Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feucht

Feucht

Titel: Feucht
Autoren: Sophie Andresky
Vom Netzwerk:
war er es ja auch gewesen, der eine Beziehimg mit Viktor gehabt hatte, und Mone hatte ihm den Geliebten ausgespannt. Ich hielt es durchaus für möglich, dass Gereon bisexuell war, meiner Erfahrung nach sind besonders schöngeistige Männer, die dann auch noch auf mich stehen, oft bisexuell, in Spanien war mir das zumindest einige Male passiert. Was ich aber nach wie vor nicht verstand, war die Zärtlichkeit, mit der Mone und Gereon sich ansahen, die Aufmerksamkeit ihrer Gesten, die Vertrautheit. Fast schien es mir, als hätten die beiden nicht freiwillig beschlossen, ihre Ehe fortzusetzen, sondern als hätte irgendetwas von außen sie dazu gezwungen. Ich spürte, wie ich langsam wieder einschlief, Gereons streichelnde Hand auf meinem Kopf war so behutsam und zärtlich, dass ich mich nicht dagegen wehrte und bald träumte.
    Er weckte mich erst wieder, als die Sonne schon tief über das Fensterbrett ins Zimmer schien. Gereon lag auf der Seite neben mir, splitternackt, den Kopf in die Hand gestützt und lächelte mich an. «Meine Schöne erwacht», flüsterte er und streichelte meine Wange. Ich räkelte mich. «Ich hab ja den ganzen Tag verschlafen», lachte ich und wollte aufstehen, aber Gereon drückte mich sanft auf das Kissen zurück. «Es ist Schäferstunde », sagte er,« nicht mehr Tag und noch nicht ganz Abend. Genau das Richtige für etwas ganz Besonderes.»
    Ich zog die Augenbrauen hoch und sah ihn gespannt an. Er langte hinter sich und nahm aus dem Nachttisch eine kleine Pfeife, ein Päckchen und ein Feuerzeug. «Ich habe da einen Studenten», grinste er, «der dieses Zeug verkauft. Das ist wirklich sehr entspannend. Alleine macht es keinen Spaß, aber zu zweit wird es sehr erhebend.» Ich wurde neugierig. Den letzten Joint hatte ich bei einer Freundin in Barcelona geraucht, die über einer Flamencoschule wohnte, und durch das Gras wurden die stampfenden Schritte der Schülerinnen zu einem alles beherrschenden Geräusch, das meinen ganzen Kopf ausfüllte und sich schließlich mit Farben füllte, die rhythmisch vor meinen Augen zuckten. Allerdings war mir am nächsten Morgen ziemlich übel gewesen, deshalb hatte ich das Experiment nicht wiederholt. Aber jetzt hatte ich Lust dazu. Ich fand es überaus erregend, dass ausgerechnet so ein Mann wie Gereon auf die Idee zu einer Hippie-Session kam.
    « Erst ausziehen», verlangte er. Ich wickelte mich aus der Decke und ließ meine Kleider neben dem Bett auf den Boden fallen. «Alles», befahl er, und ich legte meine Haarspange, die schmale silberne Kette und den glänzenden Ring mit dem großen violetten Stein, meinen Kardinalsring, den ich besonders gerne trug, auf den Nachttisch. Dann streckte ich mich neben Gereon aus, legte meinen Kopf halb auf seinen angewinkelten Arm, halb auf seine Brust, und er zündete den Joint an. « Halt mal», er drückte mir die Pfeife in die Hand und zog an einer bordeauxfarbenen Troddel, die neben einem Bettpfosten hing und die ich bis dahin gar nicht bemerkt hatte.
    Es dauerte etwas, aber dann bewegte sich der Baldachin über uns und faltete sich langsam am Kopfende zusammen. Er musste wohl auf Rollen laufen oder auf Schnüren. Darunter kam ein Deckengemälde zum Vorschein. Gereon schaltete einen Deckenfluter an. Ich erkannte sofort den «Garten der Lüste» von Hieronymus Bosch. Zumindest den Mittelteil des Triptychons, das Paradies und die Hölle fehlten. «Was ist mit den anderen Teilen?», fragte ich, und Gereon sagte: «Da passiert doch nichts. Nichts Erotisches, meine ich.» «Und wie kommst du zu diesem Werk?» « Mone hat es kopiert. Ich hab ja gesagt, sie ist eine Künstlerin, sie hat sogar den Maßstab um eine Winzigkeit vergrößert, damit man auch die Einzelheiten im Liegen erkennen kann.» Er nahm mir die Pfeife aus der Hand, sog daran und gab sie mir wieder.
    Der Rauch schmeckte süßlich und etwas streng, und ich unterdrückte den Hustenreiz. Nach ein paar Zügen ging es besser, und ich gab Gereon die Pfeife zurück. Meine Freundin in Barcelona hatte mich deswegen ausgelacht, aber es ging mir wieder genau wie an dem Tag über der Flamencoschule: Ich spüre Joints zuerst in den Füßen. Sie werden taub. Dann schleicht sich ein Kribbeln die Waden hinauf, mein Brustkorb scheint sich auf das doppelte Volumen zu vergrößern, und dann erst spüre ich es im Kopf. «Fühlst du was?», flüsterte Gereon. Ich brummte nur «mmh». Er seufzte leise. Ich legte meine Hand auf seinen schlaffen Penis und ließ sie einfach da liegen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher