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Feuersteine

Feuersteine

Titel: Feuersteine
Autoren: Chris P. Rolls
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Praktikum einen Fuß in ihre jetzige Firma bekommen. Sie waren dafür bekannt gewesen, dass sie perfekt zusammenarbeiteten und gut miteinander auskamen. Ihre Partnerschaft war kein Geheimnis gewesen. Jeder war davon ausgegangen, dass die beiden erfolgreichsten Führungskräfte auch privat so harmonierten.
    Nicht ganz abwegig, wenngleich es nur teilweise stimmte.
    Weihnachtliches Glockenklingeln direkt vor ihr lud Aischa, Kinder und mutige Erwachsene auf ein Karussell mit bunten Schlitten ein. Sie blieb stehen und sah den Kindern zu, die ihre Eltern so lange bedrängten, bis sie lächelnd zustimmten und in den bemalten Plastikschlitten Platz nahmen. Die einsetzende Musik klang blechern, doch wen störte es, wurde sie doch von allen Seiten durch andere bekannte Weihnachtsmusik fast übertönt.
    Frank hatte nur diesen einen Weihnachtsmarkt mit ihr besucht. Vermutlich nur, weil es eine gewisse Ablenkung zu der anstrengenden Schulung gewesen war, zu der ihre Firma sie in die kleine mecklenburgische Stadt eingeladen hatte. Nach stundenlangen Vorträgen, Gesprächen und zu vielen Menschen in schlecht belüfteten Räumen, hatte Frank nur zu gerne zugestimmt, mit ihr über den nahegelegenen Weihnachtsmarkt zu schlendern, nur um auf andere Gedanken zu kommen.
    Aischa war als Kind schon ab und an auf dem Hamburger Dom gewesen und erinnerte sich gerne daran. Sie und Frank waren von Stand zu Stand gewandert, hatten gebrannte Mandeln gegessen, Glühwein getrunken und sich – natürlich – über Geschäftliches und die Schulung unterhalten. Im Grunde gab es selten andere Themen; für sie beide war die Firma und ihre Karriere das wichtigste im Leben. Dahinter stand alles zurück.
    Aischa zog sich fröstelnd den Kragen ihres Wollmantels höher und blieb an einem Stand mit kunstvoll gefertigten Kerzen stehen. Der Geruch von Bienenwachs schwebte heran, simulierte das Gefühl der Behaglichkeit eines warmen Abends an einem lodernden Feuer.
    Sieben Monate war es nun her, dass der Headhunter in ihrem Leben erschienen war und ihnen beiden ein extrem verlockendes Angebot gemacht hatte. Frank hatte zunächst abgelehnt, ihr gegenüber auf die Treue zu ihrer Firma, der sie und er alles verdankten, hingewiesen.
    „Wir schaffen es auch in unserer Firma ganz nach oben. Du und ich“, hatte er ihr abends ins Ohr geflüstert, nachdem sie sich geliebt hatten. Frank war kein schlechter Liebhaber, wusste, wie er sie berühren musste und Sex mit ihm war durchaus zufriedenstellend. Dass ihr etwas fehlte, hatte sie erst im Nachhinein bemerkt. Wie so vieles.
    Sie hatte am folgenden Tag das lukrative Angebot abgelehnt und sich mit Feuereifer in ein neues, eigenes Projekt gestürzt, dessen innovative Ideen allesamt von ihr stammten. Noch war es geheim und nicht ausgereift, sie wollte es der Firmenleitung stolz präsentieren, wenn alles vorbereitet war. Es würde ein großer Erfolg werden, dessen war sie sich jetzt schon sicher.
    Argwöhnisch war sie nicht geworden, nicht nachdem Frank sie daheim zu ihren weiteren Plänen bezüglich ihres Projektes befragt und sie ihm freudig und ausführlich davon erzählte hatte, nicht, als er sie am Flughafen nur mit einem flüchtigen Kuss verabschiedet hatte. Erst als sie eine Woche später abends müde und abgekämpft nach einem anstrengenden Meeting aus London heimgekommen war und die gemeinsame Wohnung leer vorgefunden hatte.
    Er hatte ihr nur einen Brief dagelassen. Kurz und knapp hatte er erklärt, dass er sich entschieden hätte, das Angebot des Headhunters für sich anzunehmen.
    „Danke für die schöne Zeit mit dir. Du wirst deinen Weg schon machen“, stand in seiner geraden, steril wirkenden Handschrift auf dem teuren Briefpapier. „Alles Gute.“
    Heuchler.
    Zorn überkam Aischa und sie presste die Fäuste fest zusammen. Verdammter Egoist. Frank hatte alle Unterlagen zu ihrem Projekt mitgenommen und es hatte sie nicht wirklich verwundert festzustellen, dass die Firma, die ihn nun als stellvertretenden Geschäftsführer eingestellt hatte, eben jenes Projekt lautstark bewarb. Zähneknirschend und ohnmächtig vor kalter Wut hatte Aischa erleben müssen, wie Frank ihre Ideen schamlos als seine ausgab. Es war ein großer Erfolg geworden. Natürlich.
    „Alles in Ordnung mit Ihnen?“ Aischa öffnete die Augen. Der Verkäufer der handgezogenen Kerzen sah sie besorgt an. Viele Fältchen umgaben seine Augen und sein Bart hätte durchaus einem der zahlreichen Weihnachtsmänner, die hier herumliefen, Ehre
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