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Fey 01: Die Felsenwächter

Fey 01: Die Felsenwächter

Titel: Fey 01: Die Felsenwächter
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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letzte Vision, die ihn auch hierhergeführt hatte, vertiefen. Er hatte Jewel gesehen. Sie schritt als erwachsene Frau durch den Palast der Blauen Insel, als sei sie dort zu Hause. Aber diese Vision war nun schon vier Monate alt, und seither hatte ihn keine weitere mehr heimgesucht. Es hatte ihn beunruhigt, daß sie vielleicht blind in diese Schlacht ziehen würden, und er hatte sich darin geübt, kleine Schattenländer zu erschaffen, so wie damals als junger Visionär. Er hatte Tassen im Raum verteilt, die von den Schattenländern ergriffen und in einem von ihm erschaffenen Raum verborgen wurden. Auf diese Art wollte er sich beweisen, daß seine Zauberkraft ungebrochen war. Aber auf dieser Reise hatten ihm die Geheimen Mächte nur eine einzelne Vision gesandt, mit der er planen konnte.
    Er hatte mit niemandem darüber gesprochen, daß er keine Visionen mehr hatte, nicht einmal mit den Schamanen, die sich bereit erklärt hatten, ihn auf dieser Reise zu begleiten. Es war schwierig, Visionen vorherzusagen. Vielleicht würde er die Blaue Insel jenseits der Felsenwächter Sehen können.
    Noch niemand hat die Blaue Insel erobert. Aus dem Dunst erhob sich die Stimme seines Vaters. Seit die Schiffe Nye verlassen hatten, beunruhigten die Argumente des Schwarzen Königs seinen Sohn.
    Keiner hat es bisher versucht, hatte Rugar erwidert, obwohl er wußte, daß das nicht zutraf. Die Nye hatten Geschichten aus der Frühzeit ihrer Kultur erzählt, die von einer Streitmacht aus zwanzig langen Booten berichteten, denen es nicht gelungen war, die Blaue Insel zu unterwerfen. Die Geschichten waren so alt, daß sie manch einer für Legenden hielt.
    Als sein Vater von diesem weit zurückliegenden Versuch hörte, protestierte er noch heftiger gegen die Pläne seines Sohnes. Sobald der Schwarze König erfahren hatte, daß Rugar Jewel mitnehmen wollte, hatte er seinen Sohn vehement angegriffen.
    Sie ist die einzige Hoffnungsträgerin des Fey-Reiches. Bei diesen Worten hatte sich sein Vater schwer auf den massiven hölzernen Tisch in diesem Büro der früheren Bank von Nye gestützt. Sie muß hierbleiben.
    Ich kann tun, was ich will, hatte Rugar erwidert. Sie ist meine Tochter.
    Und was ist, wenn dein Plan fehlschlägt? Was sollen wir tun, wenn sie ums Leben kommt? Ihre Brüder sind zu jung, und die Schamanen sagen ihnen keine große Zukunft vorher. Jewel aber wird einzigartig sein – die beste Schwarze Königin, die wir jemals hatten. Falls du ihr die Gelegenheit dazu gibst.
    Rugar war einen Schritt auf seinen Vater zugegangen. Ich hatte eine Vision von Jewel, wie sie glücklich auf der Blauen Insel lebt. Hast du irgendwelche Visionen zu dieser Unternehmung gehabt?
    Sein Vater schwieg.
    Hast du etwas gesehen?
    Man sieht auch ohne Visionen, daß du einen Fehler begehst, hatte der Schwarze König erwidert. Was wir brauchen, ist Ruhe. Wir sind nicht kampfbereit.
    Also hast du nichts gesehen, hatte Rugar geantwortet. Überhaupt nichts.
    Rugar atmete tief ein. Der Regen tropfte ihm von der Nasenspitze auf die Lippen. Er schmeckte kühl und frisch. Rugar hatte eine Vision gehabt, sein Vater jedoch nicht. Herrscher pflegten Visionen zu folgen, auch wenn es nicht die eigenen waren. Daran hatte Rugar seinen Vater nachdrücklich erinnert und den Schwarzen König damit in Rage versetzt.
    Er hatte diese Reise ohne die Erlaubnis seines Vaters angetreten.
    Aber auf die Erlaubnis kam es jetzt nicht an. Rugar hatte Jewel durch die Palasträume wandeln sehen. Er kannte die Vergangenheit der Insel. Es würde der einfachste Kampf in der Geschichte der Fey werden.
    Innerhalb eines einzigen Tages würden die Fey die Blaue Insel erobern. Bevor das Inselvolk die Invasion überhaupt bemerkte, würde es für sie bereits zu spät sein.

 
4
     
     
    Ein jäher Windstoß blies den scharlachrot- und golddurchwirkten Gobelin beiseite, der Bilder des Bauernaufstandes zeigte. Seine Mutter, die Königin – möge ihre Seele in Frieden ruhen –, hatte ihn im zweiten Jahr ihrer Ehe gestickt. Regen spritzte auf die Steinfliesen, und das Kaminfeuer flackerte unruhig. Der Raum war klein und hatte früher als Schlafkammer eines Leibwächters gedient. Er war feucht und unangenehm kühl. Alexander fröstelte in der unnatürlichen Kälte. Er reckte seinen Arm über die Stuhllehne und riß heftig an dem leicht verschossenen Klingelzug.
    Der Regen machte ihn reizbar. Er hatte den Morgen verschlafen, am Nachmittag gelesen und umständliche, handschriftlich abgefaßte Staatspapiere
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