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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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getroffen hatte, war unerfahren und verängstigt gewesen. Es war unwahrscheinlich, daß er eine Streitmacht dieser Größe befehligen konnte. Aber die Inselbewohner hatten die Fey schließlich auch noch nicht besiegt.
    »Manche Schlachten«, erläuterte Adrian. »Aber es gibt dafür bei uns keine Regeln. Wir sind kein Militärstaat.«
    »Das habe ich schon gemerkt«, murmelte Jewel. »Erzähl mir etwas über euer Militär, soweit es existiert.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Wir haben kein Militär. Wir haben Wachen, die den König schützen. Der Rest von uns kämpft, um unsere Häuser, unsere Kinder und unser Leben zu verteidigen.« Während er sprach, reckte er trotzig das Kinn, als erwarte er eine Bestrafung für seine Ehrlichkeit. Jewel hätte fast gelächelt. Sie mochte die Angriffslust der Inselbewohner, ihren leidenschaftlichen Glauben daran, daß sie im Recht waren. Vielleicht verlieh ihnen das mehr Kraft als alles andere.
    »Das klingt verdammt edel«, spottete sie.
    »Das sind wir auch«, gab Adrian zurück.
    »Wir schätzen unsere eigenen Grundsätze genauso hoch ein wie ihr die euren«, sagte Jewel. »Bloß weil ihr sie verurteilt, müssen sie noch nicht falsch sein.«
    Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie es schon. Er hatte sie dazu gebracht, sich zu verteidigen. Und das hatte sie nicht gewollt.
    »Wenn sie mich das Leben kosten, sind eure Grundsätze falsch«, sagte der Mann ruhig.
    Einen Augenblick lang starrte Jewel ihn sprachlos an. Plötzlich machte sein Trotz sie wütend. Sie wollte nicht so denken wie er, obwohl er vielleicht nicht ganz unrecht hatte. »Du bist hier sicher genug«, beschied sie ihn kühl.
    »So wie Ort?« fragte er.
    »Ort wird am Leben bleiben.«
    »In welchem Zustand?«
    Einen Augenblick lang blieb es still. Dann erhob sich Jewel und blickte auf den Gefangenen hinunter. »Was für Pläne hat euer König noch, um die Fey zu besiegen?«
    Adrian hob nicht den Kopf, um sie anzusehen. Statt dessen lehnte er sich in seinem Stuhl so weit zurück, wie die Seile es erlaubten, und blickte auf. So schien es, als befänden sie sich noch immer auf gleicher Ebene. »Selbst wenn ich es wüßte, würde ich es dir nicht verraten. Ich bin doch kein Dummkopf.«
    »Nein«, gab Jewel zu. »Das glaube ich auch nicht.« Jetzt hatte sie endgültig genug von dieser Unterhaltung. Sie wollte schon hinausgehen, da hatte sie plötzlich eine Idee.
    Sie blieb stehen und warf Adrian einen Blick über die Schulter zu. Er hatte sich zu seinem Sohn gewandt, dessen Unterlippe zitterte wie die eines Babys. Als die beiden bemerkten, daß Jewel noch immer da war, verwandelten sich ihre Gesichter wieder in ausdruckslose Masken.
    »Würdest du mir behilflich sein, wenn ich deinen Sohn dafür freilasse?« fragte Jewel.
    Adrian öffnete den Mund, aber Jewel winkte ab.
    »Du brauchst mir nicht sofort zu antworten. Denk einfach darüber nach.« Sie lächelte. Jetzt hatte sie ihn. »Aber es muß ein fairer Tausch sein. Das, was du mir gibst, muß ein Leben wert sein, das noch nicht einmal zur Hälfte verstrichen ist.«
    Damit verließ sie das Zimmer. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, wurden ihre Knie weich. Sie stützte eine Hand gegen die rauhe Holzwand, ohne sich um die Splitter zu kümmern, die in ihre Handfläche drangen, und holte tief Luft. Sie hatte gar nicht gemerkt, wie sehr sie sich verausgabt hatte. Die ständige Anspannung hinterließ erste Spuren. Manchmal glaubte sie, die Fey würden diesen Ort nie mehr verlassen. Solche Befürchtungen hatten sie früher nicht beunruhigt. Jewel war ohne ein richtiges Zuhause aufgewachsen. Seit ihrer Geburt war ihre Familie dauernd umgezogen. Aber sie hatte sich den meisten Fey, die sie umgaben, ihr Großvater und ihre Brüder eingeschlossen, immer zugehörig gefühlt. Dieses Land hier, das Schattenland, war nur ein schwacher Abglanz dessen, was sie hinter sich gelassen hatte.
    Als der Schwächeanfall vorüber war, ging sie über den Korridor zum Zimmer ihres Vaters. Rugar stand, die Hände auf dem Rücken, neben dem Kamin und starrte in die kalte Asche.
    »Und?« fragte er, ohne sie anzusehen.
    »Sie behaupten, nicht zu wissen, wie das Gift hergestellt wird, aber es spielt in ihrer Religion eine wichtige Rolle. Adrian, der Ältere, sagt, es ist Teil des ›Mysteriums‹ ihrer Religion.« Jewel trat neben ihren Vater und blickte ebenfalls in die Asche, aus der ein verkohlter Ast ragte. Überall dieses Grau. Wie sie sich nach bunten Farben
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