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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt
Autoren: Brigitte Riebe
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dann würde ja auch dieser schleimige Salvatore ihre Mutter ungeniert weiter belästigen, wenn nicht gar mehr …
    Zwei Männerstimmen rissen sie aus ihren Gedanken.
    Die eine gehörte Marco Bellino, die andere hatte sie noch nie zuvor gehört. Tief klang sie und gelassen – da war er wieder, jener fremde Gondoliere von vorhin!
    »Ich kann Euch nicht mitnehmen.« Sah er dabei Milla an, oder hatte sie sich das nur eingebildet?
    Um ihn herum schien das Licht auf einmal ganz verändert, war weniger gleißend, als schimmere etwas Kühles, Bläuliches hindurch.
    Milla beschlich ein seltsames Gefühl, das sie noch nie zuvor empfunden hatte, doch Marcos Stimme holte sie wieder in die Wirklichkeit zurück.
    »Ihr seid leer, und ich muss dringend zum Hintereingang des Arsenals! Also macht gefälligst keine Umstände und lasst mich einsteigen!«
    »Nehmt eine andere Gondel. Oder schwimmt meinethalben. Ich stehe nicht zur Verfügung!« Jetzt klang der Fremde so scharf wie eine frisch gewetzte Klinge.
    »Hört zu, Gondoliere, meine Mission …«
    »Und wenn es der Heilige Vater höchstpersönlich wäre, der Euch befehligt – meine Antwort lautet Nein!« Abermals ein kurzer Blick zu Milla, den sie nicht zu deuten wusste.
    Sie sah, wie Marcos Kiefer zu mahlen begann. Seine Rechte hatte er unter der Schecke verschwinden lassen, als fürchte er, sie könnte sich sonst selbstständig machen. Sein ganzer drahtiger Körper schien unter Spannung zu stehen.
    »Ich bin es nicht gewohnt, dass man …« Marco verstummte.
    Ein seltsamer Tross bewegte sich auf die blaue Gondel zu. Voran schritt ein Mann mit öligen schwarzen Haaren, seine beachtliche Leibesmitte wurde von einer roten Schärpe geschmückt. Ihm folgte ein feengleiches dunkelhaariges Mädchen, an dessen schmalen Handgelenken bei jedem Schritt goldene Reifen klirrten. Sie schien mehr zu schweben als zu gehen, bis zu den Füßen in ein Gewand aus meergrünem Brokat gehüllt, das im Sonnenlicht mit dem leicht bewegten Wasser am Kai um die Wette glitzerte. Den Abschluss bildete ein braunhäutiger Junge in weißen Hosen und mit den größten Ohren, die Milla jemals gesehen hatte. Bronzenen Segeln gleich, standen sie nahezu waagrecht von seinem Kopf ab.
    Aber was war auf einmal mit dem Licht geschehen?
    Noch immer schien die Sonne hell und strahlend, und doch war Milla, als umgebe die Fremden ein zartes bläuliches Wogen, wie sie es sonst nur kannte, wenn sie in tiefes Wasser blickte. Uralte Geschichten schossen ihr durch den Kopf: von Meeresleuchten, geheimnisvollen Wesen, die die dunkle Tiefe bewohnten, und Schätzen, die am Grund auf Bergung warteten. All diese Legenden wurden auf den Inseln der Lagune während der dunklen Wintermonate gern weitergegeben, und bislang hatte Milla all das für Märchen und Fantasiegespinste gehalten, die man Kindern zum Einschlafen erzählte. Doch was sie nun zu sehen bekam, erschien ihr so wirklich, dass leichter Schwindel sie erfasste.
    Milla rieb sich die Augen.
    Das Blau war verschwunden. Erneut tauchte die hoch stehende Sonne alles in gleißendes Licht – und mehr gab es nicht zu sehen. Vermutlich hatten ihre überreizten Sinne ihr einen Streich gespielt.
    Der Gondoliere half beim Einsteigen und umarmte dabei das Trio freudig, während der Kater aufgesprungen war und sich zärtlich an den Beinen der Schönen rieb.
    »Wo habt ihr eure Sachen?«, hörte Milla ihn fragen, während er das Mädchen strahlend anlächelte, was ihr seltsamerweise einen Stich versetzte.
    »Alles schon auf dem richtigen Weg«, sagte der Mann, und seine hart klingende Sprechweise war ebenso auffällig wie sein exotisches Äußeres. »Ein verdammt gutes Gefühl, endlich wieder nach Hause zu kommen!« Sein Blick bekam etwas Suchendes. »Aber wo steckt denn unser lieber alter Freund? Es geht ihm doch gut?«
    »Bestens!«, lautete die Antwort. »Der Onkel erwartet uns bereits.«
    Jetzt schaute er nicht mehr zu Milla.
    Warum nur hatte sie auf einmal diesen schalen Geschmack des Verlusts im Mund, während sie der blauen Gondel nachschaute, die sich zwischen vielen anderen auf dem Canal Grande immer weiter von ihr entfernte?
    »Du kommst spät.« Die Stimme des Weißhaarigen war ebenso leise wie scharf. »Ich hatte dich früher erwartet.«
    Marco Bellino verscheuchte den Anflug von Unmut, der in ihm aufsteigen wollte. Wie hätte er ahnen können, was ihm bevorstand, als er vor wenigen Monaten das Arsenal zum ersten Mal betreten hatte? Inzwischen war er dem heimlichen Herrscher
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