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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen
Autoren: Virginia Kantra
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menschlichen Ehemannes. Nach ihrem Tod hatte Conn den Jungen unter seine Fittiche genommen. Dylan musste trotzdem erst noch beweisen, was außer den Kräften, die jeder Selkie besaß – sexuelle Verführungskunst und ein wenig Wetterzauber –, in ihm steckte. Aber er hatte bereits seinen Mut und seine Loyalität demonstriert; und in der augenblicklichen Lage musste sich Conn ohnehin dessen bedienen, was zur Hand war.
    »Ihr habt nach mir schicken lassen, Lord?«, fragte Dylan.
    »Ja«, antwortete er knapp. Er milderte seinen Tonfall. »Ich muss dir etwas zeigen.«
    Dylans Blick flog über die Karte, die den gesamten Schreibtisch bedeckte. »Seit wann sind wir auf die Landkarten der Menschen angewiesen?«
    »Sie dient meinen Zwecken«, erwiderte Conn.
    »Die da wären?«
    Statt einer Antwort spreizte Conn die Hände auf dem Schreibtisch. Er bündelte seine Gabe und fügte das, was er mit ihrer Hilfe aufspürte, den Informationen hinzu, die bereits in der Karte enthalten waren. Allmählich füllte sie sich mit Leben; Farben wurden sichtbar wie Sterne am Nachthimmel und bildeten Streifen und Trauben aus Licht.
    Dylans Augenbrauen zuckten nach oben. »Beeindruckend. Was ist das?«
    Conn ballte die Fäuste, ohne auf die schwachen Kopfschmerzen zu achten, die sich bei der Ausübung von Magie stets bei ihm einstellten. Die Landkarte pulsierte vor Farben. »Grau« – ganze Schwaden von Grau – »markiert menschliche Siedlungen. Blau steht für unser Volk.«
    Ein paar tausend verstreute blaue Lichtpunkte – zu wenige – gingen fast in der Weite der Meere verloren.
    »Die Kinder der Erde sind hier.« Conns Finger folgte der Spur des Grüns entlang den Bergketten und tippte auf die heiligen Orte der Sidhe. »Die Dämonen hier.« Mit einer großzügigen Handbewegung verwies er auf die Kinder des Feuers, die wie blutige Spritzer über Verwerfungslinien und Landformationen verstreut waren.
    Dylan trat näher an den Schreibtisch heran und kniff die Augen zusammen, während er die Karte absuchte. »Ich sehe die Kinder der Luft nicht.«
    »Weil sie nicht da sind. Engel mischen sich weniger häufig ein, als die meisten Menschen glauben. Oder gern glauben wollen«, entgegnete Conn trocken. »Außerdem ist es das Treiben der Dämonen, das mich beunruhigt.«
    »Wegen Gwyneth.«
    Conns Wut wallte auf, mächtig und schwerfällig wie Eis. Sechs Wochen zuvor war die Selkie Gwyneth von Hiort von einem Dämon in Menschengestalt an Land gelockt, ihres Fells beraubt, gefoltert und umgebracht worden.
    »Weil sie eine von uns ermordet haben«, pflichtete Conn ihm bei. »Und weil sie versucht haben, es den Menschen in die Schuhe zu schieben. Ich werde mich nicht durch eine List in den Krieg der Dämonen gegen den Himmel und die Menschheit hineinziehen lassen.«
    Dylan sah wieder auf die Karte und runzelte die Stirn. Die Dunkelheit, die Conn vorhin gespürt hatte, war nun ein roter Fleck vor der Küste von Maine. »Vielleicht habt Ihr keine Wahl. Wenn die Dämonen das Gleichgewicht stören …«
    »Margred hat das Gleichgewicht wiederhergestellt, indem sie Gwyneths Mörder an die See band.«
    Dylan hob eine Augenbraue. »Ein Leben für ein Leben?«
    »Gewissermaßen.« Elementargeister waren unsterblich. Die Selkie würde im Meer wiedergeboren werden; der Dämon jedoch war in alle Ewigkeit gefangen. Aus Conns Sicht ein Handel, der mehr als fair war. »Aber Margreds Tat hat ihre eigenen Konsequenzen.«
    »Ihr glaubt, dass sie in Gefahr ist?«, fragte Dylan scharf.
    »Ich glaube, dass sie es sein könnte.«
    »Rache?«
    Conn dachte nach. Die Dämonen wussten, was Gerechtigkeit war; sie wurden nicht von ihr beherrscht. Rache würde bei ihrer Reaktion sicherlich auch eine Rolle spielen. Aber sie wurden eher von praktischen Überlegungen geleitet. »Sagen wir besser, dass Margreds Demonstration ihrer Macht sie in Gefahr gebracht haben könnte.«
    »Warum erzählt Ihr mir das?«
    »Sie hat deinen Bruder geheiratet.«
    Dylan bleckte die Zähne. »Leider. Jetzt ist sie ein Mensch. Was heißt, dass ihre Entscheidungen und ihr Schicksal mich wirklich nichts mehr angehen sollten.«
    Oder Euch.
Die Andeutung hing unausgesprochen in der Luft.
    »Es sei denn, sie wäre schwanger mit dem Kind deines Bruders«, sagte Conn gleichmütig.
    Dylans blasses Gesicht wurde weiß. Da lauerten versteckte Gefühle, dachte Conn. Gefühle, die für seine eigenen Zwecke zu verwenden er keine Sekunde zögern würde.
    »Welchen Unterschied sollte das machen?«, fragte
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