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Feueraugen I. Das Dorf

Feueraugen I. Das Dorf

Titel: Feueraugen I. Das Dorf
Autoren: Alexander Zeram
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alten, mit den Jahren fast völlig heruntergewirtschafteten Ford bei der Brücke sitzen fünf Personen. Alle rauchen Zigaretten und warten ungeduldig auf die Rückkehr Rodolphes.
    Zwei nicht mehr ganz junge Herren in dunklen Nadelstreifenanzügen haben auf dem Rücksitz eine reichlich geschminkte, wie zum Bühnenauftritt vorbereitete Dame zwischen sich. Mit geistreichen Bemerkungen ist die schon etwas reifere, aber immer noch sehr attraktive Blondine seit Längerem nicht mehr aufzuheitern.
    "Mon dieu, ça dure! Wir sollten zurück ins Dorf fahren." erklärt sie eben in einem Tonfall, der keine Zweifel offen lässt. Es klingt wie 'Jetzt warten wir schon fast zwei Stunden ...!' und wird auch so verstanden.
    "Ja, es dauert, ma chère!" bestätigt der Herr auf dem Beifahrersitz und wendet sich dabei halb um. Seine Flirts mit allem, was weiblich und attraktiv ist, haben ihm gewisse Verhaltens-weisen zur Gewohnheit werden lassen. Nur - in dieser Situation hat die Schöne keinen Nerv für seinen verschleierten Hundeblick.
    Gerade jetzt erreicht die Glut ihrer Zigarette, die sie mit silberner Spitze raucht, den Filter. Ein scharfer Geruch scheint die Nase des Fahrers gereizt zu haben.
    "Marlène, Ihr Filter macht an schrecklichen    Gestank!"
    "Jaja, schon gut, Docteur." Marlène reicht ihrem rechten Nachbarn die Zigarettenspitze zum Auslöschen. "Et alors? - Fahren wir?"
    "Dio, das wäre nicht fair!", kontert der Mann, dessen Körperumfang nahezu die Hälfte der Rückbank beansprucht. Weder ihm noch dem hageren Herrn auf der anderen Seite ist es allerdings peinlich, dass Marlène zwischen ihnen wie eingepfercht sitzt und sich kaum frei bewegen kann. "Wir haben Rodolphe gesagt, dass wir hier warten. Warten wir also! – Luigi, Feuer bitte."
    Der Hagere beugt sich übereifrig seinem Freund entgegen und drückt sich dabei auffällig an Marlènes Busen. Dass er kein Frauentyp ist, dafür kann er nichts. Seine plumpen Annäherungs-versuche hingegen verzeiht zumindest die selbstbewusste Französin nicht.
    "Ne me touche pas comme ça, salaud!" eine Ohrfeige bringt den beleibten Herrn ums Feuer für die Zigarette, die ihm Marlène jetzt auch noch -unabsichtlich wohl- mit einer Geste der Empörung aus der Hand schlägt.
    Erstaunt wenden sich die vier Männer Marlène zu.
    "Und lasst mich gefälligst in Ruhe! Das Warten ... ça me nerve!"
    "Quelle explosivité, wie man bei ihnen sagt,     Signora! Das steht ihnen sehr gut!"
    "Fordern Sie mich nicht heraus, Signore. Dieses Auto ist eine Zumutung. Warum haben Sie den Mercedes nur Baldwin überlassen? Die haben da zu dritt Platz en masse!"
    "Er, er war verrückt! Er hat dem Händler viel zu viel bezahlt." erwidert der Signore - etwas kleinlaut.
    "Und viel besser war der Mercedes auch nicht." fügt Ricci hinzu. "Das liegt am Baujahr, mecht ich meinen. Der Ford hier hat zwanzig Jahr' mehr auf dem Buckel." erklärt der Fahrer.
    "Tant pis!" Marlène winkt ab. "Michel, hast Du noch ein Pfefferminzbonbon für mich?" Mit diesen Worten beugt sie sich etwas nach vorne und lächelt dem Beifahrer zu.
    "Für dich immer, Marlène-cherie! "
    "Sie Glicklicher!" flüstert der 'docteur' und lacht knatternd vor sich hin. Er rechnet sich schon seit Langem keine mehr Chancen bei den Damen aus und hat wohl gut Lachen. Eine Schönheit scheint er übrigens nie gewesen zu sein, auch als Jugendlicher nicht, und das mag an die fünfzig Jahre her sein.
    Gerade als Michel, der Beifahrer, seine Rolle Pfefferminzdrops zurückbekommt, wird Ricci auf ein Licht jenseits der Brücke aufmerksam.
    "Das müssen sie sein! Cielo! - Zwei Stunden!"
    Es ist bereits dämmrig geworden und der dichte Nebel tut das Seine dazu, feste Konturen zu verschleiern. Die Insassen des Wagens verfolgen umso gespannter, wie der Lichtschein sich nähert.
    Kurz darauf bringt Rodolphe sein Motorrad nahe der Brücke zum Stehen. Baldwins Mercedes trifft etwas später ein.
    "Na, haben wir Euch doch noch gefunden!" mit diesen Worten verlässt Baldwin seinen Wagen und kommt mit ausgebreiteten Armen auf den Ford zu. Michel und Ricci sind unterdessen ausgestiegen. Reichlich verwundert sehen sie einander an.
    "Wir waren auf dem richtigen Weg!" erklärt    Michel.
    "Da ist die Bricke, Herr Baldwin. Mir hoben sie gefunden."
    "Einer von uns musste sie ja auch finden, mein lieber Doktor. Es gab ja nur zwei Möglichkeiten, wie?" kontert Baldwin und lacht selbstzufrieden.
    Inzwischen ist auch Zeramov herangekommen. Er gibt zu bedenken, dass es bald
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