sich an den grellen Glanz zu gewöhnen.
    Es war beinahe acht Glasen,* und die Männer der Vormittagswache hatten sich zur Ablösung bereits lustlos unter der Achterdecksreling versammelt.
    Bolitho war schon vor zwei Stunden an Deck gewesen, wie es seine Gewohnheit war. Trotz der Gewißheit, daß ein weiterer sengend heißer Tag bevorstand, war ihm zu dieser Stunde alles frisch und lebendig erschienen. Der Tau auf Segeln und Leinen hatte diese Illusion noch verstärkt. Doch jetzt stand die Sonne bereits hoch, und als Bolitho zum Achterdeck hinaufstieg, fragte er sich unwillkürlich, wie lange sie noch nach der Eurota s suchen mußten.
    Seit Sydney hatten sie gut zweitausendfünfhundert Meilen gesegelt – oder eher dreitausend, alle Kreuzschläge** und Launen des Windes mitgerechnet. Herrick hatte bemerkt, ihm käme es zwanzigmal länger vor.
    Drei Wochen sengender Hitze und grenzenloser, leerer See.
    Bolitho kniff die Augen zusammen und versuchte, über den leicht dippenden Bugsprit hinauszuspähen, aber das Licht war schon so grell, daß die See wie poliertes Silber blendete; übergangslos verschmolz sie mit dem Himmel.
    Nach und nach prüfte er die Stellung der Segel. Sie zogen noch, aber nur schwach; die leicht angebraßten Rahen hielten das Schiff auf Steuerbordbug.
    Er hörte den Steuermannsmaat Leutnant Borlase melden: »Die Wache ist angetreten, Sir.«
    Dann quietschten Borlases Schritte auf Deck, seine Sohlen klebten wohl an dem heißen Pech fest.
    Er, wie auch Keen, der ihn ablöste, waren sich der Anwesenheit ihres Kommandanten bewußt, kannten ihn aber auch gut genug, um zu wissen, daß er in die Routine eines Wachwechsels nicht eingreifen würde.
    Bolitho hörte Keen sagen: »Aye, Sir. Kurs Ostnordost...
    Liegt an.«
    Darauf Borlase, kurz und ungeduldig: »Wie üblich keine besonderen Vorkommnisse. Nur Peterson wurde wegen Unbotmäßigkeit ins Logbuch eingetragen. Der Erste Offizier kann sich später mit ihm befassen.« Er wischte sich das schweißnasse Gesicht und den Nacken. »Lösen Sie die Rudergänger ab, bitte.« Dann verschwand er mit einem Nicken im Niedergang.
    Die Leute nahmen den Dienst auf, vier lange Stunden einer weiteren Wache.
    Bolitho hatte Herrick mit dem Bootsmann und einigen Helfern auf dem Vorschiff gesehen. Die Arbeit nahm kein Ende. Wie jedes Schiff glich auch die Tempes t einem feingestimmten Instrument, bei dem jeder Zoll der Takelage so entworfen und angeordnet war, daß er eine bestimmte Aufgabe erfüllte. Spleißen und Nähen, Malen und Kalfatern verlangten auf der Tempes t viel Schweiß und knochenbrechende Mühe.
    Herrick sah ihn und kam über die Gangway nach achtern. Seine untersetzte Ge stalt bewegte sich fast senkrecht auf den ausgedörrten Planken. Das war kaum überraschend, denn obgleich alle Segel gesetzt waren, wies das Deck kaum Krängung auf.
    Herrick bemerkte: »Das wird wieder ein harter Tag, Sir.« Er sah prüfend zu den Masten auf. »Ich habe die Leute frühzeitig rangenommen, das erspart ihnen das Schlimmste, Mr. Jury plant für heute nachmittag ein paar schwerere Arbeiten im Orlopdeck.«
    Bolitho nickte. Er beobachtete Keen, der rastlos um Ruder und Kompaß wanderte. Wie die anderen Offiziere war er nur mit Hemd und Breecheshose bekleidet, und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher