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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut
Autoren: James Rollins
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Basketball-Spielfelds. Unmittelbar vor ihnen befand sich eine aus dem Gestein herausgemeißelte Grube. Der Granit wirkte verrußt.
    Charlie tastete blindlings nach Trents Arm. Der Griff seines Freundes war eisenhart, doch ihm zitterte die Hand. Trent konnte sich denken, warum.
    Die Höhle war nicht leer.
    Überall waren Tote, Männer und Frauen. Einige saßen im Schneidersitz da, andere waren zur Seite gekippt. Ledrige Haut spannte sich über die Knochen, die Augen waren leere Höhlen, die Lippen vertrocknet, sodass man die gelblichen Zähne sah. Alle waren bis zur Hüfte nackt, auch die Frauen, deren verschrumpelte Brüste flach am Brustkorb anlagen. Einige Tote trugen Federschmuck im Haar oder Halsketten aus Schmucksteinen und Tiersehnen.
    »Mein Volk«, sagte Charlie mit brechender Stimme, als er sich einer der Mumien näherte.
    Trent folgte ihm. »Bist du sicher?«
    Im Schein der Taschenlampe wirkte die Haut der Toten zu blass, ihr Haar zu hell. Aber Trent war kein Experte. Vielleicht hatte die warme, mit Mineralien angereicherte Luft die Toten ja ausgebleicht.
    Charlie untersuchte einen Mann, der einen schwarzen Federschmuck um den Hals trug. Er leuchtete ihn mit der Taschenlampe an. »Der hier ist rot.«
    Charlie meinte nicht die Haut des Toten. Das Haar, das am ausgedörrten Schädel klebte, hatte eine rotbraune Farbe.
    Trents Blick wanderte nach unten. »Guck dir mal den Hals an.«
    Der Kopf des Mannes lehnte an der Felswand. Unter dem Kinn war ein klaffendes Loch, man sah den Knochen und vertrocknetes Gewebe. Der Schnitt war vollkommen gerade. In den verhutzelten Fingern hielt der Mann ein Messer. Die Klinge wirkte wie poliert und funkelte im Schein der Taschenlampe.
    Charlie schwenkte die Lampe im Halbkreis. Auch andere Tote hielten Messer in ihren Knochenhänden, weitere Messer lagen auf dem Steinboden verstreut.
    »Scheint so, als hätten sie Selbstmord begangen«, bemerkte Trent verblüfft.
    »Aber warum?«
    Trent zeigte zum zweiten Zugang. An der anderen Höhlenseite führte ein finsterer Tunnel tiefer in den Berg hinein. »Vielleicht haben sie hier unten etwas versteckt, von dem niemand erfahren sollte?«
    Sie starrten in die Öffnung im Felsen. Ein Schauder wanderte von Trents Zehen nach oben. Er bekam eine Gänsehaut. Er und Charlie standen wie erstarrt da. Keiner von beiden wollte die Todeskammer durchqueren. Die Vorstellung, dass hier ein Schatz versteckt sein könnte, hatte auf einmal nichts Verlockendes mehr.
    Charlie brach das Schweigen als Erster. »Lass uns von hier verschwinden.«
    Trent hatte nichts dagegen. Ihm reichte es für heute.
    Charlie drehte sich um und ging zum Ausgang.
    Trent folgte ihm in den Gang hinein, blickte sich aber immer wieder um, als hätte er Angst, der Große Geist könnte von einem der Toten Besitz ergreifen und ihnen mit gezücktem Dolch hinterherschlurfen. Da er abgelenkt war, geriet er auf dem losen Geröll ins Stolpern. Er fiel auf den Bauch und rutschte ein Stück weit den steilen Gang hinunter.
    Charlie wartete nicht auf ihn. Offenbar hatte er es eilig, nach draußen zu kommen. Als Trent sich aufgerappelt hatte und sich den Staub von den Knien klopfte, hatte Charlie den Ausgang erreicht und sprang hinaus.
    Trent wollte sich lautstark bei ihm beschweren – da ertönte ein scharfer, zorniger Ruf. Da draußen war noch jemand. Es folgte ein hitziger Wortwechsel, doch Trent konnte nicht verstehen, worum es ging.
    Auf einmal knallte es.
    Trent schreckte zusammen und stolperte zwei Schritte in die Finsternis hinein.
    Als der Pistolenschuss verhallt war, senkte sich lastende Stille herab.
    Charlie …?
    Zitternd vor Angst wich Trent vom Eingang zurück. Da seine Augen sich inzwischen auf die Dunkelheit eingestellt hatten, erreichte er die Mumienkammer, ohne Lärm zu machen. Am Rand der Kammer hielt er inne, gefangen zwischen der Dunkelheit in seinem Rücken und der Gefahr dort draußen.
    Die Stille vertiefte, der Zeitablauf verlangsamte sich.
    Auf einmal hörte er ein leises Schlurfen und Scharren.
    O nein.
    Jemand kletterte in die Höhle. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich weiter in die Finsternis zurückzuziehen – doch er brauchte eine Waffe. Als er einem Toten das Messer entwand, brachen dessen Finger wie trockenes Reisig.
    Trent schob das Messer hinter seinen Gürtel und suchte sich einen Weg zwischen den Toten hindurch. Die Arme hatte er vorgestreckt und streifte mit den Fingern an spröden Federn und drahtigem Haar
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