Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
und grinste Bolithos Rücken an. So gefiel er ihm schon besser.
    Wie ein verführerischer Samtvorhang hüllte die Dämmerung schnell den Hafen ein. Sie half, die Hitze des Tages zu vergessen und die Anstrengungen bei der Ergänzung des Proviants, den Benjamin Bynoe, der Zahlmeister mit den harten Augen, zu günstigsten Bedingungen eingehandelt hatte.
    Bolitho lehnte sich auf der Bank unter dem geöffneten Heckfenster zurück und sah die Lichter der Stadt herüberwinken. Es war der zweite Abend, an dem sie in Sydney vor Anker lagen, aber sein erster an Bord. Kommodore Sayer hatte ihn völlig in Anspruch genommen, vorwiegend an Land, wo er dem stellvertretenden Gouverneur begegnet war, dessen Vorgesetzter sich irgendwo in der Kolonie mit einer Eingabe ›dieser verdammten Farmer‹, wie er sie nannte, beschäftigte. Bolitho war auch mit den Offizieren der Garnison zusammengekommen. Dabei hatte er den deutlichen Eindruck gewonnen, daß sie ihre Angelegenheiten nicht gern mit Fremden besprachen. In diesem Sinne hatte er sich auch Sayer gegenüber geäußert, der über seine Vermutung gelächelt hatte.
    »Sie haben ganz recht, Bolitho«, hatte der Kommodore gesagt. »Zuerst ließ der Gouverneur von Marinesoldaten die öffentliche Ordnung sichern und die deportierten Sträflinge bewachen. Aber dann wurden sie in England gebraucht und zurückgeschickt. Diese ›Soldaten‹, mit denen Sie jetzt gesprochen haben, gehören dem New South Wales Corps an. Sie wurden mit hohen Kosten eigens angeworben, und in vielen Fällen sind sie noch unehrlicher als jene, die sie bewachen sollen. Auch für einen Sack voll Gold möchte ich nicht in den Schuhen des Gouverneurs stecken.«
    Bolithos Eindrücke von Sydney waren ebenso gemischt. Die Gebäude waren primitiv, aber günstig gelegen, mit leichtem Zugang zum Wasser. Manche standen – wie die riesigen Windmühlen hinter der Stadt – gleich hageren Zaungästen auf den Anhöhen und verrieten den holländischen Einfluß, praktisch und gut entworfen.
    Bolitho war von den Häfen vieler Länder an Roheit und Trunksucht gewöhnt, aber Sydneys Überfluß an Hafenkneipen und Schlimmerem ließ manches, was er gesehen hatte, als zahm erscheinen. Sayer hatte ihm erzählt, daß viele Wirte sogar im Sold der Offiziere standen, die den Verkehr ihrer Leute mit den deportierten Schankmädchen offen förderten. Dabei hatte er die Männer, die nur aus Habgier ins Corps eingetreten waren, voller Verachtung als Schwindler und Halunken bezeichnet.
    Wieder an Bord, gelang es Bolitho, sich von dem hektischen Treiben an Land zu lösen und etwas Ruhe zu finden. Sayer hatte über neue Aufgaben für die Tempes t noch nichts in Erfahrung gebracht; das würde sich erst ergeben, wenn der Gouverneur zurückkehrte.
    Bolitho gegenüber lehnte Herrick in einem Sessel. Sie hatten eine ausgezeichnete Hammelpastete gegessen, die Noddall, der Kabinensteward, aus unbekannten Quellen an Land beschafft hatte: seit Monaten das erste Fleisch, das nicht aus einem Pökelfaß kam.
    »Was halten Sie von einem Glas Rotwein, Thomas?« meinte Bolitho.
    Herrick grinste; seine Zähne schimmerten schwach im Licht der einzigen Lampe. Sie hatten schnell entdeckt, daß mehr Beleuchtung nur Schwärme summender Insekten anzog, die die Wohltat der kühleren Luft sofort zunichte machten.
    »Nicht viel, Sir«, antwortete er und winkte Noddall aus dem Schatten. »Ich habe mir erlaubt, beim Quartiermeister der Kaserne guten französischen Wein zu beschaffen.« Er lachte verhalten. »Als Soldaten mögen sie nicht viel wert sein, aber sie verstehen zu leben.«
    Noddall machte sich am Tisch mit seinem Weinkühler zu schaffen.
    Bolitho beobachtete ihn; er kannte jede seiner Bewegungen. Noddall war klein und flink wie ein Wiesel, hielt sogar die Hände, wenn sie nicht beschäftigt waren, wie Pfoten vor seinen Körper. Ein guter und williger Diener, war er wie mancher andere von Bolithos Undin e mit auf dieses Schiff gekommen.
    Herrick stand auf. Sein Kopf reichte nicht bis an die Decksbalken der Kajüte, was ein Beweis für die großzügigen Abmessungen der Tempes t war. Er hob sein Glas.
    »Auf Ihr Wohl, Sir, und auf Ihren Geburtstag.« Er grinste.
    »Ich weiß, daß er eigentlich gestern war, aber ich brauchte einen Tag, um den Wein zu entdecken.«
    Wortkarg saßen sie zusammen, rauchten ihre langen Pfeifen, und ihre Gläser wurden von dem aufmerksamen Noddall bereitwillig nachgefüllt.
    Durch das Oberlicht konnten sie die Sterne sehen, sehr groß und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher