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Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Titel: Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
Autoren: Kera Jung
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aufzuholen, die er heute so sträflich vernachlässigt hat …

Ein phänomenales Chaos
    Dienstag, 16. März

    » K omm Schätzchen. Wir müssen uns beeilen, dein Daddy wartet.« Strahlend sieht er zu seiner Mommy auf.
    Sie ist so schön!
    Die schönste Frau der Welt – Daddy sagt das auch immer.
    Doch er geht diese Straße nicht gern entlang, sie ist dunkel und hier stinkt es so komisch. Jeden Abend nehmen seine Mommy und er den gleichen Weg und jedes Mal läuft er ein bisschen schneller. Mommy auch. Ständig sieht sie sich um und wirkt dabei so ängstlich.
    Andrew mag es nicht, wenn seine Mommy sich fürchtet.
    So rasch er kann, setzt er einen Fuß vor den anderen. Wenn sie erst in dem großen Raum mit den vielen Lichtern angelangt sind, ist Mommys Angst verschwunden.
    Dort befindet sich nämlich sein Daddy.
    Den Stein sieht er erst, als er ihm nicht mehr ausweichen kann. Die neuen Schuhe drücken ein wenig, aber das hat der kleine Junge seiner Mommy natürlich nicht gesagt. Sie waren teuer, wenn er ihr erzählt, dass sie schon wieder zu klein sind, wird sie traurig sein. Und er mag es nicht, wenn Mommy traurig ist ...
    Mit der Schuhspitze bleibt er an dem Stein hängen, genau dort, wo es drückt. Noch beim Fallen spürt er, wie der Stoff seiner Hose am linken Knie reißt und sich etwas Klebriges, Warmes an seinem Bein ausbreitet. Schon kniet seine Mommy besorgt neben ihm. »Hast du dir wehgetan?«
    Bevor er antworten kann, ist da plötzlich diese heisere Stimme.
    »O là là, Baby ...«
    Als er den Kopf hebt, blickt er direkt in blaue, kleine und böse Augen.
    Er will rufen: »Mommy, pass auf! Mommy, pass auf! Pass auf!« Aber er kann nicht. Sein Mund weigert sich, ihm zu gehorchen. Er will sich bewegen, aber er spürt seine Beine nicht mehr ...
    »Nein!«

    Der übliche Schrei hat ihn geweckt.
    Als er seine bebenden Hände auf die Stirn legt, ertastet er den gewohnten kalten Schweiß, und die Wangen sind nass von den vertrauten, ungewollten Tränen. Stöhnend schließt er die Lider, während er wie ein Karpfen nach Luft schnappt.
    ›Oh, scheiße Norton. Du bist im Arsch!‹
    Im Arsch – das beschreibt die Gesamtlage hervorragend.
    Es gibt Leute, die träumen von Geld, andere von Macht. Andrew besitzt Geld und Macht, sein größter Wunsch ist es, eine einzige Nacht durchschlafen zu können.
    Nur eine Einzige!
    Schnauze, Idiot!
    Ah, der DS ist eingetroffen. Wie nett.
    Reiß dich zusammen, Norton, du abgefuckter Idiot!
    ›Jawohl, Sir!‹
    Atemtechnik!
    Gehorsam versucht er, tief und gleichmäßig zu atmen, zwingt den Sauerstoff in seine Lungen, hält ihn, zählt bis fünf und stößt die Rückstände behutsam wieder aus. Es dauert eine Weile, bevor es funktioniert. Doch irgendwann ist er in der Lage, die Hände von den Augen zu nehmen. Eher desinteressiert sieht er zu seinem Wecker.
    3:24 am
    Als Johnson das Gerät auf seine Anweisung hin kaufte, stellte Andrew die korrekte Weckzeit ein. Nur für alle Fälle. Bisher ist er jedoch noch nie in die Verlegenheit gekommen, das Signal zu hören. Übrigens auch nicht von dessen Vorgängern. Er kommt ihnen immer zuvor.
    Phänomenal, Norton, du Idiot! Genau drei Stunden und siebenundzwanzig Minuten geschlafen. Mehr als jede Hure, du Glückspilz!
    Er nickt. Das ist nicht sein schlechtester Schnitt. Und die relativ kurze Nachtruhe birgt in sich durchaus Vorteile: Während seine ehrenwerten Versager von Vorstandsmitgliedern in ihren Betten liegen, ist er längst hellwach und an der Arbeit. Ganze Firmenübernahmen tätigte Andrew schon des Nachts. Die globalen Zeitzonen machen es möglich. Ja, er muss nicht Einstein sein, um zu wissen, dass
    seine nächtliche, eher unfreiwillige Freizeit bedeutenden Anteil an seinem Erfolg trägt.
    Und um ehrlich zu sein, ist er überhaupt nicht sicher, ob dieser längst verstorbene Nobelpreisträger tatsächlich der Bessere von ihnen beiden gewesen ist.

    »Haben Sie für den heutigen Tag bereits Pläne, Sir?«
    Während Andrew über diesen äußerst interessanten und völlig irrelevanten Satz nachdenkt, mustert er seinen Chauffeur ausdruckslos. Selbstverständlich hat er Pläne, sein Tag besteht daraus – nun, der größte Teil der Nacht auch. Bei den meisten wird Johnson allerdings weniger von Nutzen sein. »Weshalb fragen Sie?«, erkundigt er sich verhalten und mit scheinbar nicht vorhandenem Wissensdurst.
    Der Wagen – einschließlich Fahrer – hat ihm rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen, ohne dass ihm dämliche Fragen gestellt
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