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Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Titel: Feuchtgebiete: Roman (German Edition)
Autoren: Charlotte Roche
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Wenn du sicher bist, dass du einen abgeben willst. Ich nehme den hier.«
    Er zeigt auf den schönsten von allen. Leichte rosa Farbe am hellgelben Kern. Und einen kräftigen dunkelgrünen Spross. Gute Wahl.
    »Schenk ich dir.«
    Er greift nach dem Glas und balanciert es vorsichtig übers Bett, um nicht zu schlabbern. Er schlüpft wieder in seine Schuhe und steht mit dem Kern im Glas vor meinem Bett. Er scheint sich wirklich zu freuen. Wir lächeln uns an.
    So geht er raus.

Ich verschränke die Arme über meinem Brustkorb. Mir fällt wieder ein, dass ich ganz bald entlassen werden soll. Der Körper und ich machen ein inneres Mpft, und dabei kommt ein Schwall von etwas unten raus. Warm. Könnte alles sein. Aus jeder Öffnung. So genau kann ich das da unten gerade nicht auseinanderhalten.
    Ich fühle mit dem Finger nach. Nach ersten Einschätzungen handelt es sich um eine Flüssigkeit, die vorne muschal ausgetreten ist. Ich zaubere den Finger von unter der Bettdecke wieder hervor und sehe, dass die Flüssigkeit rot ist. Alles klar.
    Ich habe vergessen, mir einen Tampon reinzutun. Über all den außerordentlichen Blutungen habe ich die ordentlichen glatt vergessen. Das Bett ist voll. Ich bin voll. Geschmiert mit Blut.
    Okay. Das ist jetzt nur mein Problem. Ich bimmel nicht noch mal nach Robin und bitte ihn wieder zu laufen und mir irgendwas zu holen. Ich möchte nicht, dass er glaubt, ich bin in ihn verliebt und denke mir die ganzen Bimmelgründe nur aus. Ich habe echte Schmerzen und brauchte wirklich Tabletten. Dafür kann ich ruhig klingeln. Aber jetzt wird es langsam zu viel. Ich will ihn nicht nerven.
    Obwohl, eigentlich finde ich doch, dass er denken kann, ich bin in ihn verliebt. Bin ich nämlich. Dann kann der das ruhig auch als Erster erfahren. Aber Periodenflecken im Bett kann ich allein beseitigen. Hab ich schon immer gut gekonnt, außer damals bei der Tante einmal.
    Ich hole die Plastikbox von der Fensterbank und ziehe zwei Wattevierecke und ein Stück Papiertuch raus. Bei der Gelegenheit sehe ich auch meinen alten Tampon wieder. Der kann da mal raus. Hat bestimmt schon genug Bakterien abgegeben. In den Müll damit, bevor ihn jemand sieht.
    Ich sehe, dass es in der Plastikbox schwitzt. Auf der Fensterbank ist es sehr warm. An den Innenseiten der Box haben sich Schwitzeperlen gebildet. Wenn die Tropfen zu groß werden, können sie sich nicht mehr am Rand festhalten und laufen runter, wobei sie noch mehr Tropfen mit sich reißen. Der runterlaufende Tropfen sucht sich den einfachsten Weg und hinterlässt eine zickzackige Minispur der Verwüstung, wie es ein Fluss im Großen tut, nur schneller. Da können sich die Tropfen wieder zusammenschließen zu einer warmen stinkenden gärenden Pfütze und neue Dampftropfen hochschicken zum Festhalten an der Wand. Wer am längsten oben bleibt ...
    Ich muss mein Hemdchen untersuchen. Wenn da Blut dran ist, flippe ich aus. Ich frage auf keinen Fall nach einem neuen.
    Zum Glück. Alles sauber. Ich hatte es noch gar nicht unter mir zurechtgelegt. Sehr gut. Ich rutsche zur Seite, um mir die Bescherung anzugucken. Ist nicht so viel rausgekommen, wie ich dachte. Gut.
    Das eine Watteviereck lege ich mit der Watteseite nach unten und der Plastikseite nach oben, das andere lege ich andersrum darauf. Das kann ich schon mit Augen zu. Schön, wieder was zu tun zu haben.
    Das Papiertuch reiße ich in der Mitte durch und wische mit der einen Hälfte feste und effektiv in den Muschifalten rum, um so viel Blut wie möglich da wegzurubbeln.
    Die andere Hälfte falte ich der Länge nach, sodass ich ein langes dünnes Stück Tuch habe. Das rolle ich in kleinen Schritten ganz feste zu einer dicken, kurzen Wurst zusammen und schiebe es mir in die Muschi, so hoch ich kann. Da guckst du, du amerikanische Tamponindustrie!
    Auf die weiche Watteseite des Vierecks setze ich mich drauf.
    Tadaa.
    Fertig.
    Helen, wie gut du dich um dich kümmern kannst.
    Ich bin stolz auf mich. Das kommt nicht oft vor und bringt mich dazu, mich selber innerlich sehr nett anzulächeln.
    Wenn ich so gute Laune krieg und so nette Sachen denken kann, heißt das ja wohl, dass die Schmerzmittel anschlagen.
    Ich horche in mich rein zu meiner Arschwunde und stelle fest: Nichts tut weh. So plötzlich falle ich zwischen Schmerz und Schmerzfreiheit hin und her.
    Ich will aufstehen und rumlaufen.
    Ich perfektioniere meine Aussteigetechnik langsam so weit, dass es schade wäre, wenn ich bald als geheilt entlassen werden würde.
    Ich
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