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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02
Autoren: Die Nacht der Elfen
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Seltsam und nicht sehr beruhigend ... Lliane wollte etwas sagen, aber eine neuerliche, jähe Wehe nahm ihr den Atem. Diesmal war der Krampf heftig, heftiger und länger als all die vorangegangenen. Lliane riss die Augen auf, erstaunt von der Intensität des Schmerzes, und biss sich auf die Lippen, um nicht zu schreien. Dabei krallte sie ihre Hand heftig in die ihrer Freundin.
    »Atme«, murmelte Blodeuwez.
    Die Wehen kamen in immer kürzeren Abständen. Die Heilerin strich Lliane behutsam lange Strähnen schweißnassen, schwarzen Haares aus der feuchten Stirn, dann rang sie sich trotz des seltsamen Gefühls der Angst, das sie quälte, ein Lächeln ab. Warum war sie nur so besorgt? Sie hatte die Kunst des Heilens bei Gwydion erlernt, einem der berühmtesten Druiden vom Volke der Wälder, und hatte bereits einer Vielzahl von werdenden Müttern bei der Niederkunft beigestanden. Bei den Elfen wurde selten ein Kind geboren (anders als bei den Menschen, die sich unablässig vermehrten), und die Ankunft eines Neugeborenen von königlichem Blut war ein wichtiges Ereignis. Doch es war nicht allein die bedeutende Situation, deretwegen sich ihr die Kehle und das Herz zusammenschnürten ... Zunächst war da dieser stumme, furchtbare Schrei gewesen, der direkt der Erde zu entspringen schien, und jetzt dieses Gefühl diffusen, irrationalen und unerklärlichen Schreckens, den sie beim Anblick Llianes empfand.
    Blodeuwez wandte sich zum Kreis der Bandrui hin, der Druidinnen aus dem Wald, die die Menschen Hexen nannten und die so blass wirkten in ihren dunkel schillernden Moirégewändern. Doch deren unsteter Blick, der für sie alles andere als beruhigend war, verriet dasselbe Unbehagen. Sie bemerkte, wie die Königin sie musterte, und suchte nach einem beschwichtigenden Wort, doch genau in dem Augenblick verebbte die Wehe, und der Druck um ihre Hand ließ nach. Die Heilerin schob ihre Finger in das Geschlecht der Königin, um die Weitung des Muttermunds zu ertasten. Die Fruchtblase war zum Zerbersten prall, und zweifellos musste man sie aufstechen, um die Entbindung zu beschleunigen, doch bei der Vorstellung, dass sie ihre Sache schlecht machen könnte, überkam sie ein Gefühl der Hilflosigkeit und der Lähmung. War der Bauch der Königin nicht ungewöhnlich aufgedunsen?  
     Konnte es sein, dass sie Zwillinge gebar? Das wäre eine Erklärung ...
    »Du musst dich auf die Seite drehen«, sagte sie. »Dann geht es leichter ...«
    Lliane wandte den Blick von dem Laubwerk dicht über ihrem Kopf ab, das, so friedlich und stark, im Sonnenlicht schillerte, und bedachte ihre Gefährtin mit einem Lächeln.
    Vielleicht hätte sie es ihr sagen sollen ...
    Das Kind, das sie erwartete, stammte nicht von Llandon, ihrem Gemahl, noch von irgendeinem anderen Elf. Es war das Kind eines Menschen. Das Kind von Uther. Nie zuvor hatte eine Elfe einem kleinen Menschen das Leben geschenkt. Vielleicht würde sie dabei sterben? Vielleicht ließ die Natur das nicht zu? Doch Myrrdin war die Frucht einer ähnlich gearteten Verbindung. Es war also möglich. Lliane schloss die Augen und genoss die wenigen schmerzfreien Sekunden, wenn ihr auch das Bild Myrrdins weiter im Kopf herumspukte. Der weißhaarige Kindmann, zart wie ein junger Elf, und doch von einer Aura der Macht umgeben, die selbst sie bei der ersten Begegnung erschreckt hatte. Würde das Baby sein wie er?
    Ein neuer Krampf setzte ihren düster ausschweifenden Gedanken ein Ende, und sie nahm ihn fast dankbar hin. Diesmal konnte sie allerdings nicht anders und stöhnte vor Schmerz laut auf. Das Kind, das sie unter dem Herzen trug, war zu groß für eine Elfe. Sie spürte, wie es sich, riesenhaft, in ihrem Bauch bewegte, ihren Leib bis aufs Äußerste dehnte, sich einen Weg durch ihr Becken bahnte, es zerteilte. Das Kind Uthers ...
    »Ich werde die Fruchtblase aufstechen«, bemerkte Blodeuwez leise. »Du wirst davon nichts spüren.«
    Lliane nickte und schloss die Augen. Sie spürte, wie die Elfe ein Stöckchen in sie hineinschob, und schon ergoss sich ein Schwall lauwarmer Flüssigkeit über ihre Beine, was eine neuerliche, noch heftigere Wehe auslöste.
    »Es ist alles gut«, sagte die Heilerin, so ruhig sie vermochte.
    Sie warf das verunreinigte Stöckchen weit fort, wobei sie einen unerklärlichen Drang empfand zu fliehen, die Lichtung Hals über Kopf zu verlassen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Die Königin litt zu sehr, das ging nicht mit rechten Dingen zu. Die Wehe verebbte, und Lliane
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