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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen
Autoren: Virginia Kantra
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Dylan.
    »Das Blut deiner Mutter war stark. Ihre Gabe war mächtig. Es gibt Lieder …« Prophezeiungen oder Geschichten?, fragte sich Conn. Es war unmöglich, das anhand der Gesänge der Wale zu entscheiden. Die großen Säuger hatten noch weniger Vorstellungen von der Zeit als die Selkies. »Es gibt Geschichten darüber, dass eine Tochter aus Atargatis’ Abstammungslinie für immer das Gleichgewicht der Kräfte und das Schicksal ihres Volkes verändern könnte.«
    »Eine Tochter.« Dylans Augen waren schwarz. »Kein Sohn?«
    Conn konnte ihm seine Enttäuschung nachfühlen. Es wäre für sie beide besser gewesen, wenn Atargatis’ Macht auf einen Sohn übergegangen wäre. Auf Dylan.
    »Die Lieder sprechen von einer Tochter.«
    »Dann …« Dylan starrte mit düsterem Blick auf die rot gefärbte Landkarte von Maine. »Meine Schwester?«
    Conn schüttelte den Kopf. »Sowohl dein Bruder als auch deine Schwester sind Menschen. Bislang haben ihnen die Dämonen keine Beachtung geschenkt. Aber wenn dein Bruder ein Kind hätte …«
    »Oder ich.«
    »Ja. Ich hatte gehofft …« Conn brach ab. Er gestattete sich Hoffnung ebenso wenig wie Wut. »Eine Verbindung zwischen dem Blut deiner Mutter und Margreds Gabe könnte ein Vorteil für unser Volk sein. Oder eine Bedrohung für die Dämonen.«
    »Was soll ich Eurer Meinung nach tun? Meinem Bruder sagen, er soll seine Frau nicht vögeln?«
    Conn dachte kurz darüber nach. »Würde er denn auf dich hören?«
    »Nein.«
    Conn zuckte mit den Schultern. »Auch gut. Die Zahl der Unseren nimmt ab. Wir brauchen Kinder. Wir brauchen dieses Kind.«
    Dylan grinste höhnisch. »Vorausgesetzt, dass er es schafft, Margred zu schwängern.«
    »Vorausgesetzt, ihr Kind wird ein Selkie. Und ein Mädchen. Ja.«
    »Ihr setzt viel voraus.«
    Conns Mund verzog sich zu einem seltenen Lächeln. »Wie wahr.« Und wenige aus seinem Gefolge wagten es, ihm die Wahrheit zu sagen. »Und doch lockt irgendetwas die Dämonen nach World’s End. Ich will, dass du herausfindest, was es ist.«
     
    Dylan starrte seinen Prinzen an. Der Herzschlag dröhnte in seinen Ohren. Einen Augenblick lang fragte er sich, ob er Conn richtig verstanden hatte. »Das ist die Arbeit eines Wächters.«
    Der Blick des Prinzen war so klar und hell wie Frost und so tief und unermesslich wie die See. »Willst du dich etwa weigern?«
    »Ich … nein, mein Lord.« Er war verwundert, aber nicht verrückt. »Aber warum entsendet Ihr nicht einen von ihnen?«
    Die Wächter waren Conns Vertraute, seine Elite. Erwählt wegen ihrer Loyalität und der Macht ihrer Gabe, sicherten sie den Frieden für den Prinzen, indem sie sein Reich gegen die Verwüstung durch Menschen und Dämonen verteidigten.
    Seitdem er vierzehn Jahre alt war, hatte Dylan darauf gebrannt, zu ihnen zu gehören und das Mal der Wächter am Hals zu tragen.
    Es war bitter gewesen, sich damit abzufinden, dass er zu menschlich war, um ihre Kraft oder das Vertrauen des Prinzen zu erlangen.
    »Sie besitzen dein Wissen über die Insel nicht«, sagte Conn. »Und auch nicht deine Verbindungen.«
    Aus irgendeinem Grund tauchte vor Dylans geistigem Auge das Bild der Frau auf, der Kratzbürste mit dem Mal der Wächter am Handgelenk und dem festen Körper, der vor Energie strotzte.
    Sie hatten keine Bindung zueinander, dachte er. Er hatte nur Sex mit ihr gehabt. Er hatte Sex mit vielen Frauen.
    Und so verdrängte er die Erinnerung an ihre Stimme, die gesagt hatte:
»Du bist der Erste seit … langer Zeit.«
    Conn musste sein Schweigen als Widerspruch aufgefasst haben, denn er sagte: »Schließlich bist du dort aufgewachsen.«
    Dylan richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch. »Vor vielen Jahren.«
    »Deine Familie lebt dort.«
    Ein empfindlicher Punkt. »Das ist nicht mehr meine Familie. Ich bin jetzt ein Selkie.«
    Der Prinz studierte ihn mit kühlen, hellen Augen. »Und doch unterhältst du eine Menschenbehausung keine fünf Kilometer von dort entfernt.«
    Dylan wurde rot. Wie viel wusste Conn? Und wie viel davon nahm er ihm übel? »Die Insel hat meiner Mutter gehört.«
    »Und dein Vater hat das Haus darauf gebaut und eingerichtet.«
    Das hatte er nicht gewusst. Er sagte sich, dass es keine Rolle spielte. »Es ist ein praktischer Rastplatz«, erwiderte Dylan.
    »Natürlich ist es das«, stimmte ihm Conn zu. »Du wirst nämlich vielleicht eine Weile bei ihnen leben müssen.«
    Dylan schluckte. »Nach mehr als zwanzig Jahren werden sich die Leute auf der Insel wahrscheinlich
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