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Feueraugen I. Das Dorf

Feueraugen I. Das Dorf

Titel: Feueraugen I. Das Dorf
Autoren: Alexander Zeram
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Jedenfalls waren's letzten Endes wohl nicht zehn oder fünfzehn Kilometer, mein Lieber eher zwanzig oder mehr!" Baldwins Rechnung scheint nicht aufgegangen zu sein. Seit mehr als zwei Stunden irren sie jetzt durch den Nebel und wahrscheinlich haben sie sich hoffnungslos verfahren.
    "Cassius, halte an und blinke kräftig! Rodolphe soll merken, dass wir ihm nicht mehr folgen. In seiner Sturheit fährt der einfach drauf los und verirrt sich." Baldwin wirft die Karte wutschnaubend hinter sich auf die Hutablage.
    "Ob sich Rodolphe wirklich verirren würde, Chef? Bisher hat er kein einziges Mal selbst die Richtung bestimmt. Immer nur wir - beziehungsweise ... sie!" Zeramov erntet einen giftigen Blick, als er dies ausgesprochen hat.
    "Anhalten, Cassius!" brüllt Baldwin plötzlich und trommelt mit beiden Fäusten auf die    Nackenstütze des Fahrersitzes ein. "Sofort an-halten und blinken, oder ich ...!"
    Cassius hat den Ernst der Situation begriffen und gehorcht prompt.
    Hart tritt er aufs Bremspedal; Baldwin und Zeramov -beide nicht angeschnallt- hebt es von den Sitzen.
    "Blödmann!" schimpft Zeramov, der sich den Kopf an der Wagendecke angestoßen hat. "Etwas weniger plötzlich wär's wohl nicht gegangen?"
    Kurz darauf stehen die beiden Wagen still und die ermüdeten Insassen vertreten sich die Beine. Nur Cassius und Zeramov sind in der Halbwärme des Mercedes verblieben.
    "Besprechen wir doch jetzt endlich mal, was es zu tun gibt!" mit diesen Worten wendet sich Baldwin an die Übrigen. Sie stehen dicht beieinander, so dass sie ihn alle gut hören können.
    "Wollen wir nicht lieber doch noch ein kleines Stückchen weiterfahren?" schlägt Marlène Lableue vor. Eine wärmende Stola hat sie eng um ihre Schultern gezogen. Dass ihr nicht gerade warm ist, kann man ihr leicht ansehen. Auch den Zweifeln um den weiteren Verlauf ihrer Unternehmung braucht sie nicht mit vielen Worten Ausdruck verleihen.
    "Merde!" kontert Michel. "Wir sind über fünfzig Kilometer gefahren und schon nach fünfzehn hätten wir bei diesem Schloss sein sollen. Es reicht!"
    Während die anderen noch diskutieren, hat Rodolphe bereits seine Ausrüstung abgeladen und ausgepackt. Sein Motorrad steht etwas abseits von den beiden Wagen neben einem hohen Busch und dort breitet er gerade einen Schlafsack auf dem feuchten Gras aus. An den Sinn einer Weiterfahrt bei Dunkelheit glaubt er bestimmt nicht. Außerdem hat er Hunger und in seinen Gepäcktaschen wartet Verpflegung. Wie er Baldwin kennt, wird die Diskutiererei noch einige Zeit in Anspruch nehmen - und eventuell auch nicht zu einem besonders akzeptablen Ergebnis kommen. Das ist ihm in jedem Fall zu lange. Also hat er sich völlig unabhängig von jeglicher möglichen Entscheidung des Chefs für die Nacht im Freien entschlossen.
    'Wird ja sowieso nichts. Auch wenn der Chef jetzt noch ein paar große Töne spukt – zum Schluss ... verkriechen die sich in die Wagen und pennen. Kann man einfacher haben.' denkt er sich.
    "Also ... was machen wir?" erkundigt sich Zeramov eben –ohne deshalb den Wagen zu verlassen- bei der unverdrossen aufeinander einredenden Gruppe.
    "Ja, was machen wir, Freunde?" Baldwin steht da und irgendwie hat es nicht den Anschein als würde er sie im nächsten Augenblick aufscheuchen und zur Weiterfahrt durch die neblige Nachtsuppe verdammen oder sonst einen verrückten Einfall präsentieren. Er ist offenbar ratlos. "In meinen Augen hat es wenig Sinn, in der Nacht und noch dazu bei diesen Witterungsverhältnissen weiter nach unserem Reiseziel zu suchen. Keiner von uns kennt sich hier aus und wir würden uns wahrscheinlich nur noch weiter verirren. Habe ich nicht recht? - Marlène? Signore? Docteur?"
    "Vellig richtig, Michel." Dr. Glücklich nickt ihm zu. "Wir missen uns holt damit abfinden. Die Nacht werd' ungemietlich genug."
    "Lassen wir uns nicht die Stimmung verderben - machen wir daraus, was eben geht." fügt Michel hinzu.
    Da steigt der hagere Ricci auf die Barrikaden. Vor Kälte zitternd steht er seit einiger Zeit da und hört dem wortreichen Hin und- Her skeptisch zu. Jetzt hat er genug.
    "Diavolo ... sollen wir vielleicht hier draußen im Nebel ein ... Camping machen, heh?"
    "Genau das, mein lieber Ricci!" Baldwin lächelt schwach. Dass man dies überhaupt bemerkt, liegt nur daran, dass sie alle im Scheinwerferlicht beider Wagen stehen und so zumindest ein kleiner Flecken in dieser trostlosen Gegend erhellt gehalten werden kann.
    "Wos bleibt uns auch anderes iebrig?" der
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