Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerbande

Feuerbande

Titel: Feuerbande
Autoren: Birgit Otten
Vom Netzwerk:
leuchtenden, braunen Augen, die mich begrüßten, in sich hineinzogen, bannten, hielten...
    Ich spürte, wie ich errötete, und schämte mich gleichzeitig dafür.
    „Meinen Gruß“, sagte er und blieb vor mir stehen, und ich wünschte mir, er würde mich noch einmal so ansehen und fürchtete mich doch gleichzeitig davor. Ich war mir meiner schmutzigen, bloßen Füße bewusst, meines vom Wind zerzausten Haares, des alten, geflickten Rockes, den ich trug. Doch er lächelte freundlich und ging nicht fort, und er ließ sich neben mir im Gras nieder, als wäre das das Selbstverständlichste von der Welt, als hätten wir uns schon immer gekannt.
    Und ich wusste, ich sollte besser davonlaufen, doch ich konnte nicht, wollte nicht, und ich verspürte noch immer keine Angst, obgleich dies alles mehr als ungewöhnlich war.
    „Meinen Gruß dir ebenfalls“, antwortete ich deshalb höflich. „Bist du von Fearghals Hütte gekommen? Hat dich jemand zu mir herauf geschickt?“ Denn außer dem alten Fearghal wohnte niemand sonst hier in der Nähe.
    Er schaute mich an. Seine Augen lächelten. Mein Magen glühte wie meine Wangen, und meine Hände verknoteten den Faden, den sie immer noch hielten, zu einer wirren, untrennbaren Masse.
    „Ich bin bei Fearghal zu Besuch“, erklärte er. „Der Sohn seiner Schwester drüben vom Festland. Ich soll ihm eine Weile helfen, weil er erkrankt ist und sein Tagwerk nicht mehr allein verrichten kann. Und weil heute ein so schöner Tag ist, bin ich einmal losgezogen, die Gegend näher kennenzulernen.“
    „Ich wusste gar nicht, dass Fearghal eine Schwester auf dem Festland hat“, murmelte ich, weil mir nichts Besseres einfallen wollte. Aber dass er krank war und Hilfe brauchen konnte, das stimmte. Sein Husten wurde immer schlimmer.
    „Mein Onkel spricht nicht viel über seine Familie, nicht wahr? Er spricht überhaupt nicht viel. Ich bin froh, wenn ich mich mal mit jemand anderem unterhalten kann.“
    Wieder lächelte er mich an, und ich lächelte zurück, weil ich einfach nicht anders konnte.
    „Wie heißt du?“, fragte er. „Bist du öfter hier?“
    „Caitlín McRuadhrigh“, sagte ich. „Immer, wenn gutes Wetter ist.“
    „Dann wird das Wetter gut sein“, lachte er.
    Und wir saßen lange und unterhielten uns, und die Zeit verflog so rasch, dass ich mich schon auf dem Heimweg mit den Schafen befand, ehe mir auffiel, dass er mir seinen Namen gar nicht verraten hatte.
     
    An diesem Abend aß ich kaum, und mein Bruder Donnchadh schaute mich in dem Dämmerlicht der Hütte an, doch meine Eltern merkten nichts davon, dass ich an kaum etwas anderes denken konnte als an ihn. In der Nacht schlief ich schlecht und träumte wirr, und am Morgen zog ich mit den Schafen los, dass es mir schien, als berührten meine Füße kaum das Gras, und doch schien der Weg endlos lang zu sein.
    Gegen Mittag kam er endlich, und wir teilten ein karges Mahl, doch für mich hätte es nicht köstlicher sein können. Wir redeten viel, und dann schwiegen wir wieder, und ich wünschte, er würde nie fortgehen müssen, doch gegen Abend war es dann wieder soweit.
    „Bis morgen“, sagte er und küsste meine Wange, ganz sacht, und mir war, als müsse ich brennen und als müsse jeder sehen, wie alles in mir loderte. Doch wieder merkten sie nichts daheim, und Donnchadhs Blicken wich ich aus.
    Am dritten Tag dann war es sehr warm, und das lag nicht nur an meinen Gefühlen. Die Sonne schien für diese Jahreszeit in ungewöhnlicher Stärke vom Himmel, und dafür war der Wind kaum zu spüren. Ich suchte mir einen Platz im Schatten des Hügels und wartete, und die Arbeit, die zu tun ich mir mitgebracht hatte, blieb unerledigt in ihrem Korb.
    Gegen Mittag kam er, fröhlich wie immer, und teilte seine Mahlzeit mit mir. Immer wieder sah er mich an und hielt meinen Blick, bis ich nicht mehr fortsehen konnte.
    „Was erzählst du eigentlich Fearghal, wohin du jeden Tag verschwindest?“, fragte ich, nur um irgendetwas zu sagen. „Solltest du ihm nicht behilflich sein?“
    „Das bin ich doch auch“, lachte er leise. „Doch allzu viel ist nicht zu tun, und der alte Mann schläft jetzt oft. Er lässt mich ziehen, wohin ich möchte.“ Er hob eine Hand und berührte meine Schulter. „Und kommen muss ich, Caitlín McRuadhrigh, die du mich verzaubert hast mit deinem Lächeln und deinen Augen wie dem Meer.“
    Ich ihn verzaubert? Mir schien es eher anders herum, doch mir war es recht, mir war es nur zu recht. Er hatte sich jetzt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher