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Feueraugen I. Das Dorf

Feueraugen I. Das Dorf

Titel: Feueraugen I. Das Dorf
Autoren: Alexander Zeram
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Thema.
    "Madame Lableue, lassen Sie endlich die Schlange in Ruhe. Sie hat bestimmt genug gehabt. – Und was sie nicht gleich verschlingt, wird sie sich vielleicht später vornehmen. Kommen Sie!" befiehlt Baldwin.
    Schweren Herzens trennt sich Marlène von dem 'süßen Tierchen' und steigt in den Ford zu den anderen.

-8-  Höllenfeuer und Schneegewitter
     
     
    "Überwältigend!" entfährt es Marlène.
    "Ja, ein großartiges Schauspiel!" bestätigt Baldwin. "Schon die Farben sind wunderbar. Es sieht noch dazu wirklich so aus, als würden da zwei Mächte miteinander ringen - die dunklen Wolken mit dem glühenden Rot des Nordhimmels. Cassius, nimm das in einer Totalen auf, klar?"
    "OK!" Der Kameramann sitzt auf der Kühlerhaube des Mercedes und führt ganz ruhig seine Kamera von Süden nach Norden, von Norden nach Süden und in einem weiten Bogen dann rund um ihren eigenen Standpunkt.
    "Der richtige Kampf kommt erst noch!" erklärt der Krämer nun. "Ach, wenn Großvater noch am Leben wär' ...er könnte uns so viel erzählen."
    "Und nicht nur zu diesem Spektakel!" folgert X.
    "Das ist wahr."
    Sie haben die Wagen vor den ersten Häusern des Dorfes angehalten, um sich den veränderten Himmel anzusehen. Im Norden flackert es glutrot, von Süden her schiebt ein starker Wind einen gewaltigen, bedrohlich Gewitterturm heran.
    Eigentlich sollten sie längst im Dorf und auch in der Herberge sein. Beim Gedanken an ein Gespräch mit dem Wirt ist ihnen jedoch allen nicht wohl.
    Wenn der Wirt hartnäckig bliebe? Wieder eine Nacht 'im Freien'?
    "Ich kann ihnen doch auch mein Haus als Unterschlupf anbieten." schlägt nun der Krämer vor.
    "Wo denken Sie hin, bester Freund?" Baldwin lächelt nachsichtig. "Jeden von uns verlangt es nach einem weichen Bett. Wir haben eine ziemlich ungemütliche Nacht hinter uns und außerdem wollen wir ihnen keine Umstände bereiten. Die Dörfler sind skeptisch. Wenn wir uns bei ihnen einnisten, gibt das vielleicht wieder Probleme. Nein, wir werden den Wirt schon 'rumkriegen ... mit ein paar Geldscheinen extra, wenn's nicht anders geht!"
    "Wie Sie meinen!" der Krämer zuckt mit den Achseln.
     
    *         *         *
     
    Wenig später halten sie vor der Herberge. Doch, noch bevor sie alle die Wagen verlassen haben, erscheint schon der Wirt. Zeternd und keifend folgt ihm seine Frau - einige Dorfbewohner lassen sich von dem Geschrei herbeilocken.
    "Macht, dass Ihr weiterkommt!" schimpft sie und stößt Baldwin wieder in seinen Wagen zurück, den er kaum verlassen hat.
    "Weg mit Euch... wir wollen keine Fremden mehr!" verkündet auch der Wirt.
    "Wollen Sie sich vielleicht einmal den Himmel ansehen, guter Mann? Wir können doch bei dem Sturm, der da aufzieht, nicht im Freien bleiben. Wir zahlen gut ... soviel Sie wollen ... aber lassen Sie uns die Zimmer nehmen, die Sie haben." Baldwin steigt nochmals aus dem Wagen und flieht dann sofort auf die andere Seite zu Zeramov.
    "Nein, wir haben genug! Jedesmal, wenn Fremde ins Dorf kommen, gibt's Scherereien!" zetert die Wirtin über das Wagendach hinweg. "Der Sturm ... schlimm genug für Sie... aber er kommt, weil Sie uns wieder Ärger gebracht haben."
    "Ich versteh' zwar kein Wort, aber vielleicht sollten wir's mit ein wenig Dramatik versuchen!" flüstert Zeramov seinem Chef zu und geht um den Wagen herum. Vor den Wirtsleuten beginnt er mit seinem Auftritt.
    "Haben Sie denn kein Herz in der Brust? Wohin sollen wir denn? Haben wir nicht schon unsere Strafe? Unser Kamerad ist verschwunden und nicht wieder aufgetaucht. Wollen Sie uns nun den bösen Mächten ausliefern? Weiß Gott, was geschieht, wenn wir uns nicht in Sicherheit bringen!"
    "Übertreiben Sie nicht, Zeramov!" raunt ihm X zu, der hinter ihn getreten ist.
    Der Wirt wird immerhin bereits stutzig, denn Zeramov ist unterdessen auf die Knie gesunken. Mit flehender Stimme stimmt er den zweiten Teil seiner Vorstellung an.
    "Frieren werden wir und der Sturm wird uns hart zusetzen. Am Morgen sind wir eingeschneit und vom Schnee einbalsamiert. Erfroren werden Sie uns in unseren Wagen finden und sich ein Leben lang Vorwürfe machen. Ihre Kinder werden sagen, dass Sie Hilfe Suchende in den Tod getrieben haben. Das Ende der Menschlichkeit wird ihnen zur Last geworfen werden. Am Jüngsten Tag noch wird man es ihnen ankreiden und deshalb verurteilen. -
    Ach, habt Erbarmen, liebe Leut'! Wir sind schlecht ... wir wissen das. Aber wir bereuen und werden das Dorf verlassen, sowie der Sturm vorüber
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