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Feuersteine

Feuersteine

Titel: Feuersteine
Autoren: Chris P. Rolls
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Geräusche wichen zurück, verschwanden aus Aischas Bewusstsein, als ob jemand den Lautstärkeregler betätigt hätte. All die Menschen ringsum verloren an Bedeutung, verschwammen zu Schemen am Rande ihres Blickfeldes. Sie war der Magie dieser Augen verfallen, dem Zauber dieses Lächelns. Heißkalte Schauder rannen über ihren Rücken und sie hatte Mühe, ihre Beine anzuweisen, jene wenigen Schritte zu tun, die sie unwiderruflich in ihre Nähe bringen würden.
    „Hallo“, begrüßte die andere Frau sie. Ihre weiche Stimme! Sie klang in Aischas Ohren so, wie sie sie in Erinnerung behalten hatte. Genau so. Ein Lächeln hob Aischas Mundwinkel an.
    Sie hat mich wiedererkannt. Sie hat mich tatsächlich wiedererkannt, bemerkte sie fassungslos und glücklich zugleich. Herzschläge, gleich winzigen Trommeln in ihrem Innern, hoben und senkten ihre Brust. Der Stein schien zu vibrieren, sie näher zu ziehen und endlich überwand sie die letzten Schritte.
    „Hallo“, gab Aischa zurück, die Stimme zittrig in ihren Ohren, nicht jene selbstbewusste, oft kalt klingende, die in ihrem Berufsleben manchen verunsicherte. „Ich … habe länger her mal einen Stein bei Ihnen … gekauft“, erklärte sie stockend. Sie war sonst nie um Worte verlegen, hatte sich eine ganz andere Begrüßung zurechtgelegt, aber ihr Kopf war wie leergefegt.
    „Ja, ich weiß“, antwortete sie lächelnd.
    „Sie erinnern sich an mich?“ Aischa war verblüfft, angenehm gerührt. Schlagartig pochte ihr Herz schneller. Sie erinnerte sich an sie   …
    „Natürlich.“ Die andere Frau lächelte und streckte ihr die Hand hin. „Ich bin Lily und du hast einen Feuerstein bei mir gekauft. Ich hatte gehofft, dass ich dich irgendwann wiedersehen würde.“
    Perplex starrte Aischa sie an und es dauerte einen zu langen Moment, bis sie die dargebotene Hand ergriff.
    „Aischa“, murmelte sie, wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Lily lächelte, gab ihre Hand nicht sogleich frei: „Aischa ...“ Sie ließ den Namen über ihre Lippen gleiten, als ob sie ihn kosten würde. „Ein wundervoller Name.“
    „Mein Name und Aussehen sind Teil meiner türkischen Gene“, erklärte Aischa berührt. Sie hatte ihre Handschuhe nicht ausgezogen, vermeinte dennoch die Wärme der anderen Hand prickelnd durch die Maschen dringen zu spüren. Lily antwortete nicht sofort, zog ihre Hand nur langsam zurück.
    „Eine gelungene Mischung.“ Lily strich sich ihren Zopf zurück. „Hat dir der Stein gefallen?“
    „Ich trage ihn ständig“, gab Aischa lächelnd zu. „Er ist so etwas wie mein Talisman geworden.“ Lily nickte wissend.
    „Er war wie für dich gemacht. Er hat dich ausgesucht. Mich erinnert er sehr an deine Augen.“
    „Meine ...“ Aischa schluckte, beobachtete verwundert, wie Lily, den Kragen ihres Pullovers verschob, hineingriff und einen anderen Stein hervorholte. Es war beinahe der gleiche, offenbar eine weitere Scheibe desselben Steins, ebenso geschliffen und poliert, lediglich ein wenig kleiner als Aischas.
    Verblüfft starrte sie darauf. Das Auge auf diesem Stein war etwas anders, dennoch klar erkennbar. Und Lily trug diesen Stein ebenfalls an der Brust.
    „Diesen Steinen wohnt eine besondere Magie inne“, erklärte Lily ernsthaft. „Sie erschließt sich mir nicht vollständig, aber ich vertraue ihr. Der Stein hat dich ausgesucht. Hast du denn den Halt gefunden, den du suchst?“
    Verwirrt musterte Aischa sie. Dieses Gespräch verlief so ganz anders, als sie sich das ausgemalt hatte.
    „Ich … weiß nicht“, gab sie daher zu, spürte Lilys forschenden Blick auf sich ruhen und fühlte sich unbehaglich. „Ich glaube … noch nicht.“
    „Dein Freund war es nicht?“ Lilys Frage rührte in der alten Wunde. Aischa hob das Kinn, blickte sie geradeaus an und schüttelte den Kopf. Sich keine Gefühle anmerken zu lassen war etwas, was sie viel trainiert hatte. Wer schwach daher kam, wurde auch so behandelt und eine Frau hatte es immer schwerer, das hatte sie hart lernen müssen.
    „Nein. Er … war es nicht“, ergänzte sie dennoch.
    Lily nickte erneut wissend und trainierte Reflexe oder etwas anderes, was Aischa ihren Alltag in der Firma meistern ließ, rebellierte dagegen.
    „Ich habe einen sehr guten Job“, meinte sie, „verdiene gut, habe eine schöne Wohnung in Hamburg und bin sehr zufrieden. Ab und an ein wenig weniger Stress wäre gut.“ Sie lächelte, spürte überrascht, wie schwer es ihr fiel.
    Lily schien viel zu genau hinter ihre
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