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Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 8 - Göttergleich: Ein Felidae-Roman
Autoren: Akif Pirinçci
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entzog sich meiner Kenntnis. Aber wer interessiert sich schon für bad news , wenn er gerade auf Wattewolken gleitet?
    Außerhalb des Lichtkegels sah ich Gustav sich mit einem Weißkittel unterhalten. Der arme Kerl war einem Zusammenbruch nahe. Mit tränenerstickter Stimme und zitternden Gesten versuchte er, die drohende Schreckensdiagnose prophylaktisch in ihr Gegenteil zu verkehren, indem er den Arzt erst gar nicht zu Wort kommen ließ. Ich verkniff
es mir, Herrn Doktor den Ratschlag zu erteilen, er möge Gustav doch die gleiche Droge verabreichen, die gerade in meinem Blut zirkulierte. Glaub mir, alter Freund, danach hältst du sogar deine blutenden Hämorrhoiden für die Gnade Gottes.
    Irgendwann stoppte der Arzt Gustavs konfusen Redefluss und meinte, dass er nichts Genaues sagen könne, bevor er nicht meinen Kopf geröntgt habe. In mancher Hinsicht klang das ja toll. Ich hatte also weder meine Beine verloren, noch haftete meinem restlichen Körper ein Schaden an, wofür man großes Aufhebens zu machen brauchte. Nur der Kopf war halt im Eimer. Doch wozu um alles in der Welt brauchte man schon einen Kopf, wenn alles andere in Ordnung war? Bei dem Kopf als solchem handelte es sich ohnehin um einen enorm überschätzten Körperteil, mit dem die Probleme erst anfangen. Ich kannte jede Menge Leute, die zwar einen Kopf besaßen, aber diesen allein zur Zierde herumtrugen und damit absolut glücklich waren. Jedenfalls glücklicher als solche, die sich etwas auf ihren Kopf einbildeten. Allerdings kam ja der Körper wohl ohne den Kopf nicht aus. Ein notwendiges Übel sozusagen. Obwohl: Besaßen Viren denn einen Kopf? Ich meine, schließlich hatten Bakterien die Weltgeschichte durch Pest und Cholera und weiß der Henker noch was für ekelhafte Krankheiten über Jahrhunderte gelenkt. Und das vermutlich ganz ohne Kopf.
    Onkel Doktor konnte Gustav schließlich beruhigen und ihn davon überzeugen, dass er alles in seiner Macht Stehende für seinen Liebling tun werde, wenn er ihn endlich seine Arbeit machen ließe. Dann schritt er auf mich zu, um mich
anscheinend in die Röntgenkammer zu bringen. Doch da entschwand ich wieder in meinem Drogenschlummer, wo mich solche Luxussorgen, ob ich nun für meinen weiteren Werdegang einen funktionierenden Kopf brauchte oder nicht, nicht zu plagen pflegten.
    Prompt erschien mir in diesem Zwischenreich ein alter Vertrauter. Das heißt, so vertraut war er mir auch wieder nicht. Pi beugte sich von der Seite auf mich herab und betrachtete mich mit der professionellen Anteilnahme des Bestattungsunternehmers. Er ragte diagonal über mein Sichtfeld und schien milde zu lächeln. Im Gegenlicht der Operationsleuchte wirkte er in seinem speckig schimmernden, rabenschwarzen Fell erst recht wie aus einer geheimnisvollen Zauberwelt. Nur die übergroßen blauen Augen, welche grell angestrahlten Murmeln glichen, hoben sich vom restlichen düsteren Look markant ab.
    »Du weißt schon, dass Erinnerungen nichts weiter sind als elektrische Impulse, die später in deinem Hirn in chemische Muster umgewandelt werden, Francis?«, fragte er.
    »Na klar«, erwiderte ich. »Aber weißt du, Pi, ich habe das komische Gefühl, dass es mit meinem Hirn aktuell nicht zum Besten steht. Es ist mir ehrlich gesagt auch völlig wurscht – solange die Spritzen vom Doc weiterhin getreulich ihren Dienst tun.«
    »Keine Sorge, mit deinem Hirn ist alles in Ordnung, Francis. So sehr, dass du bald an ihm verzweifeln wirst. Denk nur immer daran, dass Erinnerungen nichts weiter sind als jederzeit austauschbare Schimären. Aber keine Sorge, ich werde dich bei deinen Kampf unterstützen.«
    »Na, das ist doch ein Wort!«
    Er lächelte voller Güte. »Schlaf jetzt, Francis. Du brauchst für das Kommende alle Kraft der Welt. Vielleicht sogar des ganzen Universums.«
    »Alles klar, das mache ich. Ach, Pi, du brauchst nicht jedes Mal persönlich zu erscheinen, wenn du mir irgendwas aus Wikipedia verklickern willst. Du wirst es mir nicht glauben, aber ich habe daheim auch Zugang zum Internet.«
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem schummerigen Raum auf einem kleinen Bettchen. Das einzige Licht darin war kalt, farblos und schwach leuchtend. Ich wandte den Kopf zur Seite und entdeckte die Quelle der sterilen Beleuchtung. Es handelte sich um den Röntgenfilmbetrachter an der Wand, vor der Gustav und der Weißkittel standen. Sie prüften andächtig drei an den Leuchtschirm geklemmte, aus unterschiedlichen Perspektiven geschossene
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