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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau
Autoren: Federica de Cesco
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führte mich die Treppe hinauf, ins Zimmer. Allmählich fühlten sich mein Gesicht und mein Körper etwas kühler an. Manuel ließ mich sachte los. Er ging ins Bad und brachte mir ein nasses Handtuch und ein Glas Wasser, das ich in einem Zug austrank. Er wischte mir das Gesicht mit einem Tuch ab und lächelte mich an.
    »Besser?«
    »Besser«, flüsterte ich heiser.
    Ich schleppte mich ins Badezimmer, nahm eine heiße Dusche und zog frische Wäsche an. Dann legte ich mich ins Bett und schlief sofort ein.
    Zwei Stunden später vielleicht wachte ich auf. Es war kalt im Zimmer, aber Manuels schlafender Körper strahlte eine sanfte, tröstende Wärme aus.
    Trotzdem packte mich eine seltsame Unruhe. Etwas war nicht, wie es sein sollte. Mein ganzer Organismus schien irgendwie in Aufruhr. Tastend stand ich auf, ging ans Fenster. Im Restaurant war kein Licht mehr. In der pechschwarzen Finsternis funkelten die Sterne, und darunter schimmerte ein orangeroter Streifen. Plötzlich schoß eine Lavafontäne empor. Der Himmel leuchtete wie Karmesin, die Erde, die Steine lohten in roter Glut auf. Dann fiel die Flammengarbe in sich zusammen. Ich hatte mich nie vor dem Feuer gefürchtet – vor keinem Feuer. Aber heute nacht fürchtete ich mich. Ich fürchtete mich ganz entsetzlich. Warum nur? Auf diese Frage wußte ich keine Antwort. Ich rieb mir die Schultern mit kreisenden Bewegungen, flüchtete vor der Kälte wieder zurück in mein Bett. Im Schlaf streckte Manuel den Arm nach mir aus. Ich schmiegte mich eng an ihn, umströmt von seiner Wärme. Nach und nach beruhigte sich mein Herzklopfen, mein Atem ging wieder gleichmäßig. Ich fiel in tiefen Schlaf, aus dem ich erst erwachte, als die Sonne durchs Fenster schien. Da regte sich auch Manuel und wälzte sich herum. Wir schlugen die Augen auf, fast gleichzeitig, und blinzelten in einen Bergmorgen von schmerzhaft strahlender Kälte.

38. KAPITEL

    E insam, von Feuer umlodert, stand eine verdorrte Kiefer auf dem Hang.
    Das Magma zog sich als vielfältiges Glutgeflecht talabwärts und hatte den Baum umgangen, der sich wie ein schwarzes Gespenst an einen Felsblock klammerte. Weiter tiefer, wo die dänischen Forscher arbeiteten, füllte Lavageröll eine Schlucht und bildete eine Art Damm, der die andrängende Lava vorübergehend aufhielt. Nur einige Äcker und Weinbauten, mit ihren kleinen Steinmauern, waren unter den Schlacken begraben. Doch seit gestern hatte sich die Spalte vergrößert. Während wir mit unseren Messungen beschäftigt waren, schien die Masse dunkel und starr, doch sie qualmte noch. Und plötzlich brach die Lava wie eine Schlammkruste auseinander, und dickflüssiges Magma brodelte an die Oberfläche.
    Am Morgen beim Aufstehen hatte ich mich schwindlig und weich in den Knien gefühlt. Nachdem ich einen schwarzen Tee getrunken und etwas Brot geknabbert hatte, ging es mir wieder gut. Ich war froh, daß es eine Magenverstimmung war und nichts anderes.
    Martin ging uns aus dem Weg, setzte sich auch beim Frühstück an einen anderen Tisch. Offenbar wollte er es nicht auf die Spitze treiben. Dazu kam, daß wir beide beschäftigt waren. Ich protokollierte Notizen, während die Fotografen auf der ständigen Suche nach neuen Blickwinkeln über das Schlackengestein turnten; selbst gutes Schuhwerk wurde von scharfkantiger Lava schnell zerschlissen.
    Inzwischen war auch das Team vom Italienischen Fernsehen eingetroffen. Während wir arbeiteten, schleppte der Aufnahmeleiter schnaufend und schwitzend die Kamera auf seiner Schulter. Einige Techniker, mit Kabeln und Zubehör beladen, liefen neben ihm her, den Glutstrom entlang. Eine Reporterin stellte Fragen; die Wissenschaftler warfen sich bereitwillig in Positur. Nur Alain knurrte vor sich hin, sie sollten endlich verschwinden und uns in Ruhe arbeiten lassen. »Wir sind Geologen, keine Showbiz-Tunten!«
    Die Reporterin sah aus, als sei sie – frisch aus dem Schönheitsinstitut –
    für die Hochglanzseite eines Modejournals zurechtgemacht. Ihr Brushing war imposant, der Lippenstift perfekt – braunrot, der Lava angepaßt – und ihr Lächeln raubtierhaft. Sie hielt ein Mikrophon in der Hand, ein Tonbandgerät baumelte über ihrer Schulter. Sie stolzierte mit hochhackigen Stiefeln über die Schlacken und fragte, wollüstig schaudernd, ob Ortschaften bedroht seien. Der Aufnahmeleiter machte ein enttäuschtes Gesicht, als Aurelio die Gefahr als »nicht akut« bezeichnete. Das Fernsehen hatte einen Hubschrauber gemietet, der wie eine
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