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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut
Autoren: James Rollins
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rannten die Treppen hinauf und hinunter, Touristen posierten für Erinnerungsfotos, mit Plakaten bewaffnete Demonstranten skandierten Parolen. Nach der Abgeschiedenheit in seinem Büro unter dem Smithsonian Castle hatte Painter Spaß an dem Gewusel und dem Durcheinander.
    Das hier war das amerikanische Leben in seiner ganzen Vielfalt und mit allen Auswüchsen, und so sollte es auch sein. Das war ein schönerer Ausdruck der Demokratie als die weihevollen parlamentarischen Regeln oder die politischen Spielchen, die unter der klassizistischen Kuppel stattfanden.
    Deshalb genoss er seinen Spaziergang trotz der Schwüle.
    Später wollte er mit Lisa zu Mittag essen, doch erst einmal musste er sich den Kopf freimachen. Bevor er tätig wurde, wollte er sich das Gemälde ansehen. Außerdem wusste er gar nicht, wo er anfangen sollte. Bislang hatte er noch niemandem von seiner Entdeckung berichtet, auch nicht den engsten Mitarbeitern von Sigma.
    Nicht, dass er ihnen misstraut hätte, doch sie hatten im Moment genug eigene Sorgen. Monk hatte ein Töchterchen bekommen, Harriet. Heute Morgen hatte er seine Kündigung eingereicht. Painter hatte sie zu den Akten genommen, ihn aber überredet, erst einmal Elternurlaub zu nehmen und seine Entscheidung zu überdenken. Vielleicht würden das Kindergeschrei, das Wechseln der Windeln und die lange Untätigkeit ja einen Sinneswandel bewirken, doch Painter hatte da so seine Zweifel. Monk war im Grunde seines Herzens ein Familienmensch. Und vor einer Woche hatten sie alle erlebt, welche Folgen ein Doppelleben haben konnte.
    Dann war da noch Gray. Im Moment war er in Verzweiflung versunken, doch wie würde er aus seiner persönlichen Krise hervorgehen? Würde er stärker sein oder ein gebrochener Mann?
    Kommt Zeit, kommt Rat.
    Deshalb wollte Painter sich im Moment unter allen Umständen bedeckt halten. Auch sein Besuch im Kapitol war nicht ohne Risiko, doch das musste er eingehen.
    Er trat unter die Kuppel und in die Rotunde. Der gewaltige Raum hallte wider von Stimmenlärm. Er stieg zur Gemäldegalerie im ersten Stock hoch, wo die Kuppelwände gesäumt waren von dreieinhalb mal fünfeinhalb Meter großen Bildern. An der Südseite wurde er fündig. Das hier war das berühmteste der hier versammelten Gemälde: die Unabhängigkeitserklärung von John Trumbull.
    Als er davorstand, spürte er den Hauch der Geschichte, der das ganze Gebäude durchwehte. Er betrachtete die Pinselstriche, die der Maler vor Jahrhunderten eigenhändig auf die Leinwand aufgebracht hatte. Doch hier waren auch noch andere Hände im Spiel, die vielleicht ebenso großen Einfluss auf das Bild genommen hatten wie Trumbull selbst. Painter stellte sich vor, wie Jefferson Trumbull bei der Erschaffung seines Meisterwerks angeleitet hatte.
    Er betrachtete jeden Quadratzentimeter des Bildes, stellte die Verbindung mit der Vergangenheit her.
    Das Thema des Bildes war die Erklärung der Unabhängigkeit vor dem Kongress. John Trumbulls Absicht war es gewesen, zum Gedenken an jenes epochale Ereignis alle Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung auf diesem einen Gemälde zu verewigen. Allerdings hatten nicht alle Unterzeichner darauf Platz gefunden. Merkwürdigerweise hatte er zudem fünf Personen abgebildet, die gar nicht zu den Unterzeichnern der endgültigen Fassung gehörten.
    Warum hatte er das getan?
    Diese Frage hatte schon viele Historiker beschäftigt.
    Bei seinen Recherchen hatte Painter herausgefunden, dass John Trumbull selbst darauf eine Antwort gegeben hatte, die aber alles andere als zufriedenstellend war. Und es war Thomas Jefferson gewesen, der Herr der Chiffren und Geheimschriften, der die Vollendung dieses Meisterwerks beaufsichtigt hatte.
    Gab es also noch eine andere Erklärung?
    Meriwether Lewis hatte das jedenfalls geglaubt.
    Wie Painter das Ölgemälde so betrachtete, ging ihm die Beschriftung des Büffelfells durch den Sinn, die man inzwischen entziffert hatte: Jefferson wird ihren Namen in Farbe kundtun. Finden könnt Ihr ihn folgendermaßen: Wendet die Bulle und nehmt die fünf, die nicht dorthin gehören. Ordnet ihre Vornamen nach den Buchstaben G, C, R, J, T. Weiteren Aufschluss bringen die Ziffern 1,2, 4, 4, 1.
    Es war nicht schwer, diesen Code zu entschlüsseln.
    Wendet die Bulle, bezog sich natürlich auf Trumbull, der im frühen Amerika zahlreiche Auftragsgemälde angefertigt hatte.
    Findet die fünf, verwies auf die fünf Nicht-Unterzeichner, die auf dem Gemälde dargestellt waren.
     
    John
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