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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut
Autoren: James Rollins
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worden. Die Leichen hatte man mit dem Hubschrauber in die Gerichtsmedizin von Salt Lake City gebracht. Im Autopsiebericht war von Demenz aufgrund chronischen Alkoholmissbrauchs die Rede. Daraufhin erschienen Kommentare in regionalen und überregionalen Zeitungen, die auf den Alkoholmissbrauch der amerikanischen Ureinwohner abhoben und häufig mit der Karikatur eines betrunkenen Indianers illustriert waren.
    Das war wenig hilfreich. Maggie war sich bewusst, dass man mit solchen Themen behutsam umgehen musste, zumal hier in Utah, wo Indianer und Weiße auf eine blutige, spannungsreiche Geschichte zurückblickten.
    Das aber war nur ein Teilaspekt des politischen Morasts. Schließlich ging es auch noch um die anderen Toten, die man in der Höhle gefunden hatte – um Hunderte Mumien.
    Hank deutete auf den Pfad, der zur Höhle hinunterführte. Sein Hund übernahm die Führung und trottete mit aufgerichtetem Schweif voraus. Hank folgte ihm. »Die Gutachter haben den Bericht heute Morgen verfasst. Hast du ihn schon gelesen?«
    Maggie schüttelte den Kopf und setzte sich ebenfalls in Bewegung.
    »Den Gutachtern zufolge liegt der Höhleneingang auf bundesstaatlichem Territorium, das Höhlensystem erstreckt sich jedoch bis ins Indianerreservat.«
    »Das erschwert die juristische Bewertung.«
    Er nickte. »Auf lange Sicht macht das sowieso keinen Unterschied. Ich habe den Schriftsatz der Indianerbehörde gelesen. Den Dokumenten aus dem Jahr 1861 zufolge gehört das Land hier zu den Reservaten der Uintah und der Ouray. Seitdem wurden die Reservatsgrenzen jedoch aufgeweicht, und das Gebiet ist geschrumpft.«
    »Das bedeutet, die Indianerbehörde kann berechtigte Ansprüche auf den Inhalt der Höhle geltend machen.«
    »Das hängt auch noch von anderen Faktoren ab: vom Alter der Mumien, vom Zeitpunkt der Bestattung und natürlich von der Beantwortung der Frage, ob es sich überhaupt um amerikanische Ureinwohner handelt.«
    Maggie nickte. Das war der Hauptgrund, weshalb man sie hinzugezogen hatte: Sie sollte die ethnische Zugehörigkeit der Toten bestimmen. Gestern hatte sie bereits eine erste flüchtige Untersuchung durchgeführt. Der Haut- und Haarfarbe sowie der Beschaffenheit der Gesichtsknochen nach zu schließen, handelte es sich bei den Toten um Europide, während Artefakte und Kleidung auf Indianer hindeuteten. Alle weiteren Untersuchungen – DNA-Analysen, chemische Tests – wurden durch die juristischen Auseinandersetzungen behindert. Der NAGPRA, der Native American Graves Protection und Repatriation Act, verbot es ihnen, die Mumien zu verlegen.
    »Genau wie damals beim Kennewick-Mann«, sagte Maggie.
    Hank blickte sich fragend zu ihr um.
    »Im Jahr 1996 wurde an einem Flussufer in Kennewick, Washington, ein altes Skelett entdeckt. Der Gerichtsanthropologe, der es untersuchte, kam zu dem Schluss, es handele sich um einen Europiden.«
    Hank zuckte mit den Schultern. »Ja, und?«
    »Die Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass das Skelett über neuntausend Jahre alt war. Somit war dies einer der ältesten menschlichen Knochenfunde in Amerika. Die europiden Merkmale lösten ein gewaltiges Interesse aus. Der vorherrschenden Lehrmeinung zufolge wurde der amerikanische Kontinent von Menschen besiedelt, die über eine Landbrücke von Russland nach Alaska gekommen sind. Das Skelett mit den europiden Merkmalen widerspricht dieser Aussage. Es könnte dazu führen, dass die Frühgeschichte Amerikas neu geschrieben werden muss.«
    »Wie ging es weiter?«
    »Fünf ortsansässige Indianerstämme erhoben Anspruch auf die sterblichen Überreste. Sie wollten per Gerichtsbeschluss durchsetzen, dass sie ohne weitere wissenschaftliche Untersuchungen bestattet werden. Der Rechtsstreit dauert immer noch an. Es gibt in Nordamerika noch weitere Funde von menschlichen Überresten mit europiden Merkmalen, um die ebenso erbittert gestritten wird.« Sie zählte sie an den Fingern ab. »Die Spirit-Cave-Mumie aus Nevada, der Oregon’s-Prospect-Mann, die Arlington-Springs-Frau. Die meisten dieser Überreste wurden niemals eingehend untersucht. Andere wurden in anonymen Indianergräbern bestattet.«
    »Dann können wir nur hoffen, dass es hier nicht wieder so ein Durcheinander gibt«, meinte Hank.
    Sie waren am Grund der Schlucht angelangt. Kawtch erwartete sie japsend; die Zunge hing ihm aus dem Maul, sein Schweif wies nach oben.
    Maggie verzog das Gesicht, als sie den Geruch nach faulen Eiern bemerkte, der von der heißen Quelle ausging. Ihr Gesicht
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