Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerbande

Feuerbande

Titel: Feuerbande
Autoren: Birgit Otten
Vom Netzwerk:
sogar an seinen Stiefel und zuckte nur kurz, als ich das mürbe Leder zerriss und den Knöchel begutachtete, der tatsächlich stark geschwollen war und bereits in dunklen Blautönen schimmerte. Er hielt noch immer still, als ich etwas von der Salbe auftrug, die ich für Notfälle bei mir führte, falls eines der Tiere zu Schaden kam, wenn ich auf dem Feld arbeitete. Und er gab mir bereitwillig einen Streifen Stoff aus dem Innensaum seines Umhangs, mit dem ich den Knöchel verbinden konnte.
    Als ich mit meiner Arbeit fertig war und wieder davon hochschaute, merkte ich, wie sein Blick, nachdenklich jetzt, erneut auf mir ruhte, und in ihm lag Entschlossenheit.
    „Erklären“, griff er meine Frage von vorhin wieder auf. „Ja, vielleicht sollte ich das jetzt tun. Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren. Es gäbe noch die Möglichkeit...“
    Er rückte sich bequemer hin, und ich setze mich ihm zur Seite, zu neugierig jetzt, um mit dem Feld weiterzumachen. Er saß erst da und sah in die Ferne, und dann fing er an, zu erzählen. Dass er sich auf die Magie verstünde und zusammen mit seiner Tochter in einem Turm von dem leben würde, was er für seine Dienste erhielt und sie für ihre Arbeit im Dorf. Manche Auftraggeber kannte er nicht, und das waren die Wichtigsten. Er tat, was sie ihm auftrugen, und wurde gut dafür bezahlt. Sein Name war Aldric.
    Ich wusste nicht, was ich von all dem glauben oder halten sollte. Da kam so ein aufgeblasener Edelmann daher, und wenn man ihn ein bisschen anschubste, wurde er auf einmal zu einem kleinen dicken Kerl, der einem von Zauberern und Missionen erzählte, die er auszuführen hatte. Also, das war schon eine völlig verrückte Situation.
    „Und deshalb bin ich auch hergekommen“, fuhr Aldric gerade mit seiner Geschichte fort und rieb sich dabei den verbundenen Knöchel. „Lord Hrothgar erwartet seinen Bruder Raymon zu Besuch, angeblich will der die Ländereien inspizieren, die ihnen ihr verstorbener Vater hinterlassen hat und die Hrothgar für beide verwaltet. Tatsächlich aber geht es um mehr. Was genau, haben mir meine Auftraggeber auch nicht mitgeteilt, und ich will es auch gar nicht alles wissen. Aber er soll einen Brief von größter Wichtigkeit mit sich führen, und es ist ebenso wichtig, dass Lord Hrothgar diesen Brief nie erhält. Den Originalbrief, meine ich. Denn er soll ja auch nicht merken, dass man ihn betrogen hat. Zumindest nicht so schnell.“ Er schaute von seinem Knöchel auf und blickte mich an. „Verstehst du jetzt?“
    „Nein“, gestand ich.
    Er seufzte. „Na ja, man kann wohl nicht alles erwarten. Also nahm ich mir in einem Gasthaus ein Zimmer, von dem ich wusste, dass Lord Raymon dort Rast machen würde, und schickte ihn da, nun, in einen etwas längeren Schlaf.“ Er seufzte betrübt. „Um ehrlich zu sein, sollte er nur so lange außer Gefecht gesetzt bleiben, dass ich den Brief austauschen konnte. Aber etwas hab ich wohl falsch gemacht. Der Kerl schnarchte und schnarchte und wollte einfach nicht wieder wach werden. Also blieb mir nichts anderes übrig, als ihn im Gasthof zu verstecken, eine Magd dort zu bezahlen, auf ihn zu achten, und selbst seine Gestalt anzunehmen. Lord Hrothgar erwartet ihn zu dieser Stunde. Wenn er nicht kommt, wird er misstrauisch werden und ihn suchen, und wenn er ihn in dem Zustand findet, wird er noch misstrauischer werden und der ganze Schwindel fliegt auf. Und ich bin meine Auftraggeber los. Und ihr Geld. Schweinedreck!“
    Genau genommen, fluchte er noch heftiger, aber das will ich hier nicht wiedergeben. Es war schon so bemerkenswert, wie er sich ereiferte.
    „Und was wolltet Ihr dann von mir?“, wagte ich, seine Tirade zu unterbrechen.
    „Nun, ich musste doch testen, ob mein Verkleidungszauber überhaupt auf Fremde wirkt. Deshalb ließ ich Raymons Gefolge erst einmal im Gasthaus zurück und suchte mir einen Unbeteiligten. Das warst leider du. Ich musste doch sehen, ob ich so überzeugend bin, dass es andere täuschen würde, ehe ich damit zu Hrothgar ging und dem alles gleich auffallen würde.“ Und, nach einer kleinen Pause: „Ich mache das schließlich nicht jeden Tag, weißt du.“
    Ich starrte ihn ziemlich überrascht an. Seine Geschichte war ja schon wild und verrückt, aber ich musste ihm wohl glauben. Wenn er auch nicht gerade der Größte zu sein schien, was magische Kompetenz anging.
    „Und jetzt?“, fragte ich ihn pflichtschuldig. „Wie soll das jetzt weiter gehen?“
    „Nun“, machte er wieder,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher