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Feuer der Rache

Titel: Feuer der Rache
Autoren: Ulrike Schweikert
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Adoptiveltern sitzen in U-Haft. Die können froh sein, dass ich das Verhör nicht führe", grummelte der Besucher. „Ich wüsste nicht, wie ich mich zurückhalten sollte." Er schlug die Zeitung zu, faltete sie noch zweimal und schob sie dann auf den Stuhl neben sich, so als wolle er damit auch die Gedanken an diesen Fall aus seinem Kopf verbannen.
    „Und was habt ihr zurzeit auf dem Tisch?", fragte Sabine, nachdem sie Sönke zum zweiten Mal den Becher gefüllt hatte.
    „Die Messerstecherei auf dem Kiez. Einer war sofort tot, der andere wird wohl durchkommen. Bisher ist er allerdings noch nicht sehr mitteilsam. Die meisten Leute sind für den Mordfall ,Alter Eibpark' abgezogen worden. Du weißt, die Frau, die sie im Gebüsch unterhalb der Bismarckstatue gefunden haben."
    Sabine nickte und nahm sich einen Keks. Sie lauschte Sönkes Bericht über die Aktivitäten im Präsidium, trank vier Becher Tee mit Sahne und Rum und aß ein Dutzend Kekse. Inzwischen war es draußen dunkel geworden. Sönke schob den Ärmel hoch, um einen Blick auf seine Uhr zu werfen.
    „Is nich wahr!", rief er und sprang auf. „Du, ich muss los. Wenn ich zu spät komm ..."
    „Dann ist Frieda sauer, und du bekommst kein Essen", ergänzte Sabine und grinste.
    Sönke nickte. „Heute gibt es Bratkartoffeln mit viel Krabben, morgen gebackenen Hecht und Samstag echten Börsentopf-Filet vom Rind, Kalb und Schwein mit schön Gemüse!" Er leckte sich über die Lippen.
    „Na, dann los!", forderte ihn die Kollegin auf und reichte ihm seine Rumflasche. „So etwas darf man nicht aufs Spiel setzen!"
    Am Freitag brachte Sabines geschiedener Mann, der Hamburger Staranwalt Jens Thorne, Julia und Leila in die Lange Reihe nach St. Georg.
    „Mama!" Das kleine Mädchen schlang die Arme um ihre Mutter, die in die Knie gegangen war, um die Tochter zu umarmen. Leila, die Setterhündin, kläffte begeistert und versuchte abwechselnd, Mutter und Tochter das Gesicht zu lecken. Julia kreischte vor Vergnügen.
    „Leila, lass das! Mach Platz!"
    Doch wie üblich war die Hündin während der Begrüßung zu aufgeregt, um sich an ihre Erziehung zu erinnern.
    „Hier sind Julias Sachen", versuchte Jens das Gekläff zu übertönen und drückte seiner Exfrau eine Reisetasche in die Hand. „Ich werde sie Montag gegen Abend wieder abholen."
    Sabine sah ihn an, doch er wich ihrem Blick aus. „Hast du noch mal mit deinem Anwalt gesprochen?" Es ärgerte sie, dass ihre Stimme so schwach und flehend klang. Ihr Herz schlug schneller, und sie spürte, wie ihr der Schweiß unter den Achseln ausbrach.
    „Nun, er meint, wenn deine -Aussetzer -nur ein vorübergehendes Überlastungssymptom waren, dann sollten wir -zum Wohle des Kindes -die Besuche nicht völlig einstellen. Falls du deswegen jedoch suspendiert wirst und auf Dauer deinen Job verlierst, muss geklärt werden, ob dein Zustand eine Gefahr für die Seele meiner Tochter ist."
    „Ich bin keine Gefahr für die Seele unserer Tochter", presste sie hervor. Sie hätte ihn für seine Worte schlagen mögen, nach ihm treten, ihm wüste Beschimpfungen ins Gesicht schleudern, aber das hätte er nur als neue Waffe gegen sie eingesetzt, um ihr Julia endgültig zu entziehen. So schluckte sie ihre Wut hinunter, zwang sich zu einem Lächeln und wünschte ihrem Exmann und seiner Freundin schöne Oster-tage auf Sylt. Erleichtert atmete sie auf, als sie die Tür hinter ihm schließen konnte,
    „Mama, gehen wir zu den Feuern? Ach bitte! Papa sagt, das ist nichts für kleine Mädchen, aber ich bin doch schon so groß und komme im Herbst in die Schule!"
    Sie reckte sich, um größer zu erscheinen, und warf mit einer koketten Bewegung ihre blonden Zöpfe auf den Rücken. „Biiiiiitte!" Sie fügte noch einen Augenaufschlag hinzu, dem man eigentlich nicht widerstehen konnte.
    „Wir gehen heute Nachmittag in den Zoo", versuchte Sabine das Mädchen abzulenken. „Morgen früh schauen wir, ob du im Spielwarengeschäft etwas Schönes findest, und dann fahren wir mit der Fähre nach Blankenese."
    „Und dann gehen wir zu den großen Feuern!" Julia strahlte.
    „Hm, mal sehen", sagte Sabine. Während sie für ihre Tochter eine Scheibe Toast mit Kalbsleberwurst bestrich, überlegte sie, ob ein Besuch der Osterfeuer mit einem sechsjährigen Mädchen dem Scheidungsanwalt Munition liefern konnte.
    Es war schon weit nach Mitternacht, aber Sabine konnte keinen Schlaf finden. Sie wälzte sich ruhelos von einer Seite auf die andere. Ihr ganzer Körper schien
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