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Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3

Titel: Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
Autoren: Konklave der Schatten
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die Sonne ihren Höchststand erreichte, und kam zu dem Schluss, dass Überleben im Moment unwahrscheinlich schien. Nichts regte sich, wohin er auch blickte, wenn man einmal von der kleinen Staubwolke absah, die die Nomaden hinterließen.
    Dennoch, dachte er, wenn er nun stehen bliebe, würde er ganz bestimmt sterben, also würde er sich weiterbewegen, solange er noch Kraft hatte.
    Er marschierte weiter.

Zwei
    Überleben

    Kaspar wusste, dass er starb.
    Er wusste, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb, als er unter einem Felsüberhang Schutz vor der Nachmittagssonne suchte. Er war jetzt drei Tage unterwegs, und am Morgen dieses Tages hatte er das letzte Wasser getrunken. Ihm war schwindlig, und er war vom Weg weggetaumelt, um Schutz vor der Hitze zu suchen.
    Er wusste, wenn er bis zum Abend kein Wasser fand, würde er wahrscheinlich am nächsten Morgen nicht mehr erwachen. Seine Lippen waren aufgerissen, und seine Nase und die Wangen schälten sich vom Sonnenbrand. Er legte sich auf den Rücken und ignorierte die Schmerzen von den Brandblasen, als seine Schultern die Steine berührten. Er war zu müde, um sich noch an Schmerzen zu stören, und außerdem sagte ihm dieses Brennen, dass er immer noch lebte. Er würde warten, bis die Sonne tiefer gesunken war, und dann ins flache Land hinuntersteigen. Die Landschaft war trostlos: geborstene Felsen und ausgetrockneter Boden in allen Richtungen. Er erkannte, dass der Magier, der ihn hierher geschickt hatte, ihm wenig Chancen zum Überleben gelassen hatte. Das hier war eine Wüste, selbst wenn es die wogenden Sanddünen nicht gab, die man normalerweise mit diesem Begriff in Zusammenhang brachte.

    Die wenigen Bäume, auf die er stieß, waren leblos und trocken, und selbst an der Unterseite großer Steine befand sich keine Spur von Feuchtigkeit. Einer von Kaspars Lehrern hatte ihm vor vielen Jahren gesagt, dass man unter der Oberfläche von Wüsten Wasser finden konnte, aber Kaspar war sicher, dass das in solcher Höhe unmöglich war. Falls es hier vor langer Zeit einmal Bäche gegeben hatte, dann war ihr Wasser längst verschwunden. Einen Moment blieb er stehen und hielt inne, um nach Atem zu ringen -ganz gleich, wie tief er einatmete, er schien nie genug Luft zu bekommen. Er wusste, das war ein weiteres Symptom seiner Notlage.
    Kaspar hatte noch nie einen so trostlosen Ort gesehen. Die großen Sandwüsten der Jal-Pur im Norden von Kesh waren ihm exotisch vorgekommen, ein Ort stets wechselnder Horizonte, ein Meer aus Sand.
    Er war als Junge mit seinem Vater und einem gewaltigen Gefolge von Dienern des kaiserlichen Hofes von Kesh dort gewesen, und sie hatten ein ganzes Dorf aus bunten Zelten und bequemen Pavillons mitgeführt. Als sein Vater die legendären Sandeidechsen der Jal-Pur jagte, waren stets Diener mit erfrischenden Getränken in der Nähe gewesen – Wasser mit Kräutern oder Obstsäften, kühl gehalten in Kisten voller Schnee aus den Bergen. Jeden Abend hatte es ein königliches Festessen gegeben mit kaltem Bier und gewürztem Wein.
    Schon an diese Getränke zu denken verursachte Kaspar beinahe körperlichen Schmerz. Er wandte seine fiebrigen Gedanken wieder der unmittelbaren Umgebung zu.
    Es gab Farben hier, aber nichts, was angenehm anzusehen gewesen wäre, nur harsches Ocker, schmutziges Gelb, das Rot von verrostetem Eisen und gräuliches Braun. Alles war mit Staub überzogen, und es gab nicht die geringste Spur von Grün oder Blau, die auf Wasser hingewiesen hätte, obwohl er einen Schimmer im Nordwesten bemerkte, der die Reflexion von Wasser in der heißen Luft hätte sein können.
    Er hatte nur einmal in der trockenen Zone von Kesh gejagt, aber er erinnerte sich an alles, was man ihm gesagt hatte. Die Keshianer stammten von den Löwenjägern ab, die einmal die Savannen durchstreift hatten, und sie pflegten ihre Traditionen immer noch. Der alte Führer, ein Mann namens Kulmaki, hatte Kaspar geraten: »Haltet bei Sonnenuntergang nach Vögeln Ausschau, junger Herr, denn sie werden zum Wasser fliegen.« In den letzten zwei Tagen hatte Kaspar vergeblich den Himmel abgesucht und nicht einen einzigen Vogel gesehen.
    Während er erschöpft und durstig dalag, verlor er immer wieder für kurze Zeit das Bewusstsein, und in seinem Kopf wechselten sich Fieberträume, Erinnerungen und Illusionen ab.
    Er erinnerte sich an einen Tag in seiner Kindheit, als sein Vater ihn mit auf die Jagd genommen hatte –
    das erste Mal, dass man ihm gestattete, die Männer zu begleiten.
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