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Ferien mit Patricia

Ferien mit Patricia

Titel: Ferien mit Patricia
Autoren: Paul Gallico
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er hörte den Mann sagen:
    »Und was bildest du dir denn eigentlich ein, nur weil du ein Feldwebel bist, habe ich ihm gesagt...«
    Eine englische Stimme! Und überall um ihn herum waren englische Worte, englische Gerüche, und unter seinen Füßen war englisches Straßenpflaster. Aber noch konnte er sich in dieser Welt nicht zurechtfinden.
    Es wollte ihm nicht gelingen, sich von Westbury zu befreien. Wo waren die grünen und gelben Glühlampen der Lichtreklame des Bijou-Kinos, die kurz nacheinander aufleuchteten und wieder erloschen und um den Rand der Reklame jagten? Mochte er auch in einer englischen Stadt umherwandern, so war er mit seinen Gedanken doch immer noch in Westbury.
    Denn sein Geist hatte mit dem Körper nicht Schritt gehalten, und die Bilder, die über die Leinwand seines Bewußtseins blitzten, waren noch so neu und stark, daß sie viel lebendiger wirkten, daß er sie viel greifbarer erlebte als die schattenhafte Gegenwart. Alles vermischte sich und wirbelte in seinem Kopfherum. Catharine war da, in einem weißen Rock mit einem blauen Jäckchen und einem blauen Band um den Kopf, auf den Stufen der Bibliothek, und auch sein Vater, der ihm eine Kiste mit Havannazigarren, die rote und goldene Papierringe trugen, reichte, und die Butzenscheiben der Bailie-Nichol-Jarvie-Bar in Aberfoyle und der weiche Boden unter ihm, damals vor der Höhle des Rob Roy, als er hinkniete und Pat so eindringlich in die Augen blickte, und die rotweiße Decke, die zusammengefaltet am Fußende seines Bettes in Westbury lag, und das Hotel in Glasgow...
    Was war aus all den Stunden geworden, die zwischen dem Zuhause und Schottland und Kenwoulton lagen und als Bindeglieder nun fehlten? Wieviel war wahr und wieviel war nur ein Traum, was war Wachen und was war Schlafen? Hatte er jemals Kenwoulton verlassen? War er je zu Hause gewesen? Jerry erinnerte sich plötzlich mit einem Gefühl wachsenden Erschreckens, wie unwirklich er alles in Westbury empfunden hatte, als ob er unsichtbar gewesen wäre und in einer Traumwelt gelebt hätte. Und er kämpfte auch jetzt wieder mit sich, um die Gewalt über sich nicht zu verlieren.
    Aber gerade durch diesen Kampf wurde das Gefühl der Unwirklichkeit, der schwindenden Sicherheit und der Verwirrung in seinem Kopf noch verstärkt. Denn jetzt konnte er sich mit einem mal auf nichts mehr klar besinnen, weder auf Westbury noch auf Glasgow, ja nicht einmal auf Kenwoulton. Und auch die Steine unter seinen Füßen und der Regen auf seinem Gesicht und der durchdringende Geruch dieser englischen Nacht waren nun nicht mehr wirklich. Die innere Panik, gegen die er hatte ankämpfen wollen, überfiel ihn noch stärker, und er merkte, wie er langsam die Herrschaft über sich selbst verlor.
    Es war ihm, als ob er zwischen Himmel und Erde hänge in dem Grau der Wolken, die er so oft durchflogen hatte, und er war nur noch ein hin und her gewirbeltes Schemen in einem All von Schattenwesen, und er hatte das Gefühl, als ob er tot und von lauter Toten umgeben sei, immer zwei zu zwei, ein Junge und ein Mädchen. Er konnte wohl noch hören, ohne jedoch etwas zu verstehen, konnte sehen, ohne aber etwas zu erkennen.
    Nichts war ihm geblieben von der Welt, die er gekannt hatte. Er war verloren und wanderte planlos in einem finsteren Nebel, der nie mehr vergehen würde.
    Er dachte an Pat, Catharine, seine Eltern und sein Zuhause, und sie schienen ihm alle unendlich fern. Dann mußte er plötzlich an den Stützpunkt in Gedsborough denken, an die Bomber, die Kameraden, an Sam Bognano und Major Harrison, der sein Abgott und Vorbild gewesen war, und die Jungen seiner Mannschaft, die ihm lieber waren und näherstanden als leibliche Brüder. Von ihnen allen fühlte er sich abgeschnitten, vielleicht auf immer. Sie wiederzufinden, überhaupt ein Ding oder Wesen wiederzufinden, das er kannte, bedurfte es vieler Jahre des Suchens und Wanderns durch seltsame und unvertraute Orte...
    Und als er an Pat dachte, erinnerte er sich eines Traumes, den er einst als Knabe gehabt hatte. Er war auf einer Wiese einem Mädchen mit braunem Haar begegnet, das er liebte und das auch ihn liebte. Und dann war sie plötzlich verschwunden, und mit einer unerträglichen Verzweiflung und Trauer im Herzen hatte er unaufhörlich nach dem Mädchen gesucht, ohne es wiederfinden zu können.
    Und jetzt schien es ihm, als erlebe er all das Schmerzliche jenes Traumes wieder, nur daß es kein Traum mehr war, sondern Wirklichkeit.
    Ein mattes Licht durchdrang das
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