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Feuersteine

Feuersteine

Titel: Feuersteine
Autoren: Chris P. Rolls
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wusste es mit absoluter Sicherheit.
    Atemlos blieb sie bei dem Papierschöpfer stehen und starrte hinüber. Sie war nicht zu sehen, saß vermutlich in demselben Stuhl, wie damals. Aischas Herz hüpfte freudig, pochte ängstlich im Wechsel und ein kalter Schauer rann über ihren Rücken.
    Oh, sie hatte sich diese Begegnung ausgemalt. Hunderte von Malen. Nachts, in den Dutzenden von Hotelzimmern, wenn sie nicht schlafen konnte. Wenn ihr der ganze hektische Tag noch durch den Kopf ging und sie mit Unbehagen an den folgenden dachte, hatte sie sich vorgestellt, wie es sein würde, wenn sie sie wiedertraf. Ihre Hand hatte auf dem Stein gelegen und sie hatte sich ausgemalt, wie sie lächeln, sie begrüßen würde, als ob sie sich wahrhaftig kennen würden. Wie Freundinnen.
    Wunschdenken, Fantasien, dennoch hatte es ihr geholfen, hatte sie schlafen, am folgenden Morgen wie gewohnt in ihre Rolle schlüpfen, sie ihre Karriere weiter vorantreiben lassen.
    Und nun würde sie sie wirklich wiedertreffen.
    Aischas Hände fühlten sich unter den Handschuhen feucht an. Nervös strich sie sich ihre Haare zurück, versuchte aus der sicheren Entfernung einen Blick auf ihre Gestalt zu erhaschen. Das Glück war mit ihr, denn mittlerweile waren hier recht viele Menschen und es fiel nicht auf, dass sie an den Angeboten an Papier und höchst dekorativen Notizbüchern wenig Interesse zeigte.
    Zwei Marktbesucher, ein junges Mädchen in Begleitung eines älteren Mannes, vielleicht ihr Vater, waren an dem Stand mit dem Steinschmuck stehengeblieben. Offensichtlich aufgeregt besah das Mädchen den Schmuck und Aischa schmunzelte, als ein entzückter Ausruf bis zu ihr herüber drang.
    Aischa erstarrte.
    Da war sie, trat aus den Schatten ihres Standes nach vorne. Die über die Gassen zwischen den Ständen gespannten Lichterketten beleuchteten hinreichend ihr Gesicht. Obwohl völlig unmöglich, vermeinte Aischa ihre wunderschönen, braunen Augen erkennen zu können, die jenem auf ihrem Stein so glichen. Tief innen loderndes Feuer.
    Sie hatte ihn so oft betrachtet, war in diese Tiefe eingetaucht und hatte sich eingebildet, sie würde sie durch den Stein ansehen. Jetzt, heute, wo sie sie endlich gefunden hatte, wagte sie kaum hinzusehen, fürchtete sich vor dem Moment, wo sie ihr begegnen würde. Es war eine Sache, Fantasien zu träumen, eine andere, sie in der Realität scheitern zu sehen.
    Verstohlen beobachtete sie die andere Frau.
    Sie trug ihre Haare heute zu einem Zopf geflochten, der seitlich über ihrer Schulter lag. Sie waren länger geworden, derselbe helle Braunton, durchzogen mit helleren Strähnen, die vielleicht noch dem Sommer geschuldet waren. Ein überaus schönes Lächeln lag auf ihren Zügen, welches Aischas Beine kaum merklich zittern ließ.
    Oh Gott, wie sehr hatte sie sich gewünscht, dieses Lächeln wiederzusehen.
    Neben ihr feilschte ein junger Mann mit dem Verkäufer um ein Set aus Briefpapier. Der penetrante Geruch von sehr unweihnachtlicher Currywurst schwebte mit einer Gruppe halbstarker Jugendlicher heran, die lachend vorbeigingen, doch Aischas Blick ruhte fest auf der anderen Frau. Sie zeigte dem jungen Mädchen ein weiteres Stück aus ihrem Angebot.
    Aischa gab sich einen Ruck. Monatelang wartete sie auf diesen Augenblick. Etwas in ihr wollte zurückweichen, gehen. Die Angst versteckte sich in ihrem Nacken, flüsterte ihr ein, dass sie nur enttäuscht werden würde. Aber sie war niemand, der sich einschüchtern ließ. Nicht in der Firma, nicht privat. Entschlossen ging Aischa los, den Blick fest auf die andere Frau gerichtet, die gerade die Kette in Seidenpapier einschlug.
    Gegen die kalte Witterung hatte sie sich in einen dicken, grünen Wollpullover mit einer schwarzen Weste darüber gehüllt. Die Kleidung verbarg viel von ihrer Figur. In ihren Träumen hatte Aischa sie sich schlank, zierlich vorgestellt, passend zu den schlanken Händen.
    Sie lächelte, überreichte die sorgfältig verpackte Kette dem strahlenden Mädchen, während ihr Vater befriedigt schmunzelnd bezahlte. Sie sah erst hoch, als Aischa nur noch wenige Schritte von dem Stand trennten. Deren Herz stockte, ihr Schritt verharrte. Braune Augen sahen sie an, schmale Augenbrauen hoben sich eine winzige Spur, das Lächeln verschwand, die fein geschwungenen Lippen teilten sich und Aischa vermeinte zu sehen, wie sich die Schultern unter der dicken Kleidung leicht senkten. Erstaunen verwandelte sich in ein feines, eigentümlich zufrieden wirkendes Lächeln.
    Die
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