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Feuerbande

Feuerbande

Titel: Feuerbande
Autoren: Birgit Otten
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geradewegs zu mir und legte die Hand auf meine Schulter unter den Decken, die doch nicht zu wärmen vermochten.
    „Sei beruhigt, Caitlín“, sprach er leise. „Er kam tatsächlich wieder dorthin, als ob nichts geschehen wäre. Bei den Stürmen über dem Meer, er stürzte sich auf mich, als er begriff, und er war stark. Verdammt stark. Es gab einen heftigen Kampf, doch ich konnte ihn schließlich beenden.“ Dabei warf er einen Seitenblick auf sein fleckiges Schwert. „Er wird dir nie wieder schaden. Dir nicht und niemandem von uns.“
    Meine Mutter schaute von einem zum anderen, und ich schloss die Augen und drehte mich zur Wand, während ich nur wünschte, die warmen Finger des Schlafes würden nach mir greifen und mich mit sich hinüberziehen in ein Vergessen, in dem ich Heilung finden konnte.
    Doch vergessen werde ich es niemals können, und es dauerte lange, bis ich genas.
     
    Ich gehe nicht mehr auf den Hügel, den sie jetzt Knock-na-Bèist nennen, den Hügel des Ungeheuers. Ich gehe nicht mehr zum Loch-à-Mhuleinn. Ich sitze hier und spinne mein Garn, und draußen, irgendwo, weiden die Schafe, hier und in einer anderen Welt.
     
    (Nach einer schottischen Sage der Insel Lewis)
     
     

Magische Zeiten
     
    Es war an einem der frischen Vorfrühlingstage, als ich den Acker von Lord Hrothgar pflügte. Ich hasste ihn und ich hasste diese Arbeit, doch mir blieb leider keine Wahl, was das Ganze nicht unbedingt angenehmer machte. Mein Vater hatte sein Land gepachtet, und ein Teil der Pacht bestand aus Diensten, abzuleisten auf den Besitzungen seiner Lordschaft.
    Ich hatte nichts gegen das Bewirtschaften von Land, und zu Hause war ich der Letzte, der sich vor notwendiger Arbeit drückte. Ich hasste es ganz einfach nur, für diesen Lord Hrothgar schwitzen zu müssen, damit der sich noch gemütlicher in seidenen Kissen räkeln und sich daran erfreuen konnte, wie Diener und Untergebene vor ihm buckelten. Manchmal ertappte ich mich bei dem Wunsch, Lord Hrothgar möge durch einen Fluch mit einem besonders schweren und unhandlichen Gerät sämtliche Äcker des Landes durchfurchen müssen, nicht eher Rast noch Ruhe findend, bis alles gründlich erledigt war. Vielleicht könnte man ihn dann im Anschluss daran auch noch alle Dächer neu decken lassen, oder die Kuhställe ausmisten. Etwas in dieser Art jedenfalls.
    Und das waren so die Gedanken, mit denen ich mir die Zeit vertrieb, während ich Stern und Rotfleck folgte, die vor dem Pflug einher trotteten. Und meinen Ärger darüber verdrängte, dass ich eigentlich gar keine Zeit dazu hatte, jetzt auf diesem endlosen Acker zu sein, weil mein Vater mich daheim viel nötiger brauchte. Manchmal stellte ich mir vor, Lord Hrothgar hätte seine Ländereien verzaubert, so dass sie immer größer würden, je länger man darauf arbeitete, so dass man niemals fertig wurde. Aber dann schaffte man es schließlich doch.
    Nur die Arbeit zuhause nicht mehr.
    Ein Geräusch brachte mich aus dem gewohnten Trott, das Schnauben eines Pferdes, und ich musste aufblicken. Wirklich, es war ein Reitersmann, der auf der Straße angehalten hatte, die hinauf zu Hrothgars Burg führte. Er sah aus, als warte er auf etwas, und die ganze Zeit schaute er dabei zu mir herüber. Wie lange er da schon gestanden und mich hier beobachtet hatte, wusste ich nicht, aber etwas an der Vorstellung ärgerte mich.
    „Du musst lernen, dein Temperament zu beherrschen“, hatte mir mein Vater schon unzählige Male eingebläut. Ich wusste selbst, wann das nötig war – der Reiter war offensichtlich ein Herr, und ich würde mich hüten, mit so jemandem Händel anzufangen. Also wendete ich den schweren Pflug und begab mich an die nächste Reihe – doch als ich das Ende des Feldes erreichte und wieder in Richtung der Straße kam, stand der Reiter noch immer dort und starrte mir unverändert entgegen.
    Ich beschloss, das nicht mehr zu ignorieren. Also ließ ich die Ochsen und den Pflug dort, wo sie waren, wischte mir die Hände an der Hose ab und ging raschen Schrittes hinüber zur Straße.
    „Kann ich Euch irgendwie helfen, Herr?“, fragte ich nicht sonderlich unterwürfig.
    „Wie ist dein Name?“, kam es herablassend. Er war wirklich ein Edelmann, ein feiner Geck in seidenen Kleidern, der sich ein Taschentuch vor die Nase hielt. Mich wunderte, dass so jemand überhaupt ohne Begleitung unterwegs sein durfte. Was war denn, wenn ihn eine Mücke stach, und nicht mal der Leibarzt war in der Nähe?
    „Jennan, Herr“,
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