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Feuer auf See

Feuer auf See

Titel: Feuer auf See
Autoren: Jack London
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in die Luft gesprengt werden könnte.
    Die ganze Nacht hindurch lastete diese Befürchtung schwer auf ihnen, und beim ersten Grauen des Morgens starrten sie sich mit hohlen Augen und geisterhaften Gesichtern an, als wären sie erstaunt, daß die ‘Pyrenees’ noch zusammenhielt und sie noch am Leben waren.
    Mit schnellen Schritten und hin und wieder recht würdelos springend und hüpfend, besichtigte Kapitän Davenport das Deck seines Schiffes.
    »Es ist jetzt eine Frage von Stunden, wenn nicht von Minuten«, verkündete er bei seiner Rückkehr zur Hütte.
    Der Ruf »Land in Sicht!« ertönte vom Mastkorb. Von Deck aus war das Land nicht zu sehen, und McCoy enterte hinauf, während der Kapitän die Gelegenheit wahrnahm, umsich etwas von der aufgespeicherten Bitterkeit von der Seele zu fluchen. Aber das Fluchen wurde plötzlich dadurch unterbrochen, daß er eine dunkle Linie auf dem Wasser nach Nordost sichtete. Es war keine Bö, sondern eine regelmäßige Brise – der unterbrochene Passat, acht Striche aus seiner normalen Richtung, aber doch wieder in Tätigkeit.
    »Halten Sie darauf, Kapitän«, sagte McCoy, sobald er wieder bei der Hütte stand. »Das ist die Ostspitze von Fakarava, und bei dem Wind können wir mit vollen Segeln durch die Einfahrt kommen.«
    Nach einer Stunde wurden die Kokospalmen und das Land von Deck aus sichtbar. Das Gefühl, daß die ‘Pyrenees’ am Ende ihrer Widerstandskraft angelangt sei, lastete schwer auf allen. Kapitän Davenport hatte die drei Boote hinuntergelassen und schleppte sie kurz achter, einen Mann in jedem, um sie abzuhalten. Die ‘Pyrenees’ streifte fast das Gestade, hinter dem man das weiß von der Brandung schäumende Atoll nur zwei Kabellängen entfernt sah.
    »Machen Sie fertig zum Fieren, Kapitän«, warnte McCoy.
    Und eine Minute später verschwand das Land, um eine enge Einfahrt und dahinter die Lagune zu zeigen, einen großen Spiegel von dreißig Meilen Länge und zehn Meilen Breite.
    »Jetzt, Kapitän!«
    Zum letzten Male schwangen sich die Rahen der ‘Pyrenees’ herum, sie gehorchte dem Rade und drehte in die Einfahrt. Die Wendung war kaum vorgenommen und die Taue noch nicht festgemacht, als die Leute in panischem Schrecken zur Hütte zurückflogen. Es war nichts geschehen, aber sie versicherten, daß im nächsten Augenblick etwas geschehen würde. Sie konnten nicht sagen, warum, aber sie wußten es. McCoy begab sich nach vorn, um sich am Bug hinzustellen und das Schiff hineinzulotsen; aber der Kapitän ergriff ihn am Arm und drehte ihn herum.
    »Machen Sie’s von hier aus«, sagte er. »Das Deck ist nicht sicher. Was ist los?« fragte er im nächsten Augenblick. »Wir stehen still.«
    McCoy lächelte.
    »Wir sind auf eine Strömung von sieben Knoten gestoßen, Kapitän«, sagte er. »So läuft die volle Ebbe zu dieser Einfahrt hinaus.«
    Nach einer weiteren Stunde war die ‘Pyrenees’ kaum um ihre Länge vorwärts gekommen, aber der Wind frischte auf, und sie begann, schnellere Fahrt zu machen.
    »Einige Mann schnell in die Boote!« kommandierte Kapitän Davenport.
    Seine Stimme war noch nicht verklungen, und die Leute wollten gerade den Befehl ausführen, als eine Masse von Rauch und Flammen in Segel und Takelage geschleudert wurde, wo ein Teil hängenblieb, wahrend der Rest ins Wasser fiel. Daß der Wind quer stand, hatte die achtern beschäftigte Mannschaft gerettet. Sie rannte blindlings nach den Booten, aber McCoys Stimme ließ sie haltmachen.
    »Ruhig Blut«, sagte er. »Es ist alles in Ordnung. Ach, seid so gut und laßt den Jungen hinunter.«
    Der Rudergast hatte in größter Angst das Rad verlassen, aber Kapitän Davenport war zugesprungen und hatte noch rechtzeitig genug in die Speichen gegriffen, um zu verhindern, daß das Schiff von der Strömung erfaßt und auf den Strand geschleudert wurde.
    »Übernehmen Sie den Befehl über die Boote«, sagte er zu Mr. König. »Nehmen Sie sie kurz ins Schlepp, direkt unter der Luvseite. Wenn ich von Bord gehe, können sie in Fahrt bleiben.«
    Mr. König zögerte, kletterte dann über die Reling und ließ sich in das Boot hinab.
    »Halten Sie einen halben Strich ab, Kapitän.«
    Es gab Kapitän Davenport einen Ruck. Er hatte gedacht, daß er allein auf dem Schiff geblieben wäre.
    »Jawohl, jawohl«, antwortete er. »Ein halber Strich ist es.«
    Mittschiffs war die ‘Pyrenees’ ein offenes Flammenmeer, aus dem eine ungeheure Rauchmasse hervordrang, die sich bis über die Masten erhob und den vorderen
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