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Felidae

Felidae

Titel: Felidae
Autoren: Akif Pirincci
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langwierigen und gefährlichen Kampf riskiert hätte, aber mir fiel beim besten Willen keine bessere Lösung ein. Zum Glück blieb mir die Blamage erspart. Ich las nämlich, dass Katzen sich bisweilen in der Tat kaltblütig ermorden, und zwar mit dem sogenannten Genickbiss, den sie gewöhnlich bei der Mäusejagd anwenden. Ein leises Knacken in der Nacht, und schon war der Nebenbuhler oder der Revierkonkurrent im Katzenhimmel.
    Auf solch angenehm überraschende Weise ging es Schlag auf Schlag weiter. Nach den ersten zwanzig Seiten war es mir zu blöd, bei jedem dritten Satz das Wort »Katze« zu erwähnen, weil sich damit unwillkürlich eine Unterscheidung zwischen der menschlichen und der kätzischen Welt manifestiert hätte. Die Leser sollten jedoch nicht ständig kleine, putzige Tiere vor Augen haben, vor denen sie sich kaum zu ängstigen brauchten, sondern starke, eigenwillige Geschöpfe, versierte Gangster der Nacht. Deshalb tat ich etwas, was noch nie in einem Buch über Tiere getan wurde: Ich ließ die Bezeichnung des Tieres einfach weg; in keiner Zeile wird das Wort »Katze« erwähnt.
    Es folgten weitere Glücksfälle. Meine Freundin studierte nebenher und paukte während dieser Zeit im Nebenraum für ihr Großes Latinum. Das Gerede um Latein - meine Lateinkenntnisse beschränken sich auf »vino« und »spiritus« - sickerte irgendwie in mein Unterbewusstsein, so dass davon die Namensgebung für den falschen Propheten im Buch nicht unberührt blieb. Ich schlug dabei zwei Fliegen mit einer Klappe. Zum einen entstand durch den lateinischen Namen um diese mystische Figur eine altertümliche und höchst rätselhafte Aura und zum anderen konnte ich so Francis' ungewöhnlich hohe Bildung hervorheben. Außerdem musste die Bedeutung des Namens entschlüsselt werden, was wiederum lange die grauen Zellen meines Helden, folglich auch des Lesers beschäftigen musste.
    Oder die Sache mit dem Computer. Den gab es nämlich wirklich. Wegen chronischen Geldmangels musste ich die Arbeit an meinem Elaborat einmal unterbrechen, um zwei Filmtreatments zu verfassen. Dafür erhielt ich die sagenhafte Summe von sechstausend Mark, für die Jungen dreitausend Euro. Da ich der vielen Überarbeitungen allmählich nicht mehr Herr wurde, beschloss ich für die Hälfte des Geldes einen Computer zu kaufen und den Rest in die Haushaltskasse zu stecken. Das Ding stand kaum zwei Tage in meinem Zimmer, da erwischte ich Cujo dabei, wie er mit den Pfoten die Tastatur bearbeitete und dabei neugierig auf den Schirm blickte. Vielleicht verstehen sie wirklich etwas von Computern, dachte ich allen Ernstes, verheimlichen es jedoch vor den Menschen. So entstand die Idee zu Pascals Manipulationen mit dem Computer seines Herrchens.
    Ich könnte noch von etlichen Eingebungen berichten, deren Wurzeln in meinem damaligen bitterarmen, aber auf eine merkwürdige Weise unfassbar erfüllten Leben zu finden sind. Doch die größte Bewährungsprobe stand erst bevor. Bereits nach hundertzwanzig fertiggestellten Seiten begann ich das Manuskript an Verlage zu schicken - und kassierte nur Absagen, dreißig an der Zahl. Grund: Kinderquatsch! Eine besonders intelligente Dame vom Thinemann Verlag machte sich sogar die Mühe, mir auf vier engbeschriebenen Seiten zu erklären, warum dieses Buch niemals ein Erfolg werden könne. Dass ich allerdings einen Bestseller in der Hand hatte, erfuhr ich von einer anderen Dame, auch wenn sie dies gar nicht so sah. Auf der Suche nach einem Verlag putzte ich auch die Klinken des Scherz Verlages. Ein paar Wochen später kam die Absage, an deren Begründung ich mich kaum mehr erinnern kann. Ich war gegen die Absageflut inzwischen regelrecht abgestumpft, so dass mir dieser ich weiß nicht wievielte negative Bescheid nichts mehr ausmachte. Dann passierte jedoch etwas sehr Verblüffendes, etwas, was wahrscheinlich noch keinem Autor widerfahren ist. Drei Tage nachdem der böse Brief eingetroffen war, klingelte das Telefon. Eine Lektorin meldete sich am anderen Ende der Leitung und stellte sich als die gestrenge Abfuhrerteilerin aus dem Scherz Verlag vor. Es verschlug mir vor Freude die Sprache, da ich annahm, d ass sie es sich plötzlich anders überlegt hätte und das Buch nun doch zur Veröffentlichung empfehlen wolle. Nichts dergleichen! Die literaturkundige Dame wiederholte all die Gründe, die aus ihrer Sicht eine Absage unvermeidlich gemacht hätten. Ich schäumte vor Wut, da ich es für einen Fall von besonders üblem Sadismus hielt,
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