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Feuersturm: Roman (German Edition)

Feuersturm: Roman (German Edition)

Titel: Feuersturm: Roman (German Edition)
Autoren: Laura Bickle
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hereindrang, ihre Gedanken, während sie den Ort des Geschehens umkreiste. Sie schloss die Stimmen aus, die in den Raum hineinquollen, und lauschte auf das Knarren der von der Hitze verzogenen Bodenbretter unter ihren Füßen, während sie Jaspers Chaos näher in Augenschein nahm. Darauf bedacht, dass der Bildausschnitt jedes neuen Fotos sich mit dem des vorhergehenden überschnitt, verschlang das Objektiv ihrer Kamera die Bilder eines traurigen, gewöhnlichen Lebens: aufgestapelte Rechnungen; eine Wanduhr mit nachleuchtenden Ziffern, die leise tickend die Zeit herunterzählte; eine Rolle Briefmarken; ein Karton voller alter Schallplatten, deren Vinyl in der Hitze wellig geworden war.
    Ganz zu schweigen von den außergewöhnlichen Dingen, die sie mit der Kamera verewigte. Anyas Blick wanderte über die kunstvoll emaillierte Terrakottafigur eines Foo-Hundes mit einer gebrochenen Pfote; über eine Reißverschlusstasche aus Plastik, die mit antiken Münzen gefüllt war. Ein Zauberstab aus Marienglas, so lang wie ihr Unterarm und so schmal wie ihr Finger, ruhte auf einem abgenutzten Schreibtisch und glitzerte im letzten Sonnenlicht. In einer filigranen silbernen Flasche, so groß wie ihre Hand, steckte ein Stopfen, der an einer angelaufenen Kette befestigt war. In Anyas geschultem Blick waberten diese Gegenstände unter ihrer Staubschicht, pulsierten unter den Mysterien der Äonen und der ihnen innewohnenden Magie.
    Anya lugte durch die Lücke zwischen den Fensterläden. Auf der Straße konnte sie Marsh ausmachen, der sich drohend vor einem Mann mit einer Minicam aufgebaut hatte. Im Hintergrund spannten Polizisten ein gelbes Absperrband. Der Mann mit der Minicam gab sich unbeeindruckt, wenngleich Schweiß aus seinem gegelten Haar über seinen Nacken auf sein kostspieliges Jackett tropfte. Anya glaubte, in ihm einen der Sprecher der Abendnachrichten zu erkennen.
    Der Reporter musterte die Jalousien wie ein Bluthund, der eine Bewegung erahnte. Anya zog sich in den Schatten des Raums zurück, doch erst, als die Jalousien über die Oberfläche des Fensterbretts scharrten.
    In Häusern aus dieser Ära waren marmorne Fensterbretter noch weit verbreitet – weißer, von schwarzen Streifen durchzogener Stein. Aber etwas an dem Muster erregte ihre Aufmerksamkeit, und so zupfte sie sacht an der Schnur der Jalousie.
    Eine dünne Salzspur war auf das Fensterbrett aufgebracht und von dem sanften Wind kaum berührt worden.
    Anya setzte eine sorgenvolle Miene auf. Sie war keine Hexe, keine Magierin, aber sie erkannte einen Bann, wenn sie ihn vor sich sah. Bernard hatte sich davor gefürchtet, dass etwas Magisches in sein Haus eindrang … obwohl es im Haus bereits haufenweise magische Gegenstände gab.
    Es würde eine Ewigkeit dauern, diesen Tatort zu untersuchen und eine Ahnung davon zu bekommen, welches dieser Dinge sich Bernards Kontrolle entzogen haben mochte … so weit entzogen, um seinen Tod herbeizuführen.
    Das Objektiv auf die Decke gerichtet, schoss Anya ein Bild von der Glühbirne über der Couch. Die Glühbirne beunruhigte sie. Bei jedem normalen Feuer hätte die Hitze das Glas zum Platzen bringen oder es zumindest verformen müssen. Im Zuge einer Verformung hätte sich das Glas in die Richtung verdrehen müssen, in der die Hitze am stärksten war, die Richtung, in der sich der Zündpunkt des Feuers befand.
    Aber diese Glühbirne hatte sich geradewegs abwärts in Richtung Couch verformt. Wie eine Schweißperle auf der Nase eines Läufers war ein Stück Glas mitten im Herabrinnen erstarrt und deutete nun direkt auf Bernards spärliche Überreste.
    Doch dort konnte das Feuer nicht entstanden sein. Es konnte einfach nicht.
    Anyas Finger verkrampfte sich über dem Auslöser der Kamera, während sie den schmierigen schwarzen Fleck aus allen erdenklichen Winkeln fotografierte. Die Decke besaß einen vagen Glanz, beinahe, als wäre sie frisch gestrichen, und Anya musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. In dem ganzen Haus war seit Jahren nichts gestrichen worden. Konnten das Reste eines Brandbeschleunigers sein? Irgendeine exotische Chemikalie, die nicht so sauber verbrannt war, wie es Benzin oder Propan getan hätten?
    Der gleiche Glanz fiel ihr auf der Unterseite des Fernsehtischs auf. Blinzelnd musterte sie die Stelle, berührte sie. Sie war noch warm und roch nach Kerzenwachs und rohem Fleisch. Einigermaßen verblüfft erkannte sie, dass dies die Quelle des außergewöhnlichen Geruchs war, den sie beim Betreten des Hauses
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