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Fida (German Edition)

Fida (German Edition)

Titel: Fida (German Edition)
Autoren: Stefanie Maucher
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war der erste Mensch, der den Weg hierher gefunden hatte - außer Irina. Wenn Irina kam, ließen sich die Kinder nie blicken, aber sie gaben sich nicht die geringste Mühe leise zu sein, und man konnte sie immer irgendwo toben oder lachen hören.
     
    Marthas Kopf tauchte hinter einer kleinen unscheinbaren Tür in einer der Ecken der Halle auf, blickte sich verstohlen um, und als sie sich davon überzeugt hatte, dass die Luft rein war, kam sie leise und reichlich übertrieben auf Zehenspitzen in den Raum hereingeschlichen. Patrik zwinkerte ihr zu. Doch Martha, die es nicht so schnell vergaß, wenn sie mit ihm schmollte, sah ihn vorwurfsvoll an und Patrik bemühte sich ernst auszusehen. Wie ein Einbrecher in einer Komödie kam sie auf ihn zu geschlichen, bis sie neben seinem Rollstuhl stand und ihn zutiefst tadelnd anschaute. Patrik unterdrückte nur schwer ein Lachen. Martha begann in ihrer Hosentasche zu kramen und holte schließlich drei kleine weiße Pillen hervor. Sie waren ein wenig schmutzig. Patrik lächelte, öffnete den Mund und Martha legte ihm die Pillen auf die Zunge. Er schluckte die Medizin und lächelte das Kind wieder an. Für einen Augenblick vergaß Martha zu schmollen, presste ihr Gesicht gegen seinen Arm und hielt sich an ihm fest. Dann hob sie den Kopf, schaute missbilligend zu der eisernen Tür hinter der Katharina verschwunden war und schlich genauso, wie sie gekommen war, wieder davon. Kurz nachdem sie fort war, hörte Patrik von unten ein lautes Poltern.
     
    „Katharina“, rief er, „alles in Ordnung?“
     
    Er erhielt keine Antwort, doch dafür waren bald darauf ein schleifendes Geräusch und Schritte zu hören. Katharina kam wieder zurück. Sie zog einen schmuddeligen Holzstuhl hinter sich her und mit den Füßen ertastete sie vorsichtig den Weg. Den weißen Stock hatte sie weggesteckt.
     
    „Hier“, sagte Patrik, um ihr die Orientierung zu erleichtern, „beim Fenster ist es am Besten. Hier ist es trocken und es zieht nicht so.“
     
    Als sie neben ihm Platz genommen hatte, strahlte sie. Über ihre rechte Hand zog sich eine Schramme und in ihrem leuchtenden Haar glitzerten kleine Rostsplitter.
     
    „Mir sind die Stühle umgefallen“, sagte sie glücklich und fügte dann lachend hinzu: „Ein Tag voller Abenteuer.“
     
    „Dahinten sind ein paar Decken, wenn dir kalt ist“, meinte Patrik.
     
    „Nein, danke“, erwiderte sie, „ich friere gerne.“ Und nach einer kurzen Pause: „Möchtest du jetzt hören, warum ich dich kennenlernen wollte?“
     
    „Ja“, sagte er.
     
    „Weißt du“, begann sie, „heute ist der erste Tag, nachdem ich von Zuhause ausgezogen bin. Gestern verbrachte ich die erste Nacht in meiner eigenen Wohnung und erledigte heute meinen ersten Einkauf. Aber dabei habe ich mich ein wenig verlaufen, alles erschien mir so fremd und ich setzte meine Einkaufstasche ab und versuchte mich zu orientieren. Da hörte ich, wie sich jemand an meinen Tüten zu schaffen machte.“
     
    „Oh“, murmelte Patrik, der sich vorstellen konnte, wer dieser Jemand war und er hoffte, Irina hatte nicht zu viel geklaut.
     
    „Ich dachte da will mich jemand bestehlen“, fuhr Katharina fort, „aber dann sagte eine Frau: ‚Pass auf, dass du dich nicht verläufst. Ich habe dir etwas als Schutz mitgegeben.’
     
    Zu Hause fand ich ein altes, angebissenes Brötchen in meiner Tüte, das ich wirklich nicht gekauft hatte. Später ging ich spazieren, ehrlich gesagt auch ein Abenteuer. Ich war nie oft draußen und noch niemals allein. Ich habe mich auch prompt schon wieder verlaufen. Und als ich gerade leicht verzweifelt auf einer Bank saß, da tauchte plötzlich die Frau wieder neben mir auf.
     
    ‚Und?“, fragte sie mich. ‚Hast du über die Brotkrumen nachgedacht? Wenn du wirklich verstehst, was sie bedeuten, dann weißt du: Manchmal muss man sich verlaufen, um zu überleben.’
     
    ‚Ich habe mich tatsächlich verlaufen’, sagte ich und sie meinte nur: ‚Ich weiß. Du kommst jetzt am besten mit mir. Etwas Besseres als das, was der Froschkönig mit dir vorhat, findest du überall.’ Tja, ich bin mitgegangen.“
     
    Sie endete und Patrik sah sie nachdenklich an.
     
    „Aber wie führt dich das zu mir?“, fragte er. „Was hoffst du hier zu finden?“
     
    „Irina meinte du hättest das Rätsel gelöst“, sagte sie leise. „Du hättest den Bann gebrochen und wärst frei. Und ... du könntest es mir beibringen.“
     
    Erschüttert schwieg Patrik. Er wusste nicht,
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