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Feine Milde

Feine Milde

Titel: Feine Milde
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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warten.«
    »Nein«, sagte Ewald Timmer und schob seinen Teller weg. Dann ging er zum Küchenschrank, wo seine Pfeife lag, und fing an, sie sorgfältig zu stopfen. Toppe stand immer noch an der Tür.
    »Was gibt’s denn noch?« fragte Timmer, ohne ihn anzusehen.
    »Ich habe hier eine Liste mit den Anzeigen, die Frau Jansen in den letzten Jahren gegen Sie erstattet hat. Darüber würde ich gern mit Ihnen reden.«
    Timmer paffte ein paarmal, stopfte nach, paffte wieder.
    »Ich wüßte nicht, was es da zu reden gibt.«
    »Aber ich«, entgegnete Toppe scharf.
    Timmer verstaute den Pfeifenstopfer in der Brusttasche seiner Latzhose. »In Gottes Namen«, stöhnte er und ging an Toppe vorbei in den Flur. »Kommen Sie mit.« Dann drehte er sich noch mal zu seiner Frau um, die immer noch am Tisch saß. »Bring Kaffee.«
    Das Wohnzimmer war ein düsterer Raum, vollgestopft mit flämischen Eichenmöbeln, vor den beiden kleinen Fenstern dichte Spitzenstores und Übergardinen aus dunklem Brokat. Timmer zog den schweren Kristallaschenbecher zu sich heran und legte die Pfeife ab.
    »Frau Jansen war ein Quertreiber, wie er im Buche steht, da können Sie hier jeden fragen. Deshalb weiß ich auch nicht, wieso Sie sich überhaupt so für meine Anzeigen interessieren. Oder meinen Sie etwa, ich hätte deren Bude in Brand gesteckt, bloß weil die mich mal angezeigt hat? Außerdem, damals die Sache mit der Silage, wo ich die Strafe zahlen mußte, da hatten sich auch andere beschwert. Aber was soll’s! Vielleicht hören Sie sich mal bei anderen Bauersleuten um. Mit dem Problem haben wir alle zu kämpfen. Das ist nun mal so, wenn man vom Wetter abhängig ist. Da kann man auf die Uhrzeit keine Rücksicht nehmen. Ich jedenfalls nicht.« Er schwieg erschöpft. Das war eine lange Rede gewesen für einen wie ihn.
    »Sie haben zweimal Strafe zahlen müssen.«
    »Ja. Und? Die paar Kröten! Konnt ich verschmerzen.«
    »Ich habe hier auch eine Anzeige wegen Genmanipulation. Können Sie mir erklären, worum es dabei geht?«
    Timmer fing an zu lachen. »Das hat die angezeigt? Die war ja noch bekloppter, als ich gedacht habe.«
    Heiderose Jansen hatte herausgefunden, daß Timmer Triticale anbaute, eine Kreuzung zwischen Roggen und Weizen, aber witterungsbeständiger und widerstandsfähig.
    Der Bauer lachte wieder. »Seit Jahren bauen wir hier in der Gegend das Zeug an. Wenn die Frau Ahnung gehabt hätte, dann hätte die gewußt, daß gentechnische Neuzüchtungen in der Landwirtschaft gang und gäbe sind. Und vor allen Dingen nicht verboten.«
    »Als ich letztens hier war, haben Sie mir gesagt, daß Frau Jansen mit Ihnen über Gentechnik diskutiert hat. Sie wußten also, daß sie Sie wieder anzeigen wollte?«
    »Keine Spur. Ich dachte, das wäre deren übliches Gesülze.«
    »Haben Sie öfter mit ihr gesprochen?«
    »So wenig wie möglich.«
    Toppe schüttelte den Kopf, und Timmer erriet seine Gedanken. »Ich sag doch, die war bekloppt. Scheißt einen an und kommt trotzdem jeden Tag und kauft Eier und Milch bei uns.«
    »Wo waren Sie am Sonntag morgen zwischen vier und halb sechs?«
    »Im Bett. Wo sonst? Da ist für mich die Nacht schon fast rum.«
    »Ich nehme an, Ihre Frau kann das bezeugen.«
    Timmer sah zur Tür hinüber. »Sie können sie ja selbst fragen.«
    Die Frau trug ein Tablett mit Kaffeegeschirr und einer Isolierkanne.
    »Waltraud, der Mann will wissen, ob ich am Sonntag morgen, wo der Brand gelegt worden ist, in meinem Bett war.«
    Sie stellte das Tablett auf den Couchtisch und sah Toppe ins Gesicht. »Wo soll er sonst gewesen sein?«
    Toppe schmunzelte. »Das ist eigentlich keine Antwort.«
    Sie zog die Augenbrauen zusammen. »Mein Mann war in seinem Bett.« Dann ging sie.
    Timmer goß sich ein und schob die Kanne zu Toppe hinüber.
    »Nein, danke. Haben Sie Dieselöl und Nitroverdünnung im Haus?«
    Der Bauer trank zwei Schlucke, stellte die Tasse ab. »Ist damit der Brand gelegt worden?«
    Toppe antwortete nicht.
    »Diesel haben wir reichlich, aber ob noch Nitro da ist, keine Ahnung.«
    Er nahm Toppe mit auf die Tenne zu einem ausrangierten Kleiderschrank.
    »Wenn, dann müßte es hier drin sein.« Der Schrank war vollgepfropft mit Farbdosen, alten Lappen, Gläsern, Pinseln und Quasten, rostigem Gerümpel. »Ja, hier ist noch ein Rest.« Timmer holte eine verschmierte Büchse aus dem hintersten Winkel und hielt sie Toppe hin, aber der nahm sie nicht.
    »Danke«, meinte er. »Sie können das Zeug wieder wegstellen. Ich wollte es nur
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