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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut
Autoren: Vonda N. McIntyre
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an. „Kommst du mit …?“
    „Ich denke …“ Wind. Salziger Schaum in ihrem Gesicht. Verlockend. „Ich denke, es ist besser, wenn wir jetzt beide für eine Weile allein sind.“
    „Ja“, sagte er dankbar. „Ich glaube …“ In seiner Stimme schwang Enttäuschung mit. „Du hast recht.“ Der dicke Teppich verschluckte das Geräusch seiner Schritte.
    „Radu …“
    Er blieb stehen und wandte sich um. Schweigend blickte er sie an, und sie hatte das Gefühl, daß die Barriere, die er wieder aufrichtete, noch so zerbrechlich war, daß ein einziges Wort sie einreißen konnte.
    „Nichts … ich wollte nur … ach ja. Nimm mein Cape, wenn du willst. Es ist bestimmt kühl an Deck.“
    Er nickte schweigend und ging.
    Laenea ging zum Swimming-pool und schwamm ein paar Runden. Sie fühlte sich in einer Falle und war wütend, weil sie keinen Ausweg sah, und wußte, daß es niemanden gab, der ihre Wut verdiente. Auf keinen Fall Radu. Und auch nicht die anderen Piloten, die sie oft genug gewarnt hatten. Nicht einmal die Administratoren, die auf ihre umständliche, bürokratische Art alles getan hatten, um ihre Transition so schwierig und langwierig wie möglich zu machen. Ihre Wut konnte sich nur gegen sie selbst richten, gegen ihre eigene Dickköpfigkeit. Aber auch das war sinnlos. Ihr ganzes Leben lang hatte sie ihre Fehler und ihre Erfolge nur sich selbst zuzuschreiben gehabt, zumeist aus reinem Widerspruchsgeist, weil sie versuchte, etwas zu tun, von dem andere behaupteten, daß sie es nicht schaffen könnte.
    Sie stieg aus dem Becken. Das Schwimmen hatte sie überhaupt nicht ermüdet. Die Wärme des Wassers hatte die letzten zurückgebliebenen Schmerzen und Verspannungen beseitigt, und sie fühlte, wie ihre Energie zurückkehrte.
    Sie zog sich an und verließ die Wohnung. Sie wollte Spazierengehen, bis ihre Erregung abgeklungen war und sie in aller Ruhe über ihr Problem nachdenken konnte. Aber sie wußte nicht einmal, wo sie nach einer Lösung suchen sollte, sie konnte sich keine Lösung vorstellen – zumindest keine glückliche.
     
    Stunden später, als in der Unterwasserstadt wieder die Nachtruhe eingekehrt war, ging Laenea in Kathells Wohnung zurück. Es war dunkel und still in den Räumen. Sie versuchte nicht, sich vorzustellen, wo Radu sein mochte. Sie wußte kaum noch, was sie selbst an diesem Nachmittag getan hatte. Sie erinnerte sich, mit einigen Menschen, denen sie zufällig begegnet war, höfliche, belanglose Worte gewechselt zu haben. Sie wußte noch, daß sie weniger höflich gegenüber einem Mann gewesen war, der sie gefragt hatte, wie man sich als Azteke fühlte. Aber sie wußte nicht mehr, in welcher Reihenfolge sich diese Ereignisse abgespielt hatten oder welche Worte sie gebraucht hatte. Und sie war einer Antwort um kein Stück nähergekommen. Die Hände in den Taschen vergraben, ging sie ins große Wohnzimmer. Sie wollte eine Weile im Dunkeln sitzen, durch die Glaswände ins Meer starren und nachdenken. Als sie vier oder fünf Schritte in den Raum getreten war, sah sie Radu. Er stand vor der Glaswand, eine dunkle, geheimnisvolle Silhouette in ihrem Umhang, und das bläuliche Licht glitzerte geisterhaft in seinem Haar.
    „Radu …“
    Er wandte sich nicht um. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie, daß sein Atem die Glaswand beschlug.
    „Ich habe mich zum Pilotentraining gemeldet“, sagte er tonlos. Laenea fühlte eine überströmende Freude, dann Ungewißheit, dann Angst um ihn. Sie erinnerte sich an das ekstatische Glückgefühl, das sie empfunden hatte, als die Administration sie zum Training zugelassen hatte. Radu lächelte nicht einmal. Wenn es eine Fehlentscheidung war, würde es ihn hart treffen, sogar härter, als eine endgültige Trennung sie beide treffen würde. „Und was ist mit Twilight?“
    „Das ist egal“, sagte er stockend. „Sie haben …“ Er erstickte fast an den Worten. „Sie haben mich abgelehnt!“ schrie er sie heraus.
    Laenea trat auf ihn zu und legte ihre Arme um ihn. Die feinen Linien um seine Augen waren schärfer geworden, eingeätzt von dem Gefühl der Verzweiflung, des Versagens. Sie fuhr mit der Hand über seine Wange. Er wandte sich um, schlang die Arme um sie und drückte das Gesicht an ihre Schulter. „Sie haben mir gesagt … daß ich an unsere vier Dimensionen gebunden bin … Daß ich zu abhängig vom Tag-Nacht-Rhythmus sei … Daß mein zirkadischer Rhythmus zu stark sei … Sie haben gesagt …“ Seine Stimme wurde
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