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Fieber an Bord

Fieber an Bord

Titel: Fieber an Bord
Autoren: Alexander Kent
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befunden und die gesamte Besatzung bis auf drei Mann gerettet. Von einem hastig eingesetzten Kriegsgericht wurde der Kommandant der Fregatte wegen Nachlässigkeit im Dienst unehrenhaft entlassen. Borlase war zu der Zeit wachhabender Offizier gewesen, und seine Aussage hatte dazu beigetragen, daß sein Kommandant in der Versenkung verschwand.
    Bolitho fragte: »Was gibt es, Mr. Borlase?«
    Der Leutnant trat in den Lichtschein der Lampe.
    »Das Wachboot hat diese Depesche für Sie gebracht, Sir.« Er leckte sich die Lippen, eine weitere kindliche Angewohnheit. »Vom Gouverneur.«
    Hastig tauchte Noddall mit einer weiteren Lampe aus der Pantry auf. Sein kleiner Schatten tanzte gigantisch über die weißgetünchte Zwischenwand.
    Bolitho schlitzte den Leinwandumschlag auf und fragte sich dabei, ob Borlase vor dem Kriegsgericht sich nicht ebensosehr hatte entlasten wie seinen Kapitän zu Fall bringen wollen.
    Doch als er hastig das sauber geschriebene Papier überflog, verblaßten mit einem Mal die Strapazen und Sorgen der vergangenen Monate, und selbst Borlase, der ihn mit einem sanften Lächeln beobachtete, schien zu verschwinden. Scharf sagte er: »Kompliment an den Ersten Offizier, Mr. Borlase, und ich möchte ihn sofort sprechen.«
    Der Leutnant öffnete den Mund, um eine Frage zu stellen, schloß ihn aber wieder.
    Bolitho ging zum Heckfenster, beugte sich so weit hinaus, wie er konnte, und ließ sich die Seeluft über Kehle und Brust streichen. Jetzt wünschte er, er hätte nicht so viel getrunken und gegessen.
    Er versuchte, seine Gedanken zu ordnen, sich auf die Depesche zu konzentrieren. Die Tempes t sollte bei erster Gelegenheit Anker lichten und auslaufen. Er spürte, wie die Luft ihm Kopf und Gesicht kühlte, und fühlte sich kräftiger; noch während er seine rasenden Gedanken sammelte, betrat Herrick die Kabine.
    »Sir?«
    »Wir haben Befehl zum Auslaufen, Thomas. Ein Transporter ist überfällig, obwohl von einem Postschiff gemeldet wurde, daß er vor drei Wochen noch sicher unterwegs war. Der Kapitän des Postschiffs hatte südöstlich von Tongatapu Signalkontakt mit ihm gehabt.«
    Herrick schob sich das Hemd in die Hose und sagte nachdenklich: »Aber das ist über zweitausend Meilen entfernt, Sir.«
    Bolitho nickte. »Andererseits war das Schiff, die Eurotas, hier ein regelmäßiger Besucher. Sie belieferte die Kolonie und einige Inseln, ihr Kapitän ist mit diesen Gewässern gut vertraut. Es hat keinen Sinn, sich etwas vorzumachen. Sie hätten schon vor Tagen eintreffen müssen.« Er dachte an die Kneipen und die Mädchen mit den frechen Augen. »Der Gouverneur hielt die Verspätung geheim, selbst vor seinen Untergebenen, denn die Eurota s hat Kanonen, Pulver und Nachschub geladen. Und sie bringt den Sold für Militär und Beamte.«
    »Glauben Sie, daß sich die Meuterer der Bount y in diesem Gebiet aufhalten könnten, Sir?«
    Bolitho dachte an die dringlichen Anweisungen des Gouverneurs, an seinen Zorn. Am stärksten hatte ihn der letzte Absatz betroffen: neben ihrer wertvollen Ladung brachte die Eurota s weitere Deportierte, und vor allem – er konnte es fast vor Augen sehen – den neuernannten Berater und amtierenden Gouverneur für eine weitere Kolonie, James Raymond, mit seiner Frau.
    Bolitho wandte sich von den schimmernden Lichtern ab; ihr Glanz war trübe geworden.
    »Wecken Sie den Steuermann, Thomas, und stellen Sie den frühest möglichen Augenblick zum Auslaufen fest; notfalls lasse ich das Schiff mit Booten freiwarpen. Andererseits – vielleicht ist es ein blinder Alarm. Die Eurota s kann eine Insel angelaufen haben, um Wasser oder Holz zu übernehmen. Oder sie kann in eine Flaute geraten sein, wie es uns oft genug passiert ist.«
    Herrick studierte ihn mit sehr stillen Augen. »Unwahrscheinlich«, sagte er.
    Bolitho ging an ihm vorbei, berührte die Stühle, ohne sie zu spüren, und den alten Degen an der Schottwand, den Allday wie ein Gralshüter bewachte.
    Er fuhr fort: »Sayer wird die Kurierbrigg ausschicken, wenn sie erst wieder da ist, und der Gouverneur will zwei kleine Schoner nach Norden und Osten abkommandieren.«
    »Wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, Sir.«
    Bolitho drehte sich auf dem Absatz um. »Das weiß ich, verdammt noch mal! Aber wir müssen etwas tun.«
    Er bemerkte Herricks überraschten und gekränkten Ausdruck und fügte hinzu: »Tut mir leid. Der Wein ist schuld.« Bolitho schob die Papiere über den Tisch, denn Herrick mußte es früher oder später
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